Französisches Kaufhaus in Berlin Adieu, Galeries Lafayette!
Nach fast drei Jahrzehnten schließt das französische Luxuskaufhaus Galeries Lafayette in Berlin. Wie das Gebäude in der Friedrichstraße künftig genutzt werden soll, ist noch nicht entschieden.
In den Regalen und Vitrinen liegen nur noch vereinzelt Taschen oder Schuhe, nur die Logos der Luxusmarken darüber leuchten noch hell. Die teuren Champagner und Weine, die gut duftenden Teesorten in der Gourmet-Abteilung im Keller: Fast alles weg. Die großen Sales-Schilder haben in den letzten Wochen offenbar einige Schnäppchenjäger angezogen. So wie eine junge Frau, die glücklich auf ihre neue Designer-Tasche zeigt, die sie mit 60 Prozent Rabatt ergattert hat.
Andere kommen, um sich zu verabschieden. "Ich habe drinnen noch mal ein paar Fotos aufgenommen, um das Kaufhaus auf Bild festzuhalten", erzählt eine ältere Dame, die aus dem gläsernen Eingang herauskommt. "Die Lafayette war eine Institution", sagt sie. Es mache sie traurig, dass es immer weniger Einzelhandel gibt. Für einen anderen Kunden, der hier in der Gegend gearbeitet hat und regelmäßig zum Mittagessen kam, sei es "das Ende einer Ära", sagt er.
Orientierung Richtung Asien
Hunderte Menschen standen bei der Eröffnung 1996 Schlange. Es war der erste und bis heute einzige Standort der französischen Warenhauskette in Deutschland. Auf 8.000 Quadratmetern lockten exklusive Mode und Spitzengastronomie. Der von dem französischen Stararchitekten Jean Nouvel entworfene Glaspalast sei auch ein Aufbruchsignal für die Hauptstadt gewesen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. "Damals blickte kaum jemand nach Berlin, und dann setzt da die Galeries Lafayette ihre erste Auslandsdependance überhaupt hin."
Doch die Kaufhauskette geriet in den vergangenen Jahren wirtschaftlich unter Druck, das Geschäft lohnte sich offenbar nicht mehr. Die Schließung sei "eine Folge der sich veränderten Konsumgewohnheiten in Deutschland und der erheblichen Veränderungen auf dem Einzelhandelsmarkt der Stadt", teilte das Unternehmen mit, als es im Oktober 2023 das Ende verkündete.
Indien und China als neue Märkte
Stattdessen orientiert sich die Warenhauskette nun Richtung Asien, plant neue Standorte etwa in Indien und China. Dort wachse das Luxus-Segment noch an, sagt Lech Suwala, Professor für Stadt- und Regionalökonomie an der Technischen Universität Berlin. "Im globalen Osten ist der Aufstieg der Mittelschicht in Teilen vollzogen. Man erwartet, dass diese Mittelschicht in der Lage ist, auch hochpreisige Marken- und Luxuswaren zu konsumieren", so Suwala.
"Grundsätzlich funktioniert der Luxusmarkt in Europa noch und ist auch attraktiv", sagt Johannes Berentzen, geschäftsführender Gesellschafter der BBE Handelsberatung. Mit nur einem Haus in Deutschland sei die Schlagkraft von Galeries Lafayette "jedoch immer schon überschaubar gewesen."
Und die Konkurrenz ist groß: Keinen Kilometer von der Galeries Lafayette entfernt, rund um den Potsdamer Platz, hat sich in den letzten Jahrzehnten eine umkämpfte Einzelhandelslandschaft entwickelt. Mit der "Mall of Berlin" und dem in diesem Jahr geöffneten "The Playce" bieten gleich mehrere Shopping-Center mit ähnlichen Konzepten und Zielgruppen ihre Waren an. Hinzu kommt, dass man sich von den ausbleibenden Touristen, dem verstärkten Homeoffice-Trend samt leerstehenden Büros und weniger Laufkundschaft während der Corona-Pandemie offenbar nicht mehr erholt hat.
Eine Chance, die Innenstadt neu zu denken
Die Immobilie in der Friedrichstraße gehört dem US-Konzern Tishman Speyer, der eine Modernisierung des Gebäudes plant. Was genau mit dem Gebäude geschieht, ist noch offen. "Jetzt haben wir die Chance, die Innenstadt neu zu denken", sagt Ökonom Suwala. "Wer sagt, dass in dem Gebäude nur Einzelhandel stattfinden muss, wenn sich der Konsum immer weiter ins Internet verlagert?“ Man könne auch andere Angebote schaffen, etwa einen Mix aus Kultur, Gastronomie und Bürger-Services von Behörden.
Dass das Gebäude auch als neuer Standort für die Bibliotheken wie die Berliner Zentral- und Landesbibliothek im Gespräch ist, begrüßt der Stadt- und Regionalplaner. Sie würde eine viel breitere Menge an Menschen ansprechen, was zur Belebung der unmittelbaren Umgebung beitragen würde, sagt er. Deshalb sehe er die Bibliothek als Chance, die Innenstadt wieder zu revitalisieren.
Eine Bibliothek? Das finden viele gut
Auch Büroräume sind in dem Gebäude theoretisch denkbar. Welche Variante und ob sich überhaupt eine durchsetzen wird, ist noch völlig offen. "Wir verfolgen verschiedene Optionen, von denen eine die Nutzung als Bibliothek ist", teilte ein Sprecher der Eigentümergesellschaft auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa lediglich mit. "Überlässt man die Lösung dem Markt, dann setzen sich oft Start-ups oder Acceleratoren durch", sagt Suwala. "Oder die Flächen werden eben kommunal erworben und man kann Orte der Begegnung, wie eben eine Bibliothek, planen."
Auch viele der letzten Kundinnen und Kunden der Galeries Lafayette finden die Idee einer Bibliothek im ehemaligen Luxustempel gut - genau wie die angrenzenden Einzelhändler, heißt es aus dem Handelsverband Berlin-Brandenburg. Eines sei aber klar, sagt TU-Professor Suwala: "So, wie es früher war, wird es heute nicht mehr funktionieren." Und das gilt nicht nur für Berlin, sondern für alle Innenstädte, in denen Kaufhäuser geschlossen haben.
Mit Material von dpa