Deutschlandtochter von Tennet Bund prüft Einstieg bei Stromnetz-Betreiber
Kauft Deutschland in einem Milliardengeschäft die deutschen "Stromautobahnen" des Betreibers Tennet? Laut Wirtschaftsminister Habeck gibt es darüber Gespräche. Ein Einstieg könnte für die Energiewende wichtig sein.
Die Bundesregierung führt Gespräche über einen möglichen Staatseinstieg beim Stromnetz-Betreiber Tennet. Ein solches Geschäft zu prüfen, sei politisch attraktiv, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) heute in Berlin. Details zu den laufenden Gesprächen mit dem niederländischen Mutterkonzern könne er nicht nennen.
Tennet gehört zu den großen Betreibern von Höchstspannungs-Leitungen - den sogenannten "Stromautobahnen". Deren Ausbau gilt als wichtig für die Energiewende, weil damit beispielsweise Windstrom von Offshore-Anlagen in der Nordsee Richtung Süden transportiert werden kann. Tennet hat in Deutschland ein Netz von mehr als 10.000 Kilometern Länge. Ursprünglich gehörte es dem Energiekonzern E.ON, der es 2009 an den niederländischen Tennet-Konzern verkaufte.
Der Bund könnte nach einem Einstieg bei Unternehmen wie Tennet viel stärker politisch Einfluss nehmen auf den geplanten Netzausbau. Gleichzeitig wäre eine staatliche Kontrolle ein Schutz vor unliebsamen Investoren. Er halte es für sinnvoll, dass sich der Staat für Infrastruktur-Monopole wie das Stromnetz verantwortlich zeige, sagte Minister Habeck. Am ostdeutschen Stromnetz-Betreiber 50Hertz hält die Staatsbank KfW bereits ein Fünftel der Anteile.
KfW soll offenbar Mehrheitsanteil erhalten
Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters verfolgt die Bundesregierung das Ziel, dass die KfW mindestens eine Mehrheit am Deutschlandgeschäft von Tennet kauft. Auch eine Komplettübernahme sei denkbar. Die Gespräche kämen voran, eine Einigung noch im ersten Quartal 2023 sei aber eher unwahrscheinlich. Man setze auf einen Abschluss im ersten Halbjahr kommenden Jahres.
Der Wert des deutschen Geschäfts von Tennet wird auf rund fünf Milliarden Euro geschätzt. Gespräche über einen möglichen Einstieg des deutschen Staates gibt es bereits seit 2020. Damals hatten die deutsche und die niederländische Regierung eine Absichtserklärung geschlossen. Diese sah ein gemeinsames Vorgehen vor, um die Kapitalbasis von Tennet zu stärken. Die Muttergesellschaft des Netzbetreibers, die Tennet Holding, gehört dem niederländischen Staat.
Auch Einstieg bei TransnetBW?
Der "Erhalt angemessener Rechte und Einflussmöglichkeiten auf Tennet Deutschland" sei für die Bundesregierung "von zentraler Bedeutung", hatte das Finanzministerium dem Haushaltsausschuss des Bundestages zu dem möglichen Geschäft erklärt. Laut Reuters erwägt der Bund auch einen Staatseinstieg beim Stromnetz-Betreiber TransnetBW - einer Tochter des EnBW-Konzerns. Hier verfolgt der Versorger umstrittene Pläne für eine Teilprivatisierung - was im Gegensatz steht zum Bundeswahlprogramm der Grünen. Die KfW verfügt für 24,95 Prozent der Anteile an Transnet BW über ein Vorkaufsrecht.
Die Abtrennung der großen Strom-Übertragungsnetze war zu Beginn des Jahrtausends von der EU verordnet worden. Seit längerem wird in der Politik die Idee einer deutschen Netzgesellschaft diskutiert. Diese wurde jedoch nie umgesetzt. Stattdessen existieren mit Tennet, 50Hertz, TransnetBW und Amprion vier große Netzbetreiber-Gesellschaften.