Mehr Firmen-Insolvenzen Wo die Pleitegefahr am größten ist
Die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland nimmt zu. Bestimmte Branchen sind besonders betroffen vom Risiko, Insolvenz anmelden zu müssen. Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht.
Zwar steigt die Zahl der Pleiten, doch brechen in Deutschland insgesamt deutlich weniger Unternehmen zusammen als früher. Während Anfang des Jahrtausends jährlich 30.000 bis 40.000 Unternehmen insolvent wurden, rechnet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform dieses Jahr mit 18.100 insolventen Unternehmen. 2022 zählte Creditreform 14.700 Konkurse. Kommendes Jahr dürfte es in Deutschland um die 20.000 Pleiteunternehmen geben.
"Wir sehen keine Insolvenzwelle, die volkswirtschaftlich alles mitreißt", sagte Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform. Da eine Pleite aber Lieferanten, Kunden, Arbeitnehmer und Finanzierer trifft, seien die Folgen jedoch schon erheblich.
Ausnahmeregel während der Corona-Zeit
Unternehmer müssen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenz anmelden. Unternehmen, die nur wegen der Pandemie in kurzzeitige Schwierigkeiten gekommen waren, sollten davor geschützt werden. Deshalb wurde die Anzeigepflicht von März 2020 bis April 2021 unterbrochen.
Die Zahl der Unternehmenspleiten sank folglich 2020 auf niedrige 16.000 Fälle. Die schlugen allerdings mit einer sehr hohen Schadenssumme von 43 Milliarden Euro zu Buche. Wenn einem größeren Unternehmen das Geld ausgegangen war, nutzte die Corona-Regel nichts. Es waren vor allem kleine Unternehmen, die dank der neuen Möglichkeit ein Insolvenzverfahren umgehen konnten.
2021 stieg die Schadensumme nochmal auf 51 Milliarden Euro - bei deutlich unter 15.000 Pleitefällen. Auch hier hat es also vor allem Große getroffen. "Viele Unternehmen wurden noch gestützt", fasst Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform staatliche Hilfen zusammen, die viele Pleiten verhinderten oder auf die lange Bank schoben.
Es trifft Kleine wie Große
Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes weisen die Logistikbranche als besonders betroffen aus - also Speditionen, Verkehrsunternehmen oder Firmen, die Lager betreiben und Waren verteilen. Creditreform sieht dagegen die Baubranche als Pleitebranche Nummer eins. Die Zahl der Konkurse von Bauträgern und Bauentwicklern habe sich seit 2022 vervierfacht, die der Straßenbauunternehmen verdreifacht.
Fast die Hälfte der Insolvenzen - mit leicht sinkender Tendenz - betreffen Einzelunternehmen und Unternehmergesellschaften. Das sind typischerweise kleine, kapitalschwache Unternehmen. Aus der amtlichen Statistik, die Meldungen deutscher Insolvenzgerichte zusammenfasst, ist auch abzulesen, dass in der Hälfte der Fälle junge Unternehmen betroffen sind.
Mehr Betroffene bei Pleiten von Traditionsfirmen
Die Zahl der Fälle sagt wenig aus über die Folgen. Denn wenn alte, eingeführte und große Unternehmen pleitegehen, gibt es weit mehr Betroffene. Unternehmen, die länger als acht Jahre am Markt sind, stehen nach amtlichen Zahlen nur für ein Drittel der Insolvenzfälle. Sie beschäftigen aber zwei Drittel der von Pleiten insgesamt betroffenen Arbeitnehmer.
Zwar liegt die Zahl der Insolvenzen weit entfernt von denen nach der Banken- und Finanzkrise 2008 und 2009. Doch anders als damals, warnt Patrik-Ludwig Hantzsch von Creditreform, sei keine Erholungsphase zu erwarten. Wegen der vielen Probleme der Firmen - Belastungen etwa durch die Kosten der "grünen" Transformation, mangelnde Digitalisierung, fehlende Arbeitnehmer und hohen Zinsen - sei keine Besserung zu erkennen.