Für Chipfabrik in Magdeburg Fast zehn Milliarden Euro Subventionen für Intel
Der Bund will den Bau der Intel-Chipfabrik in Magdeburg offenbar viel stärker staatlich fördern als zunächst geplant. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll der US-Konzern 9,9 Milliarden Euro erhalten.
Die Bundesregierung will übereinstimmenden Medienberichten zufolge die Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in Sachsen-Anhalt mit 9,9 Milliarden Euro unterstützen. Demnach investiert Intel in Magdeburg einschließlich staatlicher Hilfen rund 30 Milliarden Euro. Insgesamt verdoppele Intel seine Investitionen nahezu, zitiert die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen. Die Aufstockung der staatlichen Hilfen müsse von der EU-Kommission allerdings noch genehmigt werden, berichtet die Agentur weiter.
Nach monatelangem Ringen unterzeichneten Bundeskanzler Olaf Scholz und Intel-Chef Pat Gelsinger heute in Berlin eine Vereinbarung zum Bau der Fabrik in Sachsen-Anhalt. Bis zuletzt war die Höhe der Subventionen für das Projekt umstritten gewesen. Intel hatte auf gestiegene Kosten verwiesen. Ursprünglich hatte der Bund 6,8 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Von der Regierung gab es zunächst keine Bestätigung des Subventionsvolumens.
Produktion soll in vier bis fünf Jahren beginnen
Intel will mit seiner Produktion in Magdeburg in vier bis fünf Jahren beginnen. Der Bau der Fabriken sei ein wichtiger Schritt hin zu ausgewogenen und widerstandsfähigen Lieferketten in Europa, sagte Unternehmenschef Gelsinger: "Wir danken der Bundesregierung, Bundeskanzler Olaf Scholz und der Regierung von Sachsen-Anhalt für ihre Partnerschaft und ihr gemeinsames Engagement bei der Verwirklichung der Vision einer lebendigen, nachhaltigen und führenden Halbleiterindustrie in Deutschland und der EU."
Scholz sprach laut Intel-Mitteilung von einem wichtigen Schritt für den Hightech-Produktionsstandort Deutschland. Intels Halbleiter-Produktion in Magdeburg sei die größte ausländische Direktinvestition in der deutschen Geschichte. "Mit dieser Investition schließen wir technologisch zur Weltspitze auf und erweitern unsere eigenen Kapazitäten für die Ökosystementwicklung und Produktion von Mikrochips."
Aktuell komme bereits jeder dritte in Europa produzierte Chip aus Sachsen, betonte Scholz beim dem Tag der Industrie. Unternehmen wie Infineon oder Wolfspeed hätten in Deutschland investiert. "Weitere stehen in den Startlöchern", deutete er an. Deutschland könne zu einem der großen Halbleiter- Produktionsstandorte weltweit werden.
Intel auf Expansionskurs
Intel ist weltweit auf Expansionskurs: In den vergangenen Tagen kündigte der Konzern den Bau eines 25 Milliarden Dollar schweren Werks in Israel an. Gleichzeitig soll in Polen für 4,6 Milliarden Dollar eine Test- und Montageanlage entstehen. Auch in den USA wird Intel staatlich subventioniert neue Chipfabriken errichten.
Subventionen sind zweckgebundene staatliche Beihilfen, die nicht an direkte Gegenleistungen gebunden sind. Sie können an andere Staaten, Wirtschaftszweige, Unternehmen und an private Haushalte geleistet werden. Subventionen können direkt als Finanzhilfe gezahlt werden oder in Form von steuerlichen Vergünstigungen gewährt werden.
Kritik von Wirtschaftsexperten
Bei Ökonomen stößt die staatliche Förderung des US-Konzerns Intel auch angesichts ihres enormen Umfangs auf Kritik. Ifo-Präsident Clemens Fuest bezeichnete die Subventionen für die Ansiedlung in Magdeburg als "fragwürdig".
Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC, sprach von einer Transferleistung der Steuerzahler für die Aktionäre. Zuvor hatte auch Reint E. Gropp, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle, die milliardenschweren Subventionen für Intel kritisiert. Er warnte davor, globalen Großkonzernen staatliche Milliarden zu geben. Intel habe im vergangenen Jahr noch acht Milliarden Dollar Gewinn gemacht.
Nie wieder Halbleitermangel?
Für die EU und die nationalen europäischen Regierungen ist die Chipherstellung von hoher strategischer Bedeutung, da Mikrochips für zentrale industrielle Wertschöpfungsketten unverzichtbar sind. Ziel der Politik ist es, angesichts der breiten Verwendung in nahezu sämtlichen Wirtschaftsbereichen eine größere Unabhängigkeit von globalen Lieferketten zu erreichen.
Auch vor dem Hintergrund der aktuellen politischen und ökonomischen Spannungen zwischen China und den USA strebt der Westen eine größere Unabhängigkeit von asiatischen Herstellern an. Aktuell kommen 75 bis 80 Prozent der weltweit produzierten Chips aus Asien. Ziel der EU ist es, bis 2030 rund 20 Prozent der globalen Produktion in Europa anzusiedeln. Das wäre etwa doppelt so viel wie jetzt.
"Durch solche Investitionen diversifizieren wir unsere Lieferketten und ermöglichen deutschen und europäischen Unternehmen, die von ihnen benötigten Chips in der EU zu besorgen", sagte Kanzler Scholz heute. Außerdem entstünden gute und zukunftsfähige Arbeitsplätze.
Fördergelder offenbar aus dem Klima- und Transformationsfonds
Die Subventionssumme, die der Bund allein Intel für den Bau der Chipfabrik in Magdeburg zur Verfügung stellt, erscheint hoch, vergleicht man sie mit anderen Förderprogrammen. Etwa die US-Regierung stellt insgesamt 53 Milliarden Dollar im Rahmen des "Chips Act" bereit.
Die zusätzlichen Mittel sollen derweil dem Vernehmen nach nicht aus dem regulären Etat, sondern einem Sondertopf stammen. Dabei handelt es sich nach ersten Informationen um den Klima- und Transformationsfonds, aus dem die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft bezahlt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuletzt mehrfach betont, im Bundeshaushalt sei kein Geld mehr vorhanden.