RWE-Logo an der Hauptverwaltung in Essen
interview

RWE-Chef Krebber "Wir haben kein Imageproblem"

Stand: 21.03.2023 17:57 Uhr

RWE hat heute seine Zahlen für 2022 vorgelegt und einen satten Gewinn vermeldet - eine Steigerung um knapp 73 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 6,3 Milliarden Euro. Wie es weitergehen soll, sagt Vorstandschef Krebber im Interview.

tagesschau.de: Ein Zeitungskollege hat geschrieben, Sie hätten ein goldenes Händchen - was Sie anfassten, werde zu Gold. RWE hat seinen Gewinn verdoppelt: Haben Sie also wirklich ein goldenes Händchen?

Markus Krebber: Das ist nett, dass Sie das auf mich beziehen, aber das muss ich ablehnen. Das Unternehmen lebt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ich habe die Ehre zu leiten mit meinen Vorstandskollegen. Das ist eine Teamleistung.

Ich glaube, wir haben vieles richtig gemacht, sowohl, was die strategische Ausrichtung angeht, aber natürlich auch operativ in so einem kritischen Krisenjahr zu liefern und dabeizubleiben. Insofern können wir auf das Jahr zufrieden zurückblicken.

tagesschau.de: Andere Unternehmen, die jetzt ihren Gewinn verdoppelt hätten, die würden damit rausgehen, die würden jubeln. Ihnen scheint das eher so ein bisschen peinlich zu sein, dass Sie derzeit mit doppeltem Gewinn dastehen. 

Krebber: Peinlich nicht, es ist ja auch Teil der Planung gewesen. Wenn Sie massiv investieren, netto allein 4,4 Milliarden Euro, dann darf auch nicht verwundern, dass die Gewinne steigen. Ansonsten hätten wir ja unprofitabel investiert.

Markus Krebber, Vorstandsvorsitzender RWE, zu der Jahresbilanz

tagesschau24 14:00 Uhr

Zankapfel Lützerath

tagesschau.de: Rückblickend auf das Jahr - das begann mit Lützerath. Wenn Sie sich das nochmal anschauen, was dort passiert ist: Wie würden Sie das bewerten? War es die Sache wirklich wert aus RWE-Sicht, in diese "offene Feldschlacht" zu gehen? Oder hätte man das aus Ihrer Sicht ruhiger machen können? Denn vielleicht brauchen wir die Kohle unter Lützerath ja gar nicht.

Krebber: Ich bleibe bei einer rein sachlichen Bewertung. Wenn Sie auf Lützerath gucken, muss es in den Kontext gestellt werden. Wir haben mit der Bundes- und Landesregierung eine Einigung gefunden, als einziges Unternehmen den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen, jede Menge Kohle im Boden zu lassen und, vor allen Dingen, die bewohnten Dörfer und Höfe erhalten zu können. Im Gegenzug musste die unbewohnte Ansiedlung Lützerath in Anspruch genommen werden, auch um kurzfristig die Energieversorgung sicherzustellen in der Krise.

Insofern halte ich das weiterhin für absolut richtig. Aber ich möchte den Punkt machen: Die Energiewende und wieviel Kohle wir noch brauchen, entscheidet sich gerade nicht an dem Standort eines Kohlekraftwerks oder Tagebaus, sondern beim Ausbau der Erneuerbaren. Die Kohle läuft jetzt schon nur dann, wenn der erneuerbare Strom nicht ausreicht. Wir müssen die Energiewende beschleunigen, dann sparen wir CO2 ein. 

tagesschau.de: Aber umso mehr muss es Sie doch ärgern, dass Sie von den Demonstranten in Lützerath als der fossile Dinosaurier dargestellt werden, der unbelehrbar ist - obwohl Sie ja eigentlich was ganz anderes wollen?

Krebber: Ich würde das mal abschichten: Ich glaube, es gibt Demonstranten, die wollen damit dann auch ihre Unzufriedenheit über die Langsamkeit der Energiewende in Deutschland zum Ausdruck bringen, was ja auch die Fehler der Vergangenheit waren. Das kann ich durchaus verstehen.

Aber was in Lützerath absolut abzulehnen war, war der Umfang der Gewalt. Und was ich mir auch gewünscht hätte, dass die Bewegten, von denen ich gerade gesprochen habe - die ihrer Unzufriedenheit über die Beschleunigung Ausdruck verleihen wollen -, dass die sich stärker davon abgrenzen, was ist berechtigte Demonstration und Willensäußerung und was ist Gewalt.

RWE-Vorstandschef Markus Krebber
Zur Person
Markus Krebber (50) ist seit dem 1. Mai 2021 Vorstandsvorsitzender (CEO) des DAX-Unternehmens RWE. Krebber wechselte 2012 von der Commerzbank zu dem Essener Energiekonzern. Von Oktober 2016 bis Mai 2021 war er Finanzvorstand (CFO) bei RWE.

"Treiber der Energiewende"

tagesschau.de: Aber was wollen Sie gegen dieses schlechte Image machen, das Sie bei Ihren Gegnern haben?

Krebber: Ich kann gar nicht sagen, dass wir ein Problem mit unserem Image haben, ganz im Gegenteil. Wir brauchen als Unternehmen mehrere Sachen, um erfolgreich die Energiewende betreiben zu können: Als erstes brauchen wir Mitarbeiter, und wenn ich sehe, welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu uns kommen, dann sage ich, wir kriegen die richtigen Leute, die verstehen die Geschichte von RWE, dass wir so schnell wie möglich transformieren wollen, dass wir Treiber der Energiewende sind. Insofern haben wir da überhaupt gar kein Imageproblem.

Auch bei der Kapitalgeberseite: wir bekommen das Kapital, um unseren Ausbau machen zu können, und wir haben die richtigen Partner auf der Lieferanten- und Zuliefererseite, dass wir auch da überhaupt gar kein Imageproblem haben. Und dass es in der Öffentlichkeit vielleicht ein bisschen länger dauert, bis sich das durchsetzt, auf welchem Weg wir eigentlich sind, das ist dann so.

tagesschau.de: Auf welchem Weg sind Sie denn, sagen Sie uns doch mal ein paar Beispiele.

Krebber: Ja, wenn Sie sich allein angucken, die Bedeutung von deutscher Kernenergie und Kohle im Konzern, der war vor einigen Jahren deutlich über 50 Prozent. Das sinkt im nächsten Jahr unter zehn Prozent, und wir haben einen ganz klaren Pfad, bis 2030 die Kohleverstromung beendet zu haben und bis 2040 klimaneutral zu sein - also schneller als alle nationalen und europäischen Ziele. 

"Es bleibt beim 15. April"

tagesschau.de: Sie haben gerade selbst gesagt - Stichwort Kernenergie: In einem Monat wird das letzte Kernkraftwerk von Ihnen abgeschaltet. Wirklich? Oder wäre da immer noch eine Verlängerung möglich, wenn die Politik das wollte?

Krebber: Meine Erwartung ist heute, dass es bei der Entscheidung der Politik bleibt, also dass bis zum 15. April die Kernkraft in Deutschland beendet ist, und dann geht es um den geordneten Rückbau. 

tagesschau.de: Wäre es denn theoretisch möglich, wenn die Politik es wünschen würde, nochmal zu verlängern?

Krebber: Theoretisch ist vieles möglich, aber am Ende entscheidet die Politik darüber, was getan wird.

tagesschau.de: Aber es ist jetzt nicht so, dass es an mangelnden Brennstäben oder so etwas scheitern würde?

Krebber: Nein, technisch müssen Sie natürlich bestimmte Rahmenbedingungen beachten. Die Brennstäbe haben Vorlaufzeit und Ähnliches, aber ich glaube, das sind jetzt alles hypothetische Diskussionen. Meine Erwartung: Es bleibt bei der politischen Entscheidung, 15. April.

Sonne, Wind, Wasserstoff

tagesschau.de: Und die Zukunft liegt dann, wie Sie es gesagt haben, bei den Erneuerbaren Energien. Was sind da jetzt die Projekte hier, aber auch in den USA?

Krebber: Wir haben einen ganzen Kreis, den wir natürlich für grüne, vollständige Energieversorgung herstellen. Das ist zum einen Erneuerbare. Wir müssen aber auch wasserstofffähige Gaskraftwerke für die Versorgungssicherheit bauen, denn wir müssen auch Strom ausreichend zur Verfügung stellen, wenn Wind und Sonne nicht genug produzieren. Und dazu muss die Wasserstoffwirtschaft ausgebaut werden.

Wir wollen natürlich weiter offshore bauen, wir haben gerade Verträge vergeben für 1,6 Gigawattstunden in der Nordsee. Wir werden uns an den Offshore-Ausschreibungen dieses Jahr beteiligen. Wir machen Onshore und Photovoltaik-Ausbau weiter, wir haben gerade sieben Büros in Deutschland eröffnet im letzten Jahr und Leute eingestellt, um Projekte zu entwickeln.

Und wir haben gerade auf der Elektrolyseseite 200 Megawattstunden - die erste und größte Anlage - für uns bestellt, und die wird jetzt auch in Lingen gebaut. Sie sehen:Wir sind bei allem dabei und wir warten dieses Jahr noch auf die Ausschreibung von wasserstofffähigen Gaskraftwerken, und da ist das Ziel auch bis zum Ende der Dekade, drei Gigawattstunden zu bauen. 

tagesschau.de: Heute: doppelter Gewinn. In einem Jahr: Was wird man dann präsentieren können?

Krebber: Wir haben heute ja gesagt, dass wir ungefähr auf EBITDA-Ebene ein ähnliches Jahresergebnis erwarten wie dieses Jahr, vielleicht ein bisschen weniger. Aber insofern glaube ich, dass die Gewinnsituation weiter positiv bleibt. Wir gucken ja auch positiv auf das laufende Jahr - unter anderem aber auch deswegen, weil wir dieses Jahr Geburtstag haben und 125 Jahre alt werden.

Das Interview führte Michael Heussen, WDR. Es wurde für die schriftliche Fassung redaktionell bearbeitet und gekürzt.