Insolvenzverwalter-Bericht Viel Geld für Wirecard-Gläubiger gesichert
Die Chancen der Wirecard-Gläubiger auf die Begleichung eines Teils ihrer Forderungen steigen - dank weiterer Schritte des Insolvenzverwalters. Derweil erzielt Ex-Konzernchef Braun im Kampf um sein eingefrorenes Vermögen einen Teilerfolg.
Ein Hoffnungsschimmer für die Gläubiger der insolventen Wirecard: Die Chancen auf die Begleichung eines größeren Teils ihrer Forderungen steigen. Der Insolvenzverwalter des Zahlungsdienstleisters, Michael Jaffé, hat fast 227 Millionen Euro gesichert, die die Wirecard AG auf den Konten der ehemaligen Tochter Wirecard Bank geparkt hatte. Das geht aus dem jüngsten Sachstandsbericht Jaffés per Ende Mai hervor, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.
Insolvenzquote und Zeitpunkt von Zahlungen noch unklar
Die Finanzaufsicht BaFin hatte das Geld nach der Pleite von Wirecard im Jahr 2020 zunächst eingefroren, es aber mittlerweile freigegeben, nachdem bei der Abwicklung der Bank keine wesentlichen weiteren Risiken mehr zu Tage traten. Insgesamt hat Jaffé im Zuge des Insolvenzverfahrens damit nach Reuters-Berechnungen mehr als eine Milliarde Euro erlöst.
Allerdings sind Forderungen der Gläubiger und Aktionäre ungleich höher. Wie hoch die Insolvenzquote ausfallen könnte, sei derzeit genauso wenig absehbar wie der Zeitpunkt, zu dem die Gläubiger mit ersten Abschlagszahlungen rechnen könnten, heißt es in dem Bericht.
Vom 1. Juli an soll die Wirecard Bank, auf deren Konten vor zwei Jahren noch 1,64 Milliarden Euro lagen, liquidiert werden. Daraus seien möglicherweise weitere Erlöse zu erwarten. Ein Käufer für die Wirecard-Tochter hatte sich nicht gefunden. Die spanische Bank Santander übernahm nur das Kerngeschäft von Wirecard mit der Zahlungsabwicklung sowie zahlreiche Mitarbeiter, wollte aber nur einzelne Kunden behalten.
Zehntausende Aktionäre warten noch vergeblich
Die BaFin hatte sich allerdings dagegen entschieden, auch die Wirecard Bank in die Insolvenz zu schicken, sondern dafür, das Geschäft geordnet herunterzufahren. Das sei nun so gut wie abgeschlossen, berichtete Jaffe. Er hatte bereits mit dem Verkauf werthaltiger Tochterfirmen rund 850 Millionen Euro erlöst, die den Gläubigern von Wirecard und verschiedener Töchter zugute kommen.
Wer jedoch im Insolvenzverfahren überhaupt Ansprüche anmelden kann, ist offen. Sehr umstritten ist vor allem die Frage, ob neben Banken und Investoren auch die Aktionäre als Gläubiger zu behandeln sind. Von ihnen stammen rund 39.000 der 40.000 Forderungsanmeldungen.
Insgesamt fordern sie dem Bericht zufolge für ihre Kursverluste 6,7 Milliarden Euro. Der Zahlungsabwickler und damalige DAX-Konzern Wirecard war nach dem Eingeständnis von Scheinbuchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro zusammengebrochen.
Braun erzielt Teilerfolg vor Gericht
Der frühere Chef der insolventen Firma, Markus Braun, hat derweil einen von zwei Arrestbefehlen gegen sein Vermögen vor dem Landgericht München I aufheben lassen. Dabei handelt es sich um eine Summe von 35 Millionen Euro, für die der Insolvenzverwalter Jaffé eine entsprechende Maßnahme erwirkt hatte.
Bei dem nun aufgehobenen Arrestbefehl ging es um das Geld, das der mit internationalem Haftbefehl gesuchte und immer noch flüchtige Ex-Vertriebsvorstand Jan Marsalek per Kreiselüberweisung aus dem Konzern abgezweigt haben soll, um einen Kredit bei Braun zu begleichen. Braun hatte argumentiert, davon nichts gewusst zu haben. Das Gericht befand nun, dass das Gegenteil nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei.
Allerdings hat gleichzeitig auch die Münchner Staatsanwaltschaft das Privatvermögen des unter Betrugsverdachts stehenden Managers arrestieren lassen. Somit hat Braun weiterhin faktisch keinen Zugriff auf die 35 Millionen Euro.
Kein Zugriff auf 140 Millionen Euro
Zudem handelt es sich bei der nun aufgehobenen Maßnahme um den kleineren der beiden Arrestbefehle. Ein weiterer über eine Summe von 140 Millionen Euro wurde vom Gericht mit der Begründung bestätigt, dass der Insolvenzverwalter glaubhaft gemacht habe, "dass Herr Dr. Braun seine Pflichten als Vorstandsmitglied der Wirecard AG verletzt hat".
Der frühere Vorstandschef Markus Braun sitzt seit rund zwei Jahren in Untersuchungshaft. Im März hat die Staatsanwaltschaft München Anklage wegen bandenmäßig begangener Marktmanipulation und Untreue gegen ihn erhoben.