Werk in Sachsen Meyer Burger droht mit Schließung von Solar-Fabrik
Der Schweizer Solarmodul-Hersteller Meyer Burger erwägt das Aus seiner Produktion in Deutschland. Eine Entscheidung soll bis Mitte Februar fallen, falls die Politik der Branche nicht helfe.
Der Schweizer Hersteller von Solarmodulen Meyer Burger stellt seine Produktion in Deutschland auf den Prüfstand. Betroffen von einem Rückzug wäre der Standort im sächsischen Freiberg. Das Unternehmen droht mit Schließung, "sofern keine ausreichenden Maßnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Europa, etwa durch Resilienzmaßnahmen, ergriffen werden".
Das europäische Marktumfeld hat sich aus Sicht des Unternehmens verschlechtert. Es plant deshalb, sich auf die USA zu konzentrieren, um die "unhaltbaren Verluste" in Europa zu verringern. Die Produktion in den USA soll voraussichtlich im zweiten Quartal anlaufen.
500 Beschäftigte wären betroffen
Das bedeutet: Sollte die Politik nicht helfen, könnte das Werk in Freiberg bereits Ende April geschlossen werden. Eine Entscheidung will Meyer Burger bis Ende Februar treffen. In Freiberg ist nach Angaben von Meyer Burger die größte Solarmodul-Produktion Europas angesiedelt. 500 Beschäftigte wären von einer Schließung des Werkes betroffen.
Laut Meyer Burger soll die Zell-Produktion in Bitterfeld-Wolfen trotz der Schließungspläne für Freiberg weiterlaufen und den Hochlauf der Modul-Produktion in den USA unterstützen, ebenso die Solarzell-Produktion im deutschen Thalheim. Der Maschinenbau und die Forschungs- und Entwicklungsstandorte in der Schweiz und in Deutschland sollen nach Angaben von Meyer Burger von etwaigen Maßnahmen ebenfalls nicht betroffen sein.
Große Konkurrenz aus China und Indien
Durch einen starken Anstieg der chinesischen Produktions-Überkapazitäten, die Konkurrenz aus Indien sowie durch Handelsbeschränkungen, die die USA verhängt hatten, besteht nach Angaben von Meyer Burger ein erhebliches Überangebot auf dem europäischen Solarmarkt. Dies beeinträchtige die Umsetzung der eigenen Unternehmensstrategie. In China und den USA profitierten die Hersteller dagegen von einer umfassenden Industriepolitik.
Teilweise kämen Solarprodukte zu 25 Prozent oder 50 Prozent der Herstellungskosten in China nach Europa, erklärte Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt. "Da können europäische Unternehmen, die keinerlei Unterstützung kriegen und nicht hoch subventioniert werden wie die Chinesen, natürlich nichts machen."
Er forderte, dass die europäische Politik die bereits angedachten Maßnahmen endlich umsetze. "Europa irrlichtert nach wie vor in dieser neuen geopolitischen Realität und tut viel zu wenig."
Bonus für Fertigung in Europa?
Deutsche Solarhersteller warnen schon länger vor Dumpingpreisen durch Module aus China und verweisen auf deutlich bessere Bedingungen in den USA. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits vor fast einem Jahr in Aussicht gestellt, die verbliebene Solarindustrie in Deutschland zu stützen und womöglich wieder aufzubauen.
Zentrales Instrument sollte dabei bei Ausschreibungen ein sogenannter Resilienz-Bonus sein: Wer für die Anlagen Komponenten mit einer bestimmten Wertschöpfung aus Deutschland oder Europa einsetzt, bekommt eine höhere Vergütung für den verkauften Strom aus dem Solar-Kraftwerk. Als zweites Kriterium könnte zudem der CO2-Effekt bei der Herstellung von Modulen und anderen Komponenten herangezogen werden, der bei der Produktion in Deutschland meist geringer als in China ist.
Das Konzept sollte eigentlich im sogenannten Solar-Paket der Regierung schon im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht werden. In der Ampel-Koalition gibt es aber Widerstand vor allem von der FDP.
Gespräche laufen - Unterstützung gefordert
Die Bundesregierung ist bereits in Gesprächen mit Meyer Burger. Das sagte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck heute. Das Ministerium sei sich der schwierigen Lage des Betriebs und der Solarindustrie in Deutschland sehr bewusst. Über Details der Gespräche könne er keine Auskunft geben, so der Sprecher. Allgemein gelte, dass die Bundesregierung die Solarindustrie in Deutschland und Europa stützen wolle.
Dies wird angesichts der drohenden Schließung des Werks in Freiberg auch von der sächsischen Landesregierung gefordert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verlangte einen Rettungspakt von Bund und EU für die Solarbranche.
Die Ankündigung sei ein Weckruf, sagte Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne). "Ohne staatliche Hilfen wird die Solarindustrie in Deutschland endgültig eingestellt", konstatierte auch der Wirtschaftsminister des Landes, Martin Dulig (SPD). Bund und EU müssten auf "die Zerstörung des Solarmarktes durch chinesische Subventionen" reagieren.
Meyer Burger macht Verluste
Nach vorläufigen Zahlen erwartet Meyer Burger für das zurückliegende Geschäftsjahr 2023 einen Umsatz von umgerechnet rund 144 Millionen Euro und operativ einen Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von mindestens 134 Millionen Euro. Grund für das schlechte Ergebnis seien Marktverzerrungen in Europa.
Die Aktie von Meyer Burger brach in Zürich zeitweise um 30 Prozent ein. Das Unternehmen prüft eine Kapitalerhöhung.
In einer ersten Fassung hieß es, Meyer Burger betreibe die einzige Solarmodul-Fabrik Deutschlands. Dies haben wir korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen