Modellprojekt in Landshut In Teilzeit gegen den Pflegenotstand
Der Pflegenotstand hat sich in der Pandemie verschärft. Eine Lösung des Problems scheint nicht in Sicht. Könnten mehr Teilzeit-Ausbildungsangebote für Pflegekräfte helfen? Getestet wird dies in einem Modellprojekt.
Es ist ein Begriff, der ebenso drohend über den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen schwebt wie das Coronavirus selbst: der Pflegenotstand. Dieses Problem hat sich seit Beginn der Pandemie weiter verschärft. Während die Zahl der Patienten zunimmt, steigt in der Pflege stellenweise der Anteil derer, die das Handtuch werfen - so auch in Landshut, wo seit April dieses Jahres überdurchschnittlich viele Pflegekräfte ihre Kündigung eingereicht haben.
Ebenfalls seit April 2021 läuft im Raum Landshut ein Modellprojekt, das genau dieser Entwicklung entgegenwirken soll. Der dort ansässige Kompetenzverbund für Ausbildung in der Pflege bietet eine vierjährige Teilzeitausbildung zur Pflegefachkraft an. Insgesamt 34 Partner aus der Region nehmen an dem Projekt teil. Darunter sind auch die Lakumed Kliniken, zu denen das Krankenhaus Landshut-Achdorf gehört - eine der Einrichtungen, in denen Melanie Reichert ihre Ausbildung absolviert.
"Eine Arbeit, die sinnstiftend ist"
Reichert ist 32 Jahre alt, Mutter einer dreijährigen Tochter und seit einem halben Jahr angehende Pflegefachfrau. Vier Jahre dauert ihre Ausbildung, 25 Stunden fallen jede Woche dafür an. Früher war sie Fitnesstrainerin; dann kamen Corona, ein Umzug mit ihrer Familie und die Frage, worauf es für sie im Berufsleben ankommt. "Ich brauche eine Arbeit, die sinnstiftend ist", erzählt Reichert. "Eine Arbeit, die mir auf dem Heimweg das Gefühl gibt: Was ich jetzt gemacht habe, ergibt einen Sinn."
Als junge Mutter fällt Reichert genau in die Zielgruppe, für die das Teilzeitmodell entwickelt wurde. Das Konzept sieht vor, auf die Bedürfnisse aller Azubis einzugehen, individuelle Arbeitszeiten inklusive, betont Pflegedienstleiterin Ulrike Anzinger: "Wir haben mit den Bewerbern - explizit mit jedem einzelnen - ein Gespräch geführt. Und das ist in meinen Augen die Erfolgsgeschichte. Dass sich die Leute nicht verbiegen müssen."
Teilzeit-Azubi Melanie kann das bestätigen. Für sie sei sogar eigens ein Schichtmodell von 9 bis 14 Uhr erstellt worden, das es so noch nicht gab. Damit bleibt genug Zeit, um ihre Tochter vor der Arbeit in den Kindergarten zu bringen und rechtzeitig wieder zu Hause im rund 40 Kilometer entfernen Pilsting zu sein.
Flexibilität der Arbeitgeber als Zeichen der Wertschätzung
Es ist ein Ansatz, der den Zugang zur Ausbildung leichter und den Pflegeberuf insgesamt attraktiver machen soll. Es gehe darum, Rücksicht zu nehmen und sich so für eine größere Zahl an Interessenten zu öffnen, erklärt Monika Wagner, die das Kompetenzzentrum für Gesundheitsberufe des Landkreises Landshut leitet: "Viele sagen, wenn mir entgegengekommen wird, dann ist das auch ein Zeichen von Wertschätzung. Und das ist in diesem Bereich - und aktuell sowieso - ein ganz wichtiger Punkt: die Wertschätzung."
Insgesamt absolvieren derzeit 18 Frauen ihre Pflegeausbildung in Teilzeit. Vielen geht es dabei wie Melanie Reichert, die betont, dass sie den Schritt in die Pflege in Vollzeit nie gewagt hätte. Sie und ihre Kolleginnen stehen stellvertretend für den Erfolg des Projekts, erklärt Landrat Peter Dreier von den Freien Wählern: "Das soll natürlich auch Nachahmer finden, um die Ausbildungsmöglichkeiten gerade für diesen Personenkreis auf der einen Seite, aber auch für unsere Einrichtungen, wo wir ja so dringenden Pflegebedarf haben, zu sättigen."
Schon im April soll es deswegen zur Fortsetzung kommen. Dann startet der nächste Ausbildungsjahrgang in Teilzeit. Den sogenannten Pflegenotstand, darüber besteht Einigkeit, wird das Modellprojekt nicht alleine lösen können. Ein erster Schritt sei aber getan - in der Region Landshut hofft man nun, dass weitere Nachahmer folgen.