Mehr Jobs im Juni Überraschend starker US-Arbeitsmarkt
Der US-Arbeitsmarkt boomt: im Juni wurden mehr neue Jobs geschaffen als erwartet. Das bedeutet nach Ansicht von Volkswirten grünes Licht für die US-Notenbank, die Zinsen weiter kräftig zu erhöhen.
In den USA sind im Juni mehr neue Arbeitsplätze entstanden als erwartet: Außerhalb der Landwirtschaft seien 372.000 Stellen hinzugekommen, teilte das US-Arbeitsministerium in Washington mit. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit 265.000 neuen Stellen gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte auf dem Vormonatswert von 3,6 Prozent - ein Niveau, das der von der Notenbank Fed angestrebten Vollbeschäftigung entsprechen dürfte.
Börsenkurse fallen nach starken Arbeitsmarktdaten
Angesichts des starken Arbeitsmarkts und der zugleich ausufernden Inflation hatte die US-Notenbank Fed die Leitzinsen zuletzt so kräftig angehoben wie seit 1994 nicht mehr. Sie beschloss eine Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf die Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent. Für die Sitzung Ende des Monats fassen die Währungshüter eine Anhebung um 0,5 oder 0,75 Prozentpunkte ins Auge. Die Investoren an den US-Börsen treibt daher die Angst vor einem Abwürgen der Konjunktur durch aggressive Zinserhöhungen um. Und so eröffnen die drei großen Indizes an der Wallstreet im Minus nach Bekanntgabe des Arbeitsmarktberichts von Juni. Auch der DAX gibt einen Teil seiner Gewinne wieder ab.
Beschäftigung fast wie vor Corona
Thomas Gitzel, Chef-Ökonom der VP-Bank konstatiert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Gesamtbeschäftigung liege nun wieder beinahe auf den Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Neue Arbeitnehmer zu finden, sei für Unternehmen ein schwieriges Unterfangen. Zugleich bleibt nach Einschätzung von Gitzel das Lohnwachstum mit 5,1 Prozent auf einem hohem Niveau. Allerdings reiche das Lohnplus nicht, um die Inflationsrate von zuletzt 8,6 Prozent auszugleichen. "In realer Betrachtung verbleibt ein Lohnminus. Gerade deshalb sind beim US-Konsum derzeit keine großen Sprünge zu erwarten. Die US-Bürger werden den Gürtel enger schnallen müssen - trotz der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt", so der Chef-Volkswirt der VP-Bank.
Job-Daten stärken Zinskurs der Fed
Im Raum steht nun die Frage, ob die US-Notenbank Fed die guten Arbeitsmarktdaten zum Anlass nimmt, die Zinsen im kommenden Monat noch stärker anzuheben. Dirk Clench von der LBBW glaubt, dass die Fed im Arbeitsmarktbericht für Juni keinen Grund finden dürfte, von den avisierten Leitzinserhöhungen größeren Ausmaßes Abstand zu nehmen. Die Volkswirte der Helaba sehen es ähnlich. Sie sehen den Arbeitsmarkt in den USA weiterhin in einer sehr robusten Verfassung, "so dass der Arbeitsmarktbericht den Plänen der US-Notenbank nicht im Wege steht, das Leitzinsband im Juli erneut um 75 Basispunkte zu erhöhen."
Notenbanker stehen vor Zwickmühle
Etwas skeptischer äußert sich Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. "Der Jobaufbau ist weiterhin beachtlich, hat sich jedoch in den vergangenen vier Monaten verlangsamt. Das ist gut so, denn eine Abkühlung tut dem US-Arbeitsmarkt gut." Die hohen Belastungen durch die Inflation und die noch kommenden US-Leitzinserhöhungen werden der US-Wirtschaft nach Ansicht von Hepperle jedoch zunehmend zusetzen. Nehmen die Rezessionssorgen zu, schwinde auch die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen. So könnten auf den Arbeitsmarkt schlechtere Zeiten zukommen.
Genau vor dieser Zwickmühle stehen die Notenbanker: Sie müssen einerseits die hohe Inflation im Zaum halten, andererseits aber dürften sich durch den Anstieg der Zinsen die Finanzierungsbedingungen von Unternehmen und Privathaushalten verschlechtern. Denn Kredite werden dann teurer, was wiederum dem Wirtschaftswachstum schaden würde.