EU-Freihandelsabkommen mit den USA Der Kampf um die Standards
Vor dem Hintergrund der Spähvorwürfe gegen den US-Geheimdienst setzen die EU und die USA in Brüssel ihre Freihandelsgespräche fort. Auf beiden Seiten gibt es jedoch noch Skepsis, so auch bei der Frage der Verbraucherstandards.
Die eine Seite sieht vor allem die Chancen eines Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU, die andere warnt vor den Risiken. Der Druck der Unternehmen sei groß, die Standards beim Verbraucherschutz zu senken, sagt Monique Goyens vom Europäischen Verbraucherverband Beuc.
John Clancy von der EU-Kommission widerspricht: Es kommt überhaupt nicht in Frage, die hohen europäischen Sicherheitsstandards zu senken, sagt der Sprecher von Handelskommissar de Gucht. Stattdessen wollen die EU und die USA in den Verhandlungen Hindernisse für den Handel ausloten. Das liegt oft gar nicht daran, dass die Standards höher oder niedriger sind. So müssen in Deutschland oder Frankreich produzierte Autos in den USA spezielle Sicherheitschecks durchlaufen.
Gegenseitige Anerkennung: Sparpotenzial...
Wenn die USA und die EU ihre Standards bei der Sicherheit von Autos gegenseitig anerkennen würden, ließe sich viel Geld sparen, sagt der Sprecher des EU-Handelskommissars - auch für die Käufer: "Diese doppelten Sicherheitstests, die bis zum Typ des Dummy gehen, kosten die Unternehmen viel Geld, und am Ende müssen die Verbraucher tiefer in die Tasche greifen. Also es geht dabei um den gesunden Menschenverstand."
... oder Aushöhlung des Verbraucherschutzes?
Die Verbraucherschützer sind da skeptisch. Gegenseitiges Anerkennen von Standards könne auch bedeuten, dass die USA schlechtere Produkte nach Europa exportieren dürfen, warnt die Geschäftsführerin der Europäischen Verbraucherorganisation: "Das bedeutet, dass zum Beispiel nach niedrigeren Standards produzierte Nahrungsmittel aus den USA in europäischen Supermärkten landen könnten. Und die Verbraucher wissen es gar nicht, weil es keine Kennzeichnung, kein Label gibt."
Europäische und amerikanische Verbraucherverbände haben gemeinsame Forderungen aufgestellt: Der Handelsdeal soll am Ende ein höheres Schutzniveau festschreiben, indem beide Seiten voneinander lernen - etwa bei der Nahrungsmittelsicherheit, sagt die amerikanische Verbraucherschützerin Caroline Smith-Dewaal: "Wir haben große Bedenken, dass die Nulltoleranz für bestimmte Krankheitserreger weg verhandelt werden könnte. Diese Standards sollten auf jeden Fall erhalten bleiben."
Mehr Vorsorge in Europa
Andererseits funktioniert die amerikanische Lebensmittelaufsicht nicht nach dem Vorsorgeprinzip. Das heißt gefährliche Produkte werden oft erst dann aus den Regalen genommen, wenn sie schon gesundheitliche Schäden verursacht haben.
Grundsätzlich wollen die Verbraucherschützer viel mehr Informationen über die Verhandlungen. Derzeit könnten sie sich nicht sinnvoll daran beteiligen, sagt Rhoda Karpatkin, die ehemalige Präsidentin der amerikanischen Verbraucherorganisation Consumers International: "Um das zu erreichen, muss es einen offenen Prozess geben. Die Verhandlungstexte müssen verfügbar sein, damit wir sie kommentieren können."
Die Wissbegierde kann der Kommissionssprecher verstehen. Die Behörde werde so viele Informationen wie möglich über den Stand der Verhandlungen geben. Aber andererseits könne die Behörde nicht jeden Text auf dem Verhandlungstisch nach außen geben, sagt John Clancy. Sonst sei Verhandeln gar nicht mehr möglich: "Es muss da ein Gleichgewicht geben, damit die Verhandlungsdelegationen ihren Job machen können. Wenn sie alles in der Öffentlichkeit ausbreiten, werden sie nicht weit kommen. Und es wird auch nicht schnell gehen.
Immerhin ist die EU-Kommission bereit, noch enger mit Verbraucherschützern und Unternehmen zusammenzuarbeiten. Geplant ist eine Art Ausschuss, wo deren Vertreter regelmäßig auf dem Laufenden gehalten werden.