Varta Batterien

Batteriehersteller im Krisenmodus Varta-Aktionären droht Totalverlust

Stand: 22.07.2024 12:33 Uhr

Der schwer angeschlagene Batteriekonzern will im Kampf ums Überleben Alt-Aktionäre aus dem Unternehmen drängen. Gläubiger sollen außerdem auf einen Großteil ihres Geldes und ihrer Ansprüche verzichten.

Der schwer angeschlagene Batteriehersteller Varta will sich mit einem radikalen Schuldenschnitt retten - den Aktionären droht dagegen der Totalverlust. Das Unternehmen kündigte am Sonntagabend in Ellwangen an, kurzfristig beim zuständigen Amtsgericht Stuttgart ein Restrukturierungsvorhaben nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -Restrukturierungsgesetz (StaRUG) anzuzeigen. "Damit wollen wir eine mögliche Insolvenz des Unternehmens nachhaltig abwenden." Ein neuer Aktionär könnte der Sportwagenhersteller Porsche werden.

Das StaRUG gibt es seit drei Jahren in Deutschland. Mit diesem Verfahren soll verhindert werden, dass ein operativ lebensfähiges Unternehmen in die Pleite rutscht. Dabei kann der Widerstand einzelner Gläubiger, aber auch der Aktionäre ausgehebelt werden. Auf diesem Weg hatte sich im vergangenen Jahr der Nürnberger Autozulieferer Leoni saniert. Auch dort verloren die Aktionäre alles, was auf heftige Kritik von Anlegerschützern stieß.

Kurssturz von 200 auf unter vier Euro

Varta stellt neben Haushaltsbatterien auch Auto- und Energiespeicherbatterien her. Der schwäbische Konzern ist aktuell aber mit fast 500 Millionen Euro hoch verschuldet. Auch an der Börse lässt sich die Krise des Batterieherstellers ablesen: So fiel der Kurs der Aktie von fast 200 Euro Anfang 2021 auf knapp über drei Euro. Allein heute verlor die Aktie bis zu rund 80 Prozent an Wert.

Varta ist schon länger schwer angeschlagen. Das einst brummende Geschäft mit wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Knopfzellen unter anderem für damals boomende kabellose Kopfhörer musste wegen zurückhaltender Verbraucher und Konkurrenz aus Asien schwere Dämpfer einstecken. Das Geschäft mit Wallboxen zum Speichern von Strom unter anderem für das Aufladen von Elektroautos kam zudem nicht recht in Schwung. Mangels Aufträgen legte das Unternehmen den Bau einer Fabrik für große Lithium-Ionen-Batterien auf Eis. Der Aktienkurs ist schon länger auf Talfahrt.

"Die aktuelle Schuldensituation verbaut der Varta-Gruppe absehbar die Chancen auf ein positives Geschäftsergebnis", erklärte das Unternehmen. "Notwendige Investition müssen ausbleiben, wodurch Marktpotenziale nicht erschlossen, Umsatzchancen also verpasst werden." Den Ausweg biete ein Schuldenschnitt.

Sämtliche Aktien könnten bei Kapitalschnitt Wert verlieren

Während die Mitteilung die Sicherung von Arbeitsplätzen und den Schutz von Gläubigerinteressen hervorhob, enthielt sie für die bisherigen Aktionäre eine bittere Nachricht: Beide vorliegenden Restrukturierungsvorschläge sehen eine vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft auf null Euro vor - verbunden mit einer anschließenden Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und unter Ausgabe neuer Aktien.

Damit verlieren sämtliche Aktien ihren Wert, Varta wird nicht mehr an der Börse gehandelt. Die bisherigen Aktionäre würden in beiden Fällen leer ausgehen. Ihre Anteile waren am Freitag noch 440 Millionen Euro wert.

"Die neuesten Entwicklungen verschlechtern die Situation für Aktionäre nochmals deutlich", kommentierte Analyst Michael Punzet von der DZ Bank. "Die angestrebte finanzielle Neuaufstellung der Varta AG geht deutlich zulasten der bestehenden Aktionäre und Gläubiger." Der Experte senkte den fairen Wert der Aktien von acht Euro auf 0 Euro.

Porsche: "Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland erhalten"

Weitere Voraussetzung ist laut dem Unternehmen frisches Kapital; benötigt wird ein "hoher zweistelliger Millionen-Euro-Betrag". Laut einer Mitteilung vom Sonntagabend könnten Porsche, der bisherige Großaktionär, der österreichische Unternehmer Michael Tojner sowie "weitere interessierte Parteien" bei Varta einsteigen.

"Das Ziel unseres Engagements wäre, diese Schlüsseltechnologie am Standort Deutschland zu erhalten", hieß es bei Porsche. Voraussetzung dafür sei eine gesunde finanzielle Basis der Varta AG: "Unter bestimmten Umständen könnten wir uns daher vorstellen, uns auch an einer finanziellen Neuaufstellung der Varta AG insgesamt zu beteiligen." Die VW-Tochter Porsche will bis 2030 mehr als 80 Prozent vollelektrische Autos verkaufen.

Große Gläubiger sehen den heute skizzierten Plan nach Informationen aus Finanzkreisen skeptisch, da sie von der geplanten Kapitalerhöhung ausgeschlossen würden. Die Möglichkeit, nach dem Kapitalschnitt frisches Geld zu geben und damit weiter am Unternehmen beteiligt zu sein, bliebe dem bisherigen Mehrheitsaktionär und Porsche vorbehalten. Dies widerspreche einer fairen Gleichbehandlung.