Blick auf das etwa 25 Hektar große Bauland-Gelände des ehemaligen Eutritzscher Freiladebahnhofs in unmittelbarer Nähe zu Leipziger Innenstadt.

Tiefstand im vergangenen Jahr Warum die Deutschen immer weniger Bauland kaufen

Stand: 18.07.2024 09:36 Uhr

Die Zahl der Bauland-Käufe ist auf ein historisches Tief eingebrochen. Experten sprechen von einem "fatalen Signal": Die nicht verkauften Flächen von heute seien die nicht gebauten Wohnungen von übermorgen.

In Deutschland kaufen immer weniger Menschen Bauland. Die Zahl der Transaktionen von baureifem Wohnbauland in Deutschland hat 2023 einen historischen Tiefstand erreicht - ebenso wie der damit verbundene Flächenumsatz. Das zeigt eine Studie des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung.

Im vergangenen Jahr wurden danach bundesweit rund 46.700 Kauffälle von baureifem Wohnbauland registriert, 34 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Flächenumsatz brach um fast 40 Prozent ein auf rund 4.400 Hektar und der Geldumsatz um mehr als 45 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro.

So wenige Bauland-Käufe wie seit 1995 nicht mehr

"Sowohl die Transaktionszahl als auch der Flächenumsatz 2023 markierten Tiefststände seit Beginn der gesamtdeutschen Zeitreihe der Untersuchung im Jahr 1995", sagte Sebastian Wunsch, Bereichsleiter Immobilienwirtschaftliche Analysen bei Gewos.

Gemessen am Höhepunkt 2021 inmitten des Immobilienbooms sind die Rückgänge noch größer: Im Vergleich dazu sind die Verkäufe von Wohnbauland um 54 Prozent eingebrochen, der Flächen- und Geldumsatz nahm um rund 58 Prozent beziehungsweise etwa 60 Prozent ab.

Wie die EZB die Hypothekenzinsen beeinflusst

Doch was hält die Menschen davon ab, Bauland zu kaufen? Es sind in erster Linie die gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten, die auf potenzielle Käufer abschreckend wirken. 2019 waren die Bauzinsen erstmalig unter 1,0 Prozent gefallen, im Tief lagen sie bei 0,7 Prozent. Hintergrund war eine mehrjährige Nullzinsphase der Europäischen Zentralbank (EZB).

Am 21. Juli 2022 erhöhte die EZB dann erstmals wieder die Zinsen - bis September 2023 zog der Leitzins bis auf 4,5 Prozent an. Er verharrte dann für viele Monate auf diesem Niveau, bis die EZB im Juni die Zinswende nach unten einläutete.

Experten rechnen nur mit leicht fallenden Bauzinsen

Infolgedessen gaben auch die Hypothekenzinsen wieder nach. Von ihrem Höchststand Ende 2023 bei über 4,2 Prozent haben sie sich mittlerweile deutlich entfernt. Der Finanzberatung Max Herbst (FMH) zufolge sind Verträge für die Immobilienfinanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung inzwischen wieder für 3,66 Prozent im Schnitt zu haben.

Auch wenn die EZB in den kommenden Monaten noch mehrfach an der Zinsschraube drehen dürfte: Experten rechnen allenfalls mit leicht fallenden Bauzinsen. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem Niveau von 1,0 bis 2,0 Prozent sei jedoch illusorisch.

"Fatales Signal" im Kampf gegen den Wohnungsmangel

Keine guten Voraussetzungen also für eine klare Trendwende bei den Bauland-Käufen in naher Zukunft. Für die Autoren der Gewos-Studie sind die gesunkenen Bauland-Käufe überdies ein "fatales Signal" im Kampf gegen den Wohnungsmangel - gerade in Städten. Baulandverkäufe seien ein guter Frühindikator für den Neubau.

"Die heute nicht verkauften Flächen sind die nicht erteilten Genehmigungen von morgen und die nicht gebauten Wohnungen von übermorgen", warnt Gewos-Experte Wunsch. Mit Nachverdichtung und Aufstockung allein werde man die Bedarfslücke nicht schließen können.

Mit Informationen von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Juli 2024 um 06:00 Uhr in den Nachrichten.