Wirecard-Geschädigte Mit einer Stiftung zur Entschädigung
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat eine Stiftung in den Niederlanden gegründet. Sie soll für Wirecard-Geschädigte eine schnelle Entschädigungslösung bringen.
Der Zusammenbruch der Wirecard AG gehört zu den größten Wirtschaftsskandalen der deutschen Geschichte. Anlegerschützer präsentierten nun in Frankfurt am Main eine Stiftungslösung, um für die geschädigten Wirecard-Anleger Entschädigung zu erreichen.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hat gemeinsam mit den auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzleien Nieding+Barth (Frankfurt am Main) und AKD Benelux Lawyers (Amsterdam) die Stiftung "Stichting Wirecard Investors Claim" mit Sitz in Amsterdam gegründet, die Entschädigungen für die Wirecard-Anleger innerhalb der EU erreichen soll. Nieding+Barth wurden als Kanzlei in den Prozess eingeschaltet, um die Verfahren in Deutschland zu führen. Vorstehen wird der Stiftung Professor Gunther Friedl. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Controlling und Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität München.
Stiftung macht auch Haftung von EY Global möglich
"Die 'Stichting Wirecard Investors Claim' hat den Vorteil, dass sie eine europäische Vergleichslösung für alle geschädigten Wirecard-Anleger auch und gerade mit EY Global ermöglicht. Die Wahl einer niederländischen Stiftung eröffnet damit Optionen, die nach deutschem Recht gerade nicht gegeben sind", sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler.
Denn im Rahmen eines Kapitalanlegermusterverfahrens, das gegen EY Deutschland eröffnet werden soll, ist eine Einbeziehung von Ernst & Young Global nicht möglich. Zudem sei dies eine äußerst zeitaufwendiges Verfahren, das sich über Jahre hinziehen könne und in dessen Anschluss jeder Anleger noch einmal seine Ansprüche geltend machen müsste, so Tüngler: "Denn in einem solchen Verfahren werden nur Sachfragen geklärt. Am Ende bekommen Anleger nicht automatisch Geld." Dies wolle man mit der Stiftungslösung umgehen.
"Die Stiftungslösung ist eine kreative Lösung für die Situation in Deutschland, wo wir keine Sammelklagen eröffnen können", sagte Klaus Nieding, Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwalts-AG und DSW-Vizepräsident. Parallel werde man aber dennoch an Klagen arbeiten.
Gespräche mit Wirecard laufen
Denn es sei im Interesse der Investoren, nicht nur EY Deutschland, sondern auch EY Global haftbar und Schadensersatz geltend zu machen, sagte Klaus Nieding bei der Pressekonferenz und verwies dabei auch auf den Wambach-Bericht, der das Versagen der Wirtschaftsprüfer im Fall Wirecard offenlegte.
"Sollten EY Deutschland/Global nicht zu einer außergerichtlichen Einigung bereit sein, beschreiten wir den Klageweg. Die entsprechende Klageschrift bereiten wir derzeit vor, um sie zeitnah beim zuständigen Gericht einreichen zu können." Derzeit sei man mit den Wirtschaftsprüfern im Gespräch, genauer wollten die DSW-Vertreter in ihren Ausführungen aber nicht werden.
"Über 30.000 Geschädigte mit einer Schadenssumme von rund 1,5 Milliarden Euro haben sich seit dem Insolvenzantrag von Wirecard am 25. Juni 2020 bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gemeldet", so Tüngler.
Der DSW-Hauptgeschäftsführer verwies noch einmal darauf, dass auch Klein- und Kleinstanleger sich der Stiftungslösung anschließen könnten. Wichtig sei es aber, sich jetzt anzuschließen, um mit möglichst vielen Anlegern eine Lösung mit EY erzielen zu können. Allerdings betonten die Anlegerschützer, dass Anleger, die sich der Stiftung anschließen wollen, nicht bereits an anderen Klagen beteiligt sein dürfen: "Es gilt in Deutschland das Verbot der doppelten Rechtshängigkeit", erklärte Nieding. Das heißt, dass eine Klage wegen derselben Sache nur bei einem Gericht erhoben werden darf.