Infrastruktur für E-Autos Laden soll so einfach wie Tanken sein
Die Regierung will den Ausbau von Strom-Ladesäulen schneller voranbringen. Denn der Absatz von E-Autos steigt - trotz hoher Strompreise. Aber noch ist das Ausbauziel in weiter Ferne.
48.389 - diese Zahl hat bei Verkehrsminister Volker Wissing offenbar etwas ausgelöst. 48.389 E-Autos wurden im September in Deutschland zugelassen, mehr als neue Diesel. Für Wissing ist das "ein erster Hinweis darauf, es geht so richtig los" - mit Elektroautos in Deutschland.
Die neue Zahl ist kein Rekord, aber trotz Ukraine-Krieg und hohem Strompreis deutet sich beim E-Auto-Absatz ein Aufwärtstrend an. Und wenn es mehr E-Autos gibt, braucht es schnell auch mehr Ladesäulen. Etwa auf dem Land, wo das Ladenetz heute oft noch sehr löchrig ist. "Wo keine Versorgung mit Ladeinfrastruktur ist, riskieren wir Mobilitätslücken. Und das will und muss ich als Verkehrsminister unbedingt vermeiden", sagt Wissing.
Wohnviertel und Tankstellen als Schwerpunkte
Ein neuer Plan für den Ausbau der Ladesäulen soll helfen. Das Kabinett hat ihn heute abgesegnet. Wo es sich für private Anbieter wenig lohnt, Ladesäulen zu bauen, weil in dem Gebiet nur wenige Menschen leben, sollen staatliche Vorgaben und Fördermaßnahmen dafür sorgen, dass trotzdem etwas passiert. Schwerpunktmäßig sollen die neuen Ladesäulen in Wohnvierteln und an Tankstellen entstehen. Sie ins Stromnetz zu integrieren, sieht Wissing als "wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe, die wir überhaupt haben".
Auch Johannes Pallasch treibt die Frage um, den Chef der nationalen Leitstelle für Ladeinfrastruktur. Standorte an den großen Verkehrsachsen in Deutschland müsse man ans Hochspannungsnetz anschließen. "Wir müssen heute im Prinzip diese Aktion auslösen", sagt Pallasch. "Wir können nicht warten bis wir dann merken: Okay, Netzanschluss wird eng - und dann warten wir über zehn Jahre, bis der Hochspannungs-Anschluss da ist. Das muss heute vorausschauend möglich gemacht werden."
"Seit 2009 eiern wir rum"
Dutzende Maßnahmen finden sich im neuen Plan der Regierung, die meisten reichlich wolkig oder extrem kleinteilig. Verteilnetzbetreiber sollen etwa verpflichtet werden, Karten des Stromnetzes in einem bestimmten Dateiformat an eine zentrale Stelle zu liefern.
"Seit 2009, 2010 eiern wir bei der Ladeinfrastruktur in Deutschland rum", sagt Andreas Knie, Verkehrsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin. "In Deutschland hat es die Autoindustrie auf den Staat geschoben, der Staat hat auf die Autoindustrie gewartet." Nun seien zu viele Akteure im Spiel, die den Ausbau vorantreiben sollen. "Ein "bürokratisches Monster", beklagt der Experte, "mit Ausschreibungen, mit Preisobergrenzen, wo keiner mehr weiß - wer ist eigentlich für was, wie verantwortlich."
Trotz Problemen mit dem Ladenetz und trotz hoher Strompreise gehen die Zulassungszahlen für E-Autos aktuell nach oben. Und der Verkehrsminister glaubt nicht, dass die Strompreise so hoch bleiben. "Ich halte die Strompreisentwicklung für eine vorübergehende", sagt Wissing.
Mehr Förderung für Strom-Selbstversorger?
Hinzu kommt: Durch den steigenden CO2-Preis sollte Benzin tendenziell immer teurer werden. Außerdem denkt die Regierung darüber nach, wie sie die Selbstversorgung mit Strom besser fördern kann. Wer sich Solarzellen auf Garage oder Haus installiere, solle den Solarstrom zum Laden seines E-Autos vergünstigt oder "im Idealfall kostenfrei" bekommen, so Wissing. Anfang des nächsten Jahres soll der Vorschlag konkreter werden. "Am Ende werden wir ohne die Nutzung klimaneutraler Antriebe nicht mobil sein können", sagt der Verkehrsminister.
Er sagt aber auch: "Die Elektromobilität wird nur Akzeptanz finden, wenn das Laden so einfach ist wie heute das Tanken". Bis das so weit ist, dürfte es noch dauern. Vor allem zwei Zahlen dürften Wissing da Sorgen bereiten. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll es in Deutschland eine Million öffentliche Ladepunkte geben. Aktuell sind es gerade mal 70.000.