EuGH-Urteil zu Pandemiefolgen Veranstalter pleite - und doch Geld zurück
Der Europäische Gerichtshof hat die Rechte von Urlaubern gestärkt, die von der Pandemie betroffen waren - und danach von einer Veranstalterpleite. Verbraucherschützer begrüßen das Urteil.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil festgelegt, dass Pauschalreisende bei einer Insolvenz des Reiseveranstalters Geld zurückbekommen können, und zwar auch dann, wenn die Reise vor der Insolvenz aus "außergewöhnlichen Gründen" nicht stattfand.
Die Versicherer der Reiseunternehmen müssen dann einspringen. Der EuGH hatte über Konstellationen zu entscheiden, die sich zu Beginn der Corona-Pandemie ergeben hatten. Die Pandemie war ein solcher "außergewöhnlicher Grund".
Klage von Österreichern und Belgiern
In den konkreten EuGH-Fällen hatten Urlauber aus Österreich und Belgien geklagt. Ihre Pauschalreisen nach Gran Canaria beziehungsweise in die Dominikanische Republik hatten sie zu Beginn der Corona-Pandemie in einem Fall selbst abgesagt, im anderen Fall nach einer Verschiebung der Reise durch den Anbieter.
Die Reisenden wollten hinterher den bereits gezahlten Reisepreis zurückhaben. Die Reiseveranstalter waren dazu aber nicht mehr in der Lage, da sie mittlerweile insolvent gegangen waren. Eigentlich ein Fall für ihre Insolvenzversicherungen.
Doch die Versicherungen weigerten sich, einzuspringen und den Reisepreis zu erstatten. Sie argumentierten, dass die vorliegende Konstellation durch die Versicherung nicht abgedeckt sei. Denn die Pauschalreise sei wegen der Corona-Pandemie ausgefallen und gerade nicht wegen der Insolvenz. Die Pleite sei erst danach eingetreten.
EuGH: Insolvenzversicherung muss zahlen
Dieser Argumentation ist der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil nicht gefolgt. Die Insolvenzversicherung müsse auch dann zahlen, wenn Reisende aufgrund der Corona-Pandemie ihre Reise abgesagt haben, so die Richter in Luxemburg. Andernfalls würde ein wichtiger Anspruch der Reisenden leerlaufen: Pauschalreisende können nämlich nach EU-Recht bei sogenannten "unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umständen", wie etwa der Corona-Pandemie, vom Vertrag zurücktreten und den vollen Reisepreis zurückverlangen.
Das unterstrich der EuGH in seinem Urteil noch einmal. Und wenn sie diese Möglichkeit haben, müsse genau dann auch der Insolvenzschutz greifen, so die Richter. Pauschalurlauber sind also sowohl abgesichert, wenn die Reise wegen einer Insolvenz ausfällt, als auch, wenn der Urlaub aus besonderen Umständen nicht stattfindet und der Reiseanbieter dann pleite geht.
Für die Europäische Verbraucherzentrale (EVZ) ist das Urteil nach einer ersten Bewertung sehr positiv. Es sei auch für deutsche Verbraucher wichtig, die etwa bei ausländischen Reiseanbietern buchen, was manche Kunden gar nicht wüssten. "Für Verbraucher ist es teils nicht direkt erkennbar, dass ein Reiseveranstalter seinen Sitz nicht in Deutschland hat", sagt Karolina Wojtal, Co-Leiterin der EVZ in Deutschland.
Urteil auch für künftige Naturkatastrophen relevant
Außerdem sei das Urteil nicht nur für Reisen während der Corona-Pandemie relevant, so die EVZ. Pauschalreisen könnten etwa auch wegen starker Waldbrände oder eines Vulkanausbruchs ausfallen und ein Reiseanbieter dann in die Insolvenz rutschen.
Nach dem heutigen EuGH-Urteil würden Urlauber dann ebenfalls nicht leer ausgehen, sondern könnten sich an die Insolvenzversicherer im Hintergrund wenden. "Und das dürfte genauso für den Versicherungsfonds gelten, der in Deutschland die Pauschalreiseanbieter absichert", sagt Wojtal.