Bananen mit Fairtrade-Sigel
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Handelssiegel Wie fair sind Fairtrade-Produkte?

Stand: 07.05.2024 12:53 Uhr

Ob Bananen, Kakao, Kekse oder Gewürze - die jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Fairtrade-Produkte in Deutschland sind auf über 30 Euro gestiegen. Doch garantiert das Siegel wirklich einen Konsum mit gutem Gewissen?

Das Angebot fairer Lebensmittel mit Rohstoffen aus südlichen Ländern hat sich in den vergangenen Jahren enorm erweitert. Neben den am häufigsten verkauften fairen Lebensmitteln Kaffee, Kakao und Bananen gibt es mittlerweile zum Beispiel auch Kekse, Gewürze, Trockenfrüchte oder Wein. Lebensmittel machen 75 Prozent des fairen Handels aus. Zu dem übrigen Viertel zählen unter anderem Textilien, Blumen, Kunsthandwerk und Fußbälle.

Fairtrade verspricht stabile Mindestpreise und Prämien, bessere Arbeits- und Lebensbedingungen und einen möglichst umweltfreundlichen Anbau, dafür sollen die fair gehandelte Produkte stehen. Rechtlich geschützt ist der Begriff "fair" oder "fairer Handel" allerdings nicht. Es gibt kein einheitliches Siegel, sondern viele "Fair"-Labels. Laut Verbraucherzentrale gehört das Label von "Fairtrade" zu den vertrauenswürdigen Siegeln. Es hält sich an international vereinbarte Handelsgrundsätze.

Umsatz gestiegen, Absatz gesunken

Insgesamt 8.500 Produkte mit dem Siegel kann man mittlerweile kaufen. "Für die Menschen ist es sehr wichtig, dass sie das Gefühl haben, mit ihrem Einkauf eine Veränderung anzustoßen", sagt Claudia Brück, Vorständin für Kommunikation und Politik von Fairtrade Deutschland. Der Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Deutschland stieg 2023 um 8,5 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro.

"Konsumentinnen und Konsumenten bleiben auch in Zeiten von Inflation und finanzieller Unsicherheit Fairtrade treu", folgert Detlev Grimmelt von Fairtrade Deutschland auf der Jahrespressekonferenz des Vereins. Allerdings gingen auch bei den Fairtrade-Produkten die Absätze, also die Menge der verkauften Produkte, leicht zurück.

Trotz Fairtrade unter der Armutsgrenze

Doch wie gut kann das Verbrauchergewissen wirklich sein, wenn man solche Produkte einkauft? Manche Experten halten die Konditionen von Fairtrade für nicht ausreichend. Dazu gehört Friedel Hütz-Adams, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Südwind e.V., dem Institut für Ökonomie und Ökumene. Er beschäftigt sich unter anderem mit Armut und Missständen im globalen Süden sowie dem Verhalten von Verbrauchern in Deutschland.

"Die Firmen, die das Label nutzen, zahlen zwar die von Fairtrade festgelegten Mindestpreise an die Bäuerinnen und Bauern, aber garantieren ihnen keine existenzsichernden Einkommen", sagt Hütz-Adams. So lebe knapp die Hälfte der Kakaobauern unter der absoluten Armutsgrenze.

"Es muss natürlich das Ziel sein, dass die Menschen von ihrer Hände Arbeit leben können", sagt Claudia Brück von Fairtrade dazu. Bei Fairtrade gehe es jedoch darum zu schauen, wie viel Arbeit in einem Kilo Kaffee stecke und wie hoch die Kosten seien - das ergebe dann den Fairtrade-Preis.

Dieser Preis sei als Sicherheitsnetz zu verstehen und solle die durchschnittlichen Produktionskosten für eine nachhaltige Produktion decken. Es könne sein, dass der einzelne Bauer davon zu viele Menschen ernähren müsse oder zu wenig Land habe. Nicht immer könne der Mindestpreis deshalb ein existenzsicherndes Einkommen garantieren.

Können sich kleine Firmen die Zertifizierung leisten?

Wer seine Produkte unter dem Fairtrade-Siegel verkaufen will, muss sich dafür zertifizieren lassen. Immer wieder gibt es Kritik, gerade kleinere Produzenten könnten sich das nicht leisten. Obwohl gerade diese von vorneherein ökologische Kriterien erfüllten, etwa durch den Verzicht auf chemische Düngemittel.

Das weist Claudia Brück von Fairtrade zurück. "Neben dem Mindestpreis zahlen wir auch noch Prämien. Die Zertifizierungskosten machen weniger als drei Prozent der Prämien aus. Das ist durchaus machbar." Die Prämieneinnahmen durch Absätze auf dem deutschen Markt lagen 2023 bei 42 Millionen Euro.

Fairtrade-Prämien würden immer zusätzlich gezahlt. Die Idee ist, dass Bauernfamilien beziehungsweise Beschäftigte auf Plantagen gemeinsam entscheiden, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte die Prämie investiert wird und welche Ziele erreicht werden sollen.

17 Prozent Marktanteil bei Kakao

Unabhängig von der Zertifizierung sei "die Prämie für die Menschen vor Ort ein wichtiges Werkzeug für Investitionen, gerade jetzt, wo sie mit Preissteigerungen und höheren Lebenshaltungskosten umgehen müssen", sagt Brück. Die Weltmarktpreise gerade für Kakao und Kaffee steigen aktuell stark an, unter anderem durch klimabedingte Ernterückgänge. Das sei sehr besorgniserregend. Deshalb müsse mehr Geld in den Süden fließen, es müsse direktere Partnerschaften geben und langfristig investiert werden.

Brück zufolge zeigen die ersten Zahlen für 2024, dass die Fairtrade-Absätze wieder zunehmen. Der Marktanteil sei aber noch ausbaufähig. Beim Hauptprodukt Kakao sind es 17 Prozent Marktanteil. Doch beim nächstbeliebten Kaffee nur fünf Prozent, beim drittbeliebtesten, den Bananen, rund 16 Prozent.