Sylt Kampf gegen illegale Ferienwohnungen an der Küste
Der Kreis Nordfriesland macht Jagd auf illegale Ferienwohnungen, denn sie blockieren Wohnraum und verstoßen gegen das Baurecht. Allein auf Sylt könnten bis zur Hälfte aller Ferienwohnungen betroffen sein.
In den 1960er-Jahren wurde Sylt zur Insel der Reichen und Schönen. Seitdem haben viele auf der Insel versucht, so viel Wohnraum wie möglich in Ferienwohnungen umzuwandeln. Es gibt einen festen Begriff dafür, erzählt die Insulanerin Helga Schmidt: die "Sylter Garage". Man baut die Garage aus und zieht dort selbst ein. Aus dem Haupthaus werden dann möglichst viele Ferienwohnungen.
Doch genau diese Art von kreativem Schaffen von Übernachtungsplätzen für Urlauber scheint vielen Syltern und Investoren nun auf die Füße zu fallen. Denn diese Nutzungsänderung von Wohnungen zu Ferienwohnungen hätte genehmigt werden müssen.
Möglicherweise ist das im Zuge der Goldgräberstimmung seinerzeit vergessen worden. Und so hat sich über Jahrzehnte ein System von "Schwarznutzung" etabliert, so dass Investoren manchmal gar nicht wussten, dass sie eigentlich ein Wohnhaus und kein Ferienhaus gekauft haben. Oder dass in Neubaugebieten viele der Bauten gleich als Ferienhaus angelegt waren, obwohl sie im Bebauungsplan als reines Wohngebiet ausgewiesen sind.
Wirtschaftliche Folgen können dramatisch sein
Der Baurat des Landkreises Nordfriesland Burkhard Jansen ist auch für Sylt zuständig. Jansen hat einen Zehnjahresplan aufgestellt. In diesem Zeitraum will er alle Bebauungspläne von Sylt durchgehen. Um nachzuprüfen, ob die dort jeweils vorhandenen Ferienwohnungen rechtmäßig sind. Genau das will er auch auf Amrum, Föhr und in St. Peter Ording prüfen. Die ersten Nutzungsuntersagungen für Ferienwohnraum auf Sylt hat Jansen bereits verhängt.
Für den stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Carsten Kerkamm, kann das weitreichende Folgen haben. "Das kann zu einer massenhaften Vernichtung von Ferienwohnungen führen. Wenn wir dann ein Drittel der Wirtschaftseinnahmen einbüßen, ist das für die Kommune dramatisch." Er hätte sich gewünscht, dass der Landkreis sein Handeln früher angekündigt hätte. Aber er räumt auch ein, dass in Wohngebieten auch Ferienwohnungen sind, die dort nicht sein dürfen.
Wo gibt es wie viele illegale Ferienwohnungen?
Doch wie sieht das an der Küste insgesamt aus? Der NDR hat bei allen Landkreisen und kreisfreien Städten an Nord- und Ostsee nachgefragt. Wo gibt es zweckentfremdete illegale Ferienwohnungen? Landkreise wie Segeberg, Gifhorn oder Verden melden gar keine illegale Ferienwohnung. Oder, so wie die Landkreise Celle, Diepholz und Cuxhaven, nur einige wenige. Dann gibt es die Ausnahmeerscheinungen wie den Landkreis Pinneberg, der eigentlich mit der Frage nach illegalen Ferienwohnungen nichts zu tun hätte, wenn nicht Helgoland zum Landkreis gehören würde.
Die Großstadt Hamburg meldet 145 illegale Ferienwohnungen. Flensburg dagegen geht von mindestens 350 betroffenen Wohnungen aus. Flensburgs Pressesprecher Clemens Teschendorf sagt, dass von diesen illegalen Ferienwohnungen in der Stadt viele einfach nicht angemeldet sind, aber unter Umständen genehmigt würden. Trotzdem habe man "nicht viele freie Wohnungen am Markt, und da muss man natürlich so ein bisschen aufpassen, dass nicht Wohnungen vom Markt genommen werden, die eben nicht gebraucht werden."
In manchen Landkreisen fehlen Statistiken
In Mecklenburg-Vorpommern meldet der Landkreis Vorpommern-Rügen mehr als 650 illegale Ferienwohnungen. In 356 Fällen ist bereits eine Nutzungsuntersagung als Ferienwohnung erteilt worden. Der Nachbarlandkreis Vorpommern-Greifswald hingegen, ebenfalls sehr touristisch mit langer Ostseeküste und der Ferieninsel Usedom, konnte zu der Frage der illegalen Ferienwohnungen keine Angaben machen. Das Problem sei zwar bekannt, es gäbe aber keine Statistiken dazu. Ähnliches ergeben auch die Antworten der Landkreise Wittmund und Aurich. Beide teilen sich die meisten der ostfriesischen Inseln. Der Landkreis Wittmund weiß auf seinem Gebiet von 55 illegalen Ferienwohnungen. Der Landkreis Aurich führt zu dieser Frage keine Statistik.
Vierstellige Zahl allein auf Sylt?
Vielleicht ist auch das Teil des Problems: dass keiner, wie letztlich auf Sylt, zu genau hingucken möchte, weil das Geschäft einfach zu gut läuft. Dass ein Landkreis wie Nordfriesland jetzt jeden einzelnen Bebauungsplan durcharbeitet, ist neu.
Kreisbaurat Burkhard Jansen sagt: "Wenn wir es nicht machen, wird dieser Umbruch zugunsten von Ferienwohnungen massiv weitergehen." Jansen geht davon aus, dass er allein auf Sylt vielen Wohnungen mittelfristig eine Nutzung als Ferienwohnung untersagen muss. "Für die Insel Sylt müssen wir davon ausgehen, dass es eine vierstellige Zahl ist. Und diese vierstellige Zahl wird wohl nicht mit einer eins beginnen."