Habecks Heizungspläne Bei vielen Hausbesitzern geht die Angst um
Geht es nach SPD und Grünen, dürfen ab 2024 keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr verbaut werden. Welche Folgen hätte das für Immobilienbesitzer?
Hermine Bolte lebt im Osten Bayerns auf dem Land in einem kleinen Einfamilienhaus. Noch funktioniert ihre in die Jahre gekommene Ölheizung, doch jeden Tag könnte sie kaputtgehen. Deswegen verfolgt sie genau, was in der Bundesregierung derzeit diskutiert wird. Das geplante Aus von Öl- und Gasheizungen macht ihr Angst. Denn Bolte weiß, dass sie sich mit ihrer Rente von 1200 Euro im Monat keine moderne Wärmepumpe leisten kann: "Stehen wir alleine da? Oder bekommen wir Unterstützung von der Regierung? Wie viel, wo? Gibt es einen Fördertopf?"
Geplantes Verbot von konventionellen Öl- und Gasheizungen
Wie Bolte fragen sich derzeit Millionen Immobilienbesitzer in Deutschland, was auf sie zukommt, wenn sich die Bundesregierung auf eine Änderung des Gebäudeenergiegesetzes und mehrerer Verordnungen zur Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien einigt.
Klar ist bisher: Das Bundesministerium für Wirtschafts- und Klimaschutz (BMWK) sowie das Bundesbauministerium (BMWSB) wollen bereits ab Januar 2024 verbieten, neue konventionelle Öl- und Gasheizungen einzubauen. So steht es im Entwurf, der sich aktuell in der Ressortabstimmung befindet.
Konkret wird gefordert, dass jede neue Heizungsanlage zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Viele Eigentümer von Immobilien werden deswegen statt Öl- und Gasheizungen in den nächsten Jahren Wärmepumpen installieren lassen. Ein Umbau, der oft jedoch mit hohen Kosten verbunden ist und gerade Einkommensschwächere überfordern könnte.
Ärger in der Ampelkoalition
Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Daniel Föst, erinnert sich im Interview mit dem ARD-Politikmagazin report München an den Moment, als er den Entwurf des Koalitionspartners erstmals sah: "Ich bin tatsächlich aufgesprungen und habe durchs Büro gerufen: 'Das kann nicht deren Ernst sein'."
Bundeswirtschaftsminister Habeck rechtfertigt seinen Plan, sieht den Gesetzesentwurf durch den Koalitionsvertrag gedeckt: "Die FDP hat das nicht nur gelesen, sie hat es auch zwei Mal unterschrieben." Laut Föst sei das nicht wahr: "Das, was Habeck vorgelegt hat, ist weit über dem, wo wir als FDP zugestimmt haben", erklärt er. "Das hat die FDP nie unterschrieben. Das werden wir auch nicht mitmachen."
Konkret geht es beim Streit innerhalb der Regierungskoalition darum, dass innerhalb eines Jahres aus "möglichst [...] soll", eine "Pflicht" geworden sei. Im Ergebnispapier des Koalitionsausschusses vom 23. März des vergangenen Jahres heißt es: "Wir werden jetzt gesetzlich festschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden soll." Im aktuellen Gesetzentwurf dagegen wird die "[...] Einführung einer Pflicht zur Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien bei jedem Einbau einer neuen Heizung in neuen oder in bestehenden Gebäuden [...]" genannt.
Geplante Förderung unklar
Der Einbau einer Wärmepumpe und die damit häufig einhergehenden Sanierungsarbeiten belaufen sich in der Regel auf mehrere 10.000 Euro. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verspricht daher in der vergangenen Woche auf der internationalen Handwerksmesse in München: "Es ist völlig klar, dass die höheren Kosten bei Wärmepumpen für diejenigen, die sich die sonst nicht leisten könnten, aufgefangen oder gemildert werden müssen."
Was das konkret bedeutet, sagt er nicht. Auf Nachfrage, mit welcher Unterstützung etwa Rentner rechnen könnten, die 50.000 Euro in eine neue Heizungsanlage investieren müssen, weicht der Minister aus: Es gebe noch keine abgestimmte Vorlage, "und wenn die Vorlage abgestimmt ist im Gesetz, dann stelle ich auch die konkreten Finanzierungen vor".
Im Gesetzesentwurf heißt es zur Förderung Einkommensschwächerer lediglich: "Die Bundesregierung plant, diese Förderung künftig stärker auch auf kapital- und einkommensschwache Eigentümer auszurichten, um zu gewährleisten, dass die Verpflichteten finanziell die notwendigen Investitionen tätigen können." Woher die Fördermittel jedoch kommen sollen, ist unklar.
Beratungen "noch nicht abgeschlossen"
Das Bundesministerium der Finanzen teilt dazu mit: Die regierungsinternen Beratungen über den Bundeshaushalt 2024 seien noch nicht abgeschlossen. Details zu den laufenden Verhandlungen könne man grundsätzlich nicht kommentieren.
Der Präsident von Haus und Grund Deutschland, Kai Warnecke, beobachtet, dass viele Immobilienbesitzer gerne energetisch sanieren würden - doch an der Finanzierung scheitern. Die Konsequenzen aus dem aktuellen Gesetzesentwurf könnten für Einkommensschwächere gravierende Auswirkungen haben: "Bei denen tritt jetzt Verzweiflung pur auf. Verzweiflung, dass sie vielleicht nicht mehr in ihrem Haus wohnen bleiben können und dort raus müssen."
So geht es auch Rentnerin Bolte aus der Oberpfalz im Osten Bayerns. Sie hofft auf Hilfe von der Politik. Da sie nicht weiß, wie sie eine neue Heizungsanlage finanzieren sollte, sucht sie Hilfe bei ihrem Bürgermeister. Marcus Gradl von der CSU kennt sich aus mit Förderprogramen und deren Problemen: "Ich würde den ganzen Förder-Dschungel als Irrsinn bezeichnen. Wie soll sich der normale Bürger hier zurechtfinden?" Konkret hat er nur einen Tipp für Bolte: Sie solle sich rechtzeitig einen professionellen Energieberater suchen, der sich um die Förderung - sobald sie denn geklärt ist - kümmert. Doch auch den muss sie teilweise selbst bezahlen.