
Altersvorsorge Wie der Immobilienkauf ohne Eigenkapital gelingt
Mit Einkünften aus vermieteten Immobilien fürs Alter vorsorgen: Gerade für Menschen, die wenig Eigenkapital haben, scheint das kaum möglich. Wie es doch klappen kann.
780 Euro Rente würde Seval Duranoglu bekommen, würde sie jetzt in Rente gehen. Die 41-Jährige ist Erzieherin, wohnt in Frankfurt am Main und verdient aktuell 2.700 Euro netto im Monat. Davon finanziert sie ihre laufenden Ausgaben, privat sorgt sie bisher nicht vor. Wenn sie auf ihren Rentenbescheid schaut, wird ihr mulmig zumute: "Wie viel mehr wird es denn, wenn ich dann im Rentenalter bin?"
Mit dem Rentenpaket II hatte die gescheiterte Ampelkoalition im Frühjahr 2024 das Renteniveau mittelfristig auf 48 Prozent festgeschrieben. Ihren aktuellen Lebensstandard könnte Seval Duranoglu damit nicht halten. Allein auf die gesetzliche Rente verlassen will sie sich deshalb nicht, doch auch andere Rücklagen hat die Frankfurterin so gut wie keine. Deshalb will sie eine Wohnung als Altersvorsorge kaufen.
Aufwand nicht unterschätzen
"Eine vermietete Immobilie generiert regelmäßige Zahlungsflüsse, die dann im Alter die Rente aufstocken können, zumindest für den Fall, dass keine oder nur noch geringe Kreditzahlungen notwendig sind", erklärt Philip Schnorpfeil von der Frankfurter Goethe Universität. Er betont: Eine solche Investition kann "besonders sinnvoll sein für Haushalte, die Kapitalmarktanlagen unattraktiv oder abschreckend finden".
Allerdings betont Schnorpfeil auch, dass ein solches Investment mit Risiken verbunden ist: "Eine Immobilie zu kaufen und zu verwalten ist aufwendig. Das Management von Mietern und Instandhaltungen kann auch mühsam sein." Und nicht nur der zeitliche Aufwand müsse berücksichtigt werden - auch finanziell kann der Kauf einer Immobilie eine Belastung werden.
Wohnung in der Nähe kaufen
Dass Seval Duranoglu eine Immobilie kaufen möchte, steht für sie fest. Für sie ist wichtig, dass die Wohnung in Frankfurt am Main liegt - dort, wo sie selbst auch wohnt. "Erstens bin ich um die Ecke. Und zweitens werde ich immer jemanden finden, der eine Wohnung braucht", sagt sie.
"Eine Verwaltung aus der Ferne ist häufig schwieriger, insbesondere bei der Suche nach Mietern oder der Kontrolle von Handwerkern", betont auch Experte Schnorpfeil. Zumal die Stadt Frankfurt Potenzial bietet: Frankfurt am Main soll Schätzungen zufolge bis 2045 um noch weitere 90.000 Menschen wachsen.
Lage, Lage, Lage
Damit ist Frankfurt aus Sicht der Immobilienbranche eine attraktive Stadt zum Investieren, denn man hat dort praktisch kein Leerstandsrisiko. Innerhalb der Branche werden - ohne offizielle Definition - Städte oft in Kategorien von A bis D eingeteilt. A-Lagen sind Metropolen mit internationaler Bedeutung und sehr hoher Immobiliennachfrage. Neben Frankfurt gehören dazu auch Städte wie Berlin, München oder Hamburg.
Die schlechtesten Lagen sind aus Sicht der Branche D-Lagen: Es gibt dort oft ein Überangebot an Wohnungen, die Gegend ist eher strukturschwach und es gibt das Risiko auf Leerstand. Dazu gehören etwa Kempten im Allgäu, Koblenz oder Paderborn, wie eine Liste von Immoheld zeigt.
Umgebung der Wohnung ist wichtig
Neben der Stadt selbst ist auch die Umgebung der Wohnung wichtig. Diese wird in der Immobilienbranche als Mikrolage bezeichnet: Gibt es Restaurants, Supermärkte, eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr? "Eine gute Mikrolage reduziert das Risiko von Leerstand und Wertverlust", erklärt Philip Schnorpfeil von der Goethe Universität.
Im Frankfurter Stadtteil Bornheim, wo Seval Duranoglu gemeinsam mit Makler Marco Verkic eine Wohnung besichtigt, gibt es all das. Doch auch zu einem hohen Preis: 18 Quadratmetern für den Angebotspreis 190.000 Euro. Das liegt über Seval Duranoglus Budget: "Realistisch gesehen suche ich eine Ein- bis Zwei-Zimmer Wohnung in Frankfurt zwischen 100.000 und 150.000 Euro."
Finanzierung von Kaufpreis und Nebenkosten
Mit Finanzberaterin Claudia Müller hat Seval Duranoglu ihre finanzielle Situation analysiert, über Ausgaben, Einnahmen und Erspartes gesprochen. Das Ergebnis: Von Seval Duranoglus 2.700 Euro Einkommen bleibt am Ende des Monats fast nichts übrig. Und auch ihre Ersparnisse von 10.000 Euro wachsen kaum. Deshalb muss sie den Immobilienkauf mit einem Kredit finanzieren. "Wenn ich überlege, dass ich so einen hohen Kredit aufnehmen muss, dann ist mir schon ein bisschen flau im Magen", sagt sie.
Zumal sie nicht nur den Kaufpreis der Immobilie mit einem Kredit finanzieren muss - auch Kaufnebenkosten, die für Notar, Makler und den Grundbucheintrag anfallen, werden mit von der Bank geliehenem Geld bezahlt. Das ist riskant. Denn ohne Eigenkapital hat man als Vermieter keinen Puffer, um unerwartete Kosten zu bezahlen, etwa bei einem Rohrbruch. Das könne im schlimmsten Fall zu einer Überschuldung führen: "Durch eine üblicherweise hohe monatliche Belastung gibt es wenig Spielraum bei Mietausfällen oder Zinssteigerungen", so Experte Schnorpfeil.
Miete, die den Kredit ausgleicht
Deshalb sucht Seval Duranoglu nach einer renovierten Immobilie, die bereits vermietet ist: "Ich will eine Wohnung haben, wo ich die ersten fünf Jahre oder zehn Jahre nichts machen muss." Bei der Suche nach einem solchen Objekt sei wichtig, dass die Wohnung potenziellen Mietern gefällt, ohne dass man vorher viel Geld in eine Sanierung stecken muss, rät Makler Marco Verkic.
Eine für sie passende Wohnung findet Seval Duranoglu im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen: Inklusive der Kaufnebenkosten kostet die Wohnung 112.000 Euro. "Zum Glück habe ich eine gute Miete, die gleicht sich mit dem Kredit aus", sagt sie. Mit einer Kaltmiete von 480 Euro und einem Hausgeld von 170 Euro, das sie auf den Mieter umlegen kann, trägt sich die Wohnung komplett selbst.
Kredit ohne Eigenkapital?
Um die Wohnung zu kaufen, nimmt Seval Duranoglu einen Kredit für eine 110-Prozent-Finanzierung auf, der über zehn Jahre läuft: "Damit ich in zehn Jahren noch mal überlege: Will ich meinen Kredit verlängern? Will ich es vielleicht verkaufen?", sagt sie. Das heißt, dass sie über zehn Jahre einen vorher festgelegten Zinssatz für den Kredit bezahlt. "Ein Festzins erhöht die Planbarkeit, insbesondere wenn sich die Immobilie überwiegend durch Mieteinnahmen selbst tragen soll", so Schnorpfeil.
Ganz ohne Eigenkapital eine Immobilie finanzieren ist für Seval Duranoglu möglich, weil sie trotz fehlender Rücklagen einen Kredit von der Bank bekommt. Das liegt zum einen an ihrem Beruf: Als Erzieherin arbeitet Seval Duranoglu in einem systemrelevanten Job, bei dem es unwahrscheinlich ist, dass sie arbeitslos wird. Außerdem hat die 41-Jährige finanziell eine reine Weste, sie hat keine Konsumkredite oder Schulden. Und auch die Immobilie selbst spielt bei einer solchen Betrachtung eine Rolle: Sie ist auch Sicht der Bank solide.
Trotzdem ist eine 110-Prozent Finanzierung auch immer mit höheren Kosten verbunden. Denn je mehr Eigenkapital man als Käufer einbringt, desto niedriger sind in der Regel die Zinsen, die man für den Kredit an die Bank zahlt.