Ein Kugelschreiber liegt auf einem Antrag zum Abschließen einer Lebensversicherung.
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Garantiezinsen dürften steigen Lohnt sich eine Lebensversicherung wieder?

Stand: 07.09.2024 15:26 Uhr

Eine kapitalbildende Lebensversicherung ist für viele Sparerinnen und Sparer Teil ihrer Vorsorge. Durch die niedrigen Zinsen lohnte sie sich in den vergangenen Jahren immer weniger. Ändert sich das gerade?

Von Andreas Braun, ARD-Finanzredaktion

Über viele Jahre Geld ansparen und gleichzeitig noch die Familie absichern - die klassische Lebensversicherung galt einmal als ein wichtiger Baustein der Vermögensbildung. Laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) lag der Bestand aller Lebensversicherungsverträge 2023 bei 80,7 Millionen.

"Höchstrechnungszins" steigt wieder

Das Neugeschäft mit der klassischen Kapitallebensversicherung lief in der langen Phase, in der die Zinsen, die am Kapitalmarkt nahe null lagen, eher schlecht. Doch womöglich hat das gestiegene Zinsniveau der Branche nun ein wenig Aufwind beschert. Denn inzwischen können Versicherte wieder mit etwas mehr Rendite auch bei dieser Form der Kapitalbildung rechnen. Der so genannte "Höchstrechnungszins" den Bundesfinanzministerium und Finanzaufsicht BaFin festlegen, soll im kommenden Jahr von 0,25 auf 1,0 Prozent steigen. Das ist die erste Erhöhung seit rund 30 Jahren (siehe Grafik).

An diesem Höchstrechnungszins orientieren sich in der Regel die garantierten Verzinsungen neuer Versicherungsverträge. Dazu besteht dank des günstigeren Zinsumfelds auch die Aussicht auf höhere Überschussbeteiligungen, die der Versicherer aus seinen Erträgen an die Kunden ausschütten muss. Nicht zuletzt bietet eine klassische Lebensversicherung zumeist auch einen Hinterbliebenenschutz. Derzeit locken die Versicherungskonzerne bereits Kunden mit so genannten "Umstellungstarifen". Dabei können Neukunden bereits jetzt einen Vertrag abschließen, werden aber 2025 automatisch auf die neuen, vermeintlich besseren, Konditionen umgestellt.

Kein Grund allerdings für übereilte Entscheidungen für einen der Tarife, meint zumindest die Stiftung Warentest in einer aktuellen Mitteilung. Man solle "lieber abwarten, wie sich die Angebotslandschaft im nächsten Jahr entwickelt - und dann vergleichen".

"Kosten fressen Zinserträge auf"

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält eine klassische Kapitallebensversicherung insgesamt für keine gute Idee: "Es bleibt ja unterm Strich so, dass die Produkte sehr, sehr teuer sind und dass die garantierten Zinserträge quasi von den Kosten aufgefressen werden", so der Experte. "Dann kann man zwar hoffen auf Überschüsse in den nächsten Jahren, aber die sind nicht zuletzt auch deshalb ungewiss, weil sie teilweise bei den Versicherern verbleiben, bei den Sparenden also nicht ankommen."

Experte Nauhauser empfiehlt, zur Kapitalanlage lieber in kostengünstigere Alternativen zu investieren. Dazu gehöre etwa, mit breit gestreuten Indexfonds auf den Aktienmarkt zu setzen. Hier seien die Chancen auf Wertzuwächse zudem deutlich höher. Auch die Investition in die gesetzliche Rente, etwa über Sonderzahlungen, hält Nauhauser für sinnvoller.

Risikoschutz mit separater Versicherung

Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich dennoch mit einer Versicherungslösung absichern wollen, können zweigleisig fahren, erläutert Björn Zollenkop, Versicherungsexperte beim Vergleichsportal Check24. Man solle lieber zwei getrennte Versicherungen abschließen: "Das eine ist der Risikoschutz. Also für den Fall dass jemand stirbt und man für die Familie noch einen Schutz hat", so Zollenkop. "Bei einer Risikolebensversicherung bekommt man relativ hohe Summen für wenige Euro im Monat." Über Vergleichsportale wie Check24 oder Verivox lassen sich hier Tarife nach verschiedenen Kriterien überprüfen.

Neben einer solche Risikolebensversicherung könne man dann noch in eine private Rentenversicherung einzahlen, so der Experte. Vor allem, wenn man möglichst kostengünstige Produkte auswähle und über fondsgebundene Rentenversicherungen zumindest einen Teil der Renditechancen am Aktienmarkt nutze.

Steuervorteile bei Rentenzahlung

Zudem winken bei der Verrentung im Alter Steuervorteile: "Wenn Sie eine Rentenversicherung länger halten, also zwölf Jahre bis mindestens zum 62. Lebensjahr, dann wird nur der sogenannte Ertragsbestandteil bei der Rentenzahlung versteuert", so Zollenkop. "Das sind dann zum Beispiel nur 20 Prozent, die Sie dann mit Ihrem jeweils gültigen Steuersatz versteuern müssen."

Wer heute noch eine klassische Lebensversicherung bespart, steht damit oft vor der Frage: Behalten und bis zur Auszahlung warten? Oder wegen der niedrigen Rendite und hohen Kosten doch lieber kündigen? Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort, meinen die Fachleute. Denn wer einen Altvertrag hat, kann zum Teil mit Zinsen von bis zu vier Prozent und zusätzlichen Überschussbeteiligungen rechnen.

Keine Angst vor Verlusten

Vor einer so wichtigen Entscheidung sollte eine gründliche Prüfung des Vertrages stehen, zum Beispiel bei einer Verbraucherzentrale: "Aufgrund der Ergebnisse kann man dann entscheiden, die Versicherung beitragsfrei zu stellen, weil sich weitere Einzahlungen nicht lohnen, während das angelegte Kapital gut verzinst wird", so Niels Nauhauser.

"Oder man kommt zu dem Ergebnis, dass sich auch das angelegte Kapital nicht rentiert und es daher rentabler ist, den Rückkaufswert in Zukunft anderweitig besser anzulegen." Aus Angst vor Verlusten durch hohe Kosten solle man aber nicht vor einer Kündigung zurückschrecken.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der SWR in der Sendung "Marktcheck" am 27. Februar 2024 um 20:15 Uhr.