Selbst erzeugte Energie Lohnt sich das Windrad fürs eigene Dach?
Beim Strom Geld sparen - das geht auch mit eigenen Mini-Windkraftanlagen. Vom Windrad im Reihenhaus-Garten raten Experten allerdings ab. Der Standort ist entscheidend.
Christiane Pflug hat eine Mühle im Vogelsberg gekauft. Strom aus Wasserkraft gab es hier früher. Heute stehen im Mühlenkeller Batterien. Sie speichern Strom unter anderem aus einem Windrad. Für sie zählt jedes Watt. Hinter dem Haus, auf einer kleinen Anhöhe, steht das Rad. "Seit einem Jahr", erzählt sie und fügt dann stolz hinzu: "selbstgebaut".
Acht Meter ragt das Windrad aus Holz in die Höhe. Leicht dreht es sich im Wind. Zusammen mit dem Konstrukteur Jonathan Schreiber hat sie ihr Rad gebaut. Der Österreicher reist durch Deutschland und bietet Workshops an. Doch nicht jedem würde er den Bau empfehlen. "Es braucht vor allem einen windigen Standort, der von der Hauptrichtung keine Hindernisse hat. Und bitte keine Bäume direkt davor," sagt er. Die Erwartungen sind oft zu euphorisch. Der Konstrukteur muss manchmal den Bau ablehnen.
Erwartungen oftmals enttäuscht
Das Angebot auf dem Markt der kleinen Windkraftanlagen reicht von kleinen Propellern für unter 200 Euro bis zu höchst professionellen, die man auf ein Fundament im Garten stellt und die schon mal 40.000 Euro und mehr kosten können. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat sich intensiv mit solchen Kleinwindkraftanlagen beschäftigt. Ihr Fazit: den meisten Interessenten ist derzeit von einem Kauf abzuraten.
Der zuständige Energieberater Stefan Hoffmann verweist auf die "falschen Erwartungen", die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten. "Die versprochenen Maximalleistungen werden meist nicht erreicht, im Binnenland schon gar nicht," sagt er. Seine Rechnung: bei einem Propellerdurchmesser von einem Meter und einer Rotorenfläche von 0,8 Quadratmeter kommt am Ende ein Stromwert von etwa 33 Euro pro Jahr heraus. "Eine Rechnung, die bei hohen Investitionen nicht aufgeht."
Probleme durch Vibrationen und Geräusche
Christiane Pflug aus dem Vogelsberg wird an ihrem windreichen Standort etwa einen Ertrag von 1000 Kilowatt Stunden jährlich erzielen. Ihr Vorteil: Sie hat keine unmittelbaren Nachbarn, lebt mitten auf dem Land. Wer in bebauten Gegenden lebt, ist in einer anderen Situation. "Wenige Hundert Watt, mehr ist nicht drin", sagt Stefan Hoffmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zur Leistung, die dann zu erwarten ist.
Er und auch Konstrukteur Jonathan Schreiber raten von einem Standort im Garten eines Reihenhauses oder auf dem Eigenheimdach ab. Denn Vibrationen und Geräusche bringen schlaflose Nächte - nicht nur dem Hausbesitzer, sondern auch den Nachbarn. Der Bundesverband der Kleinwindkraftanlagen verweist zudem auf Verwirbelungen in Hausnähe, die Erträge schmälern.
Anlagen müssen angemeldet werden
Auch kleine Anlagen müssen beim Stromnetzbetreiber und der Bundesnetzagentur angemeldet werden. Und je nach Bundesland gibt es andere Vorschriften. Entscheidend sind die Landesbauverordnungen.
Grundsätzlich gilt: immer mehr Bundesländer, so wie Hessen, erlauben eine Masthöhe bis zu zehn Meter ohne Genehmigung. Allerdings gibt Martin Maslaton, Fachanwalt für Energierecht zu bedenken: "Schall, Schatten und Statik müssen eingehalten werden, selbst dann, wenn es keine Genehmigungsverfahren gibt."
Windkraft kann Stromlücken füllen
Auch wenn die Kleinstwindanlagen nicht die perfekte Windausbeute liefern, können sie bei idealem Standort zum "Lückenfüller" werden. Wenn die Photovoltaikanlage nicht läuft - nachts oder im Winterhalbjahr -, stopft dann das Windrad die Stromlücke. "Für mich ist es bei der Energieversorgung das Sahnehäubchen", sagt Christiane Pflug. "Wenn der Strom in der Batterie knapp wird, hat der Wind einen beruhigenden Effekt auf mich."
Was sich mancherorts auch schon drehen mag - Selbstläufer sind kleine Windräder längst noch nicht. Und wenn sie Energie bringen, dann am effektivsten auf einem freistehenden Mast, am besten auf einem Hügel mit gutem Windeinfall.