Strompreise Höheres Netzentgelt vorerst kaum weitergegeben
Nach dem Wegfall des Netzentgelt-Zuschusses könnte der Anstieg der Strompreise geringer als befürchtet ausfallen - zumindest vorerst. Aber eine Entwarnung ist das nicht, spätere Erhöhungen sind wahrscheinlich.
Mehrere Stromversorger haben angekündigt, die Erhöhung der Netzentgelte vorerst nicht an ihre Kunden weiterzugeben. So lautet das Ergebnis einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa unter ausgewählten Versorgern und Stadtwerken in Deutschland.
Zu den Versorgern, die zunächst keinen Preisaufschlag vornehmen wollen, gehört danach auch E.ON mit sechs Millionen Stromkunden in Deutschland. Dass es später noch zu einer Erhöhung komme, schloss das Unternehmen aber nicht aus. Gegenwärtig gebe es noch keine Entscheidung. Auch die regionalen Versorger in Leipzig, Dresden, Hannover und Nürnberg kündigten an, die Preise trotz der höheren Netzentgelte stabil zu halten.
Netzentgelte werden umgelegt
Die Bundesregierung hatte im Dezember im Zuge der Haushaltskrise beschlossen, den Bundeszuschuss zum Netzentgelt in Höhe von 5,5 Milliarden Euro 2024 zu streichen. Die vier großen Fernleitungsbetreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und Transnet BW kündigten daraufhin an, die Netzentgelte zum Jahreswechsel von 3,1 auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde mehr als zu verdoppeln. Die Netzentgelte werden üblicherweise auf die Strompreise umgelegt.
Dass die höheren Netzentgelte, die bereits seit 1. Januar gelten, nicht sofort auf den Strompreis der Verbraucher aufgeschlagen wurden, liegt allerdings an der Kurzfristigkeit der Entscheidung: Erst am 13. Dezember hatte die Ampelkoalition beschlossen, den Zuschuss zum Stromnetz zu streichen, die Fernleitungsbetreiber haben daraufhin die Netzentgelte zum Jahreswechsel erhöht.
Wegen der kurzen Frist sei es den Versorgern nicht möglich gewesen, dies bereits zum 1. Januar an ihre Kunden weiterzugeben, sagte Kerstin Andreae, die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). In der Grundversorgung müssten Erhöhungen sechs Wochen vorher angekündigt werden, bei anderen Verträgen in der Regel mindestens einen Monat vorher.
"Der Strompreis wird steigen"
Im Einzelnen halten mehrere Versorger die Preise zunächst stabil. Die Leipziger Stadtwerke, Enercity aus Hannover und SachsenEnergie aus Dresden erklärten danach, dass man auf eine Erhöhung komplett verzichten wolle. Auch N-Ergie aus Nürnberg versicherte, die gestiegenen Netzentgelte vorerst nicht umzulegen.
In Einzelfällen wollen Anbieter die Preise sogar senken: der Dortmunder Versorger DEW21 zum 1. März in der Grundversorgung, die in Frankfurt am Main ansässige Eon-Tochter Süwag zum 1. Mai.
RheinEnergie aus Köln und die Stadtwerke Göttingen kündigten dagegen an, die Preise zum 1. April zu erhöhen. Man werde die gestiegenen Netzentgelte komplett an die Kunden weitergeben, hieß es bei beiden. Allerdings machten die meisten der 26 von der dpa befragten Versorger noch keine konkreten Angaben. Ein Sprecher der Stadtwerke München fügte allerdings hinzu: "Klar ist jedoch bereits: Der Strompreis wird steigen."
BDEW erwartetet höhere Preise
BDEW-Hauptgeschäftsführerin Andreae geht davon aus, dass die meisten Versorger die Erhöhung demnächst nachholen werden. Dass einige Versorger die Preise dennoch stabil halten oder sogar senken, erklärte sie mit den zuletzt gesunkenen Beschaffungskosten. "Da die Beschaffungsstrategien der Energieversorger sehr unterschiedlich sind, können im Einzelfall günstigere Beschaffungskosten eventuell die gestiegenen Netzentgelte teilweise kompensieren."
Auch die Erhöhung der Netzentgelte schlägt nach Berechnungen des auf Energieunternehmen spezialisierten IT-Dienstleisters Enet weniger stark als befürchtet auf durch: Von den 3,3 Cent pro Kilowattstunde, die bei den Fernleitungen aufgeschlagen wurden, kämen bei lokalen Verteilnetze, an denen die Haushalte hängen, im Schnitt nur 1,1 Cent an, hat das Unternehmen aus Hückelhoven in Nordrhein-Westfalen nach Auswertung der regionalen Preisblätter errechnet. Damit falle die Erhöhung für Privatkunden glimpflicher aus als zunächst befürchtet.
Im Schnitt bedeute das für einen typischen Familienhaushalt mit 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch noch eine Mehrbelastung von knapp 38 Euro pro Jahr. Das sei aber deutlich weniger, als viele zunächst befürchtet hatten.