Der Ausschnitt der Internetseite eines Online-Shops auf einem Computer-Bildschirm.

Einzelhandel in der Pandemie Wer profitiert vom Online-Boom?

Stand: 06.01.2021 11:38 Uhr

Der Online-Handel in Deutschland hat zum Jahresende 2020 noch einmal kräftig zugelegt - um fast ein Viertel. Das Weihnachtsgeschäft und der Lockdown haben für einen Schub gesorgt. Wer sind die Profiteure?

Der Online-Handel boomt wie nie zuvor. Im vierten Quartal 2020 ist in Deutschland vor allem der Umsatz mit Lebensmitteln extrem gewachsen. Laut dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) lagen die Erlöse um 83 Prozent über dem Vorjahresniveau. Davon dürften vor allem die Einzelhändler Edeka und Rewe profitiert haben, die auch Lieferdienste anbieten. Insgesamt fielen die Online-Umsätze um fast 24 Prozent höher aus als im Vorjahreszeitraum.

Details nennen die Firmen nicht, denn als private und nicht an der Börse notierte Unternehmen müssen sie keine Auskünfte zum Geschäftsverlauf geben. Sie bestätigen allerdings, im Online-Handel höhere Umsätze verzeichnet zu haben.

Kräftige Zuwächse im Drogeriebereich

Auch im Drogeriebereich wurde im vierten Quartal ein kräftiges Plus von knapp 47 Prozent verzeichnet, bei Medikamenten betrug der Zuwachs sogar 53,5 Prozent. In diesen Segmenten spielt der Online-Handel allerdings eine vergleichsweise geringe Rolle, so dass das stürmische Wachstum auf niedrigem Niveau stattfand. Aber auch Möbel, Lampen und Dekoration seien deutlich häufiger im Internet gekauft worden, berichtet der Branchenverband.

Kräftig zugelegt haben zudem Sparten, in denen sich der Online-Handel schon erhebliche Marktanteile gesichert hat. So wuchs der Online-Handel mit Bekleidung im Weihnachtsquartal um rund 26 Prozent. Zwölf Monate zuvor hatte das Plus noch bei sechs Prozent gelegen.

Otto und Zalando frohlocken

Deutschlands zweitgrößter Online-Shop Otto.de hatte bereits zum Wochenanfang von einem Rekord-Weihnachtsgeschäft berichtet. Im Vergleich zum Weihnachtsgeschäft 2019 sei die Anzahl der Bestellungen um fast 60 Prozent gestiegen, meldete das Unternehmen. "Bereits im Oktober und November lagen wir teils deutlich über dem Niveau von 2019. Dieser Trend hat sich in den zwei Wochen vor Weihnachten noch einmal massiv verstärkt", sagt Marc Opelt, Vorsitzender des Otto-Bereichsvorstands. Die umsatzstärksten Produkte waren dabei Mobiltelefone, Fernseher, Sofas, Notebooks und Schuhe.

Zalando, Europas Nummer eins im Online-Modehandel, hatte Anfang Oktober zum zweiten Mal seine Jahresprognose angehoben. Auch die letzten Quartalszahlen waren stark ausgefallen. Wie sehr das Berliner Unternehmen vom Boom des Onlinehandels profitiert, zeigt auch ein Blick auf den Aktienkurs: Der hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt. Dabei wandelt sich der Konzern gerade von einem reinen Händler zu einem Plattform-Anbieter.

Das Zalando-Logo auf einem Karton

Bei Zalando, Europas Nummer eins im Online-Modehandel, brummt das Geschäft.

Delivery Hero und HelloFresh sind Börsenstars

Aktuell bieten etwa 2.000 Läden ihre Waren über die Zalando-Website an. Aufgrund der Corona-Pandemie führte der Modehändler zudem ein spezielles Hilfsprogramm für Modeläden ein. Zalando verzichtet bis zum Ende des ersten Quartals 2021 auf Provisionszahlungen und bietet wöchentliche Zahlungsintervalle an. Ziel ist es laut Management, die Liquidität der Händler zu unterstützen, die ihren Offline-Bestand auf der Zalando-Plattform verkaufen.

Weil Restaurants weiterhin geschlossen sind und die Menschen zu Hause essen müssen, brummt auch beim Essenslieferant Delivery Hero und beim Kochboxenversender HelloFresh das Geschäft. Letzterer hat im dritten Quartal seinen Gewinn mehr als verdreifacht, den Umsatz verdoppelt. Bei Delivery Hero stieg der Umsatz im dritten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahr um 99 Prozent auf 776 Millionen Euro. Beide Aktien waren im letzten Jahr die Stars am deutschen Aktienmarkt. Delivery Hero legten um 80 Prozent zu, HelloFresh sogar um knapp 239 Prozent.

Gemüse

Zu den Profiteuren der Corona-Pandemie gehört auch der Kochboxenversender HelloFresh.

Hauptprofiteur Amazon in der Kritik

Weltweit hat allerdings kaum ein Unternehmen so sehr von den Ausgangsbeschränkungen und Schutzmaßnahmen rund um die Corona-Pandemie profitiert wie Amazon. Der Umsatz stieg allein im dritten Quartal um 37 Prozent auf 96 Milliarden Dollar. Der Gewinn verdreifachte sich sogar auf den bisherigen Rekordwert von 6,3 Milliarden Dollar. Für das vierte Quartal erwartete Amazon Rekorderlöse zwischen 112 und 121 Milliarden Dollar. Das wäre ein Wachstum gegenüber 2019 von bis zu 38 Prozent.

Allerdings gilt Amazon aus Sicht der Gewerkschaften als ein "Lohndrücker", der sich bis heute weigert, den Tarifvertrag im Versandhandel anzuerkennen. Seit Jahren kommt es deshalb immer wieder zu Arbeitsniederlegungen in den deutschen Verteilerzentren des US-Konzerns.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Januar 2021 um 23:36 Uhr.