EU-Verordnung Was das Recht auf Reparatur bedeutet
Oft ist eine Reparatur schwierig, wenn das Smartphone oder der Staubsauger älter als zwei Jahre sind. Die EU nimmt die Hersteller in die Pflicht: Sie müssen künftig auch ältere Elektrogeräte reparieren.
Mehr als ein halbes Jahr musste Wilfried K. auf ein neues Saugrohr für seinen Dyson-Sauger warten. Kurz nach Ablauf der Garantiezeit von zwei Jahren brach plötzlich das alte ab. Mehrere Anrufe und E-Mails an den Hersteller blieben erfolglos. Mal war von einer "leichten Verzögerung", mal von "außergewöhnlich hohem Auftragseingang" oder dann wieder von "Lieferengpässen" die Rede. So wie K. geht es vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Nationale Umsetzung bis Sommer 2026
Bislang schienen Händler und Hersteller wenig Interesse daran zu haben, ihre defekten Geräte nach Ablauf der zweijährigen gesetzlichen Gewährleistungsfrist oder der Garantielaufzeit zu reparieren. Lange Wartezeiten für Ersatzteile, Lieferengpässe oder schlicht keine Verfügbarkeit sowie teilweise hohe Preise für Ersatzteile haben Reparaturen für Verbraucherinnen und Verbraucher daher oft unattraktiv gemacht.
Laut einer EU-Umfrage wollen drei Viertel aller EU-Bürgerinnen und -Bürger ihre Elektrogeräte aber eigentlich lieber reparieren als wegwerfen. Mit dem schon lange geforderten Recht auf Reparatur will die EU diesem Interesse nun nachkommen. Seit Juli ist es in Kraft. In Deutschland soll es bis zum Sommer 2026 in nationales Recht umgesetzt werden.
Was bedeutet Recht auf Reparatur?
Mit der neuen EU-Verordnung haben Verbraucherinnen und Verbraucher künftig das Recht, auch mehr als zwei Jahre alte kaputte Elektrogeräte vom Hersteller reparieren zu lassen, wenn die Geräte reparierbar sind und die Reparatur nicht teurer ist als ein Ersatzgerät. Hersteller von Waschmaschinen, Handys oder Staubsaugern müssen demnach künftig Ersatzteile vorrätig haben, diese binnen 15 Tagen liefern können und zu einem "angemessenen" Preis anbieten.
Was ein angemessener Preis ist, sei jedoch Auslegungssache und müsse besser definiert werden, fordern die Verbraucherzentralen. "Die Wirtschaft sieht das anders als die Verbraucher. Das muss man nochmal konkretisieren, sonst führt das dazu, dass Hersteller machen, was sie wollen", meint Keo Sasha Rigorth vom Verbraucherzentrale Bundesverband.
Welche Geräte sind betroffen?
Gelten soll die neue EU-Verordnung für Geräte wie Waschmaschinen, Staubsauger, Kühlschränke, Trockner, Smartphones und schnurlose Telefone, Tablets , Server sowie Datenspeicher. Kleine Elektrogeräte wie Kopfhörer, Toaster oder auch Kaffeemaschinen sind von der Regelung ausgeschlossen. Allerdings kann die Liste der Produkte laut EU im Laufe der Zeit noch erweitert werden.
Ursprünglich sollten auch Autos mit einbezogen werden. Denn hier kommt es ebenfalls immer wieder zu monatelangen Wartezeiten für Ersatzteile. Das wurde von der EU allerdings verworfen.
Mehr Nachhaltigkeit durch "Recht auf Reparatur"
Das Ziel der Verordnung ist mehr Nachhaltigkeit. Wegwerfen statt Reparieren schadet der Umwelt. Die Folge: jedes Jahr Millionen Tonnen Elektroschrott in der EU. Über zehn Kilogramm Elektroschrott fallen jährlich pro Kopf allein in Deutschland an. Und das kostet viel Geld. Denn die defekten Geräte müssen ja ersetzt werden.
So entstanden Verbraucherinnen und Verbrauchern, die anstelle von Reparaturen Neuanschaffungen vornehmen, nach Angaben des EU-Parlaments Verluste von etwa zwölf Milliarden Euro pro Jahr an. Das nächste Problem: die teilweise erheblich unterschiedlichen Preise für die Ersatzteile.
Oft große Preisunterschiede bei Ersatzteilen
Dass es bei Ersatzteilen extreme Preisunterschiede geben kann, weiß auch Steffen Vangerow. In seinem Reparaturbetrieb repariert er alles - vom Thermomix bis zum iPhone. "Reparieren ist in vielen Fällen günstiger als ein Neugerät", sagt er. "Und es ist eigentlich fast immer besser für die Umwelt, denn es wird einfach deutlich weniger Ressource verbraucht, wenn ich nur ein kleines Teil austausche - und nicht das gesamte Gerät." Große Preisunterschiede gibt es vor allem zwischen Original-Ersatzteilen und nachgebauten Ersatzteilen anderer Hersteller.
Beispiel Geschirrkörbe bei Spülmaschinen: Ein Electrolux-Geschirrkorb kostet Steffen Vangerow als Original-Teil 99,36 Euro mit Versand. Der Nachbau eines anderen Herstellers dagegen nur 54,75 Euro - um fast die Hälfte günstiger. Und die Qualität? "Für mich ist da eigentlich im Prinzip überhaupt kein Unterschied erkennbar", so der Fachmann. Außer im Preis. Electrolux berichtet auf SWR-Nachfrage, dass ihre Preise, die Qualität widerspiegeln würden.
Ein weiteres Beispiel: Türmanschetten von Waschmaschinen. Ein Ersatzteil für eine Bosch/Siemens-Maschine kostet Vangerow 113,44 Euro. Das Nachbauteil kostet nur einen Bruchteil des Originals, 16,90 Euro. Auf Nachfrage bei Bosch/Siemens heißt es zum Preisunterschied, dass beim Originalprodukt noch Spannringe dabei seien. Das stimmt, doch die kosten nur circa 17 Euro.
Reparatur-Bonus in einigen Bundesländern
Die neue Verordnung schreibt den EU-Staaten derweil vor, dass mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen ergriffen werden muss. Das können etwa Zuschüsse sein, mit denen sich der Staat an den Reparaturkosten beteiligt. In Deutschland gibt es solch einen bundesweiten Reparaturbonus noch nicht.
In einzelnen Bundesländern gibt es allerdings bereits Kostenerstattungen: in Thüringen etwa bis zu 100 Euro Kostenerstattung bei Reparaturen von Elektrogeräten. In Sachsen und seit kurzem in Berlin gibt es sogar bis zu 200 Euro. In Thüringen wurden zwischen 2021 und 2023 bereits über 33.000 Reparaturen bezuschusst. In Sachsen seit rund einem Jahr rund 20.000.
Auch viele EU-Länder fördern bereits Reparaturen für Verbraucherinnen und Verbraucher. So gibt es in Österreich einen landesweiten Reparaturbonus: mit ebenfalls maximal 200 Euro pro Reparatur. Er gilt für die meisten elektronischen Haushaltsgeräte und sogar für Fahrräder. In anderen EU-Ländern wie Belgien, Niederlande und Schweden gilt für bestimmte Reparaturen ein niedrigerer Mehrwertsteuersatz.