Sammelklage im Dieselskandal VW verhandelt über Vergleich
Bekommen Hunderttausende Dieselkunden in Deutschland Schadenersatz von VW? Im ersten Musterprozess zeichnete sich lange keine Entscheidung ab. Doch jetzt kommt Bewegung in den Streit.
Im Musterverfahren wegen des Dieselskandals haben Volkswagen und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) Verhandlungen über einen Vergleich für die betroffenen Kunden vereinbart. Das teilten VW und der vzbv mit. Damit erhöhen sich die Chancen der rund 444.000 teilnehmenden Kläger, Ansprüche gegen VW wegen des Wertverlusts ihrer Autos im Abgasskandal durchzusetzen.
"Gemeinsames Ziel von vzbv und Volkswagen ist eine pragmatische Lösung im Sinne der Kunden", hieß es in der kurzen Mitteilung. Die Gespräche seien in einem sehr frühen Stadium. "Ob es zu einem Vergleich kommt, ist offen." Mit einer Einigung würde ein jahrelanger Prozessmarathon vermieden und die betroffenen Fahrzeugbesitzer aller Voraussicht nach direkt entschädigt. Wegen der unterschiedlichen Ansprüche der vielen VW-Kunden dürften die Vergleichsverhandlungen allerdings nicht einfach werden.
VW lehnte bislang Vergleichsverhandlungen ab
Vor dem Braunschweiger Oberlandesgericht hatte Ende September das bislang größte Gerichtsverfahren für Dieselkunden begonnen. Der vzbv vertritt dabei die Interessen Hunderttausender Autobesitzer. Experten rechneten bislang mit einem langen Verfahren, das sich inklusive einer Runde beim Bundesgerichtshof über vier Jahre hinziehen könnte. In dem Musterverfahren sollen relevante Fragen ein für alle Mal geklärt werden. Anders als bei Sammelklagen in den USA müssen Verbraucher ihre Ansprüche im Anschluss an ein Musterurteil jedoch noch individuell durchsetzen.
Der Vorsitzende Richter, Michael Neef, hatte bei den ersten Sitzungen bereits für Verhandlungen zwischen dem Autobauer und den Verbraucherschützern geworben. Beide Seiten sollten dies bis Jahresende prüfen. VW hatte einen Vergleich bisher mit Verweis auf mangelnde Vergleichbarkeit der Einzelfälle und ein unvollständiges Klageregister offiziell als "kaum vorstellbar" bezeichnet.
Die Dieselfahrer sehen sich aufgrund der Abgasmanipulationen mit zum Teil drastisch erhöhten Emissionen von Volkswagen getäuscht. In vielen Fällen fordern sie Schadenersatz wegen des gesunkenen Wiederverkaufswertes ihrer Fahrzeuge.
Vor dem OLG Braunschweig hatte im September das bislang größte Gerichtsverfahren für Dieselkunden begonnen.
In den USA zahlte VW Milliarden
Neben dem Musterverfahren in Braunschweig laufen an Gerichten bundesweit weitere separate Prozesse. Mancherorts sprachen Richter den Verbrauchern Entschädigungen oder den kompletten Ersatz des Kaufpreises des Autos zu - oft wurden Ansprüche jedoch abgelehnt.
Im September 2015 hatte Volkswagen nach Prüfungen von Behörden und Recherchen von Forschern in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben. Die Software bestimmter Motoren war so eingestellt, dass im tatsächlichen Betrieb auf der Straße deutlich mehr giftige Stickoxide (NOx) ausgestoßen wurden als in Tests.
Während VW in den USA bereits Milliarden für die Entschädigung von Kunden ausgegeben hat, war der Autobauer dazu in Deutschland bisher nicht bereit und verwies auf eine komplett andere rechtliche Situation.