EU-Sondergipfel in Brüssel Lange Sitzung für mehr Wachstum
Mit mehr Wachstum aus der Krise - so sieht der Weg aus, den die Staats- und Regierungschefs beim EU-Sondergipfel in Brüssel abgesteckt haben. Wie man vorankommen will, blieb allerdings offen. Auch beim Thema Eurobonds gab es keine Bewegung: Frankreich befürwortet sie, Deutschland lehnt sie ab.
Die EU will die Schuldenkrise mit einem verstärkten Fokus auf Wachstumsinitiativen bekämpfen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hätten sich bei ihrem Sondergipfel in Brüssel auf eine "Arbeitsagenda" zu Wachstumsfragen bis Ende Juni verständigt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Nacht zum Donnerstag.
Dabei seien drei Bereiche identifiziert worden: strukturelle Reformen, eine Stärkung des europäischen Binnenmarktes und die Bereitstellung von europäischen Finanzmitteln für Investitionen.
Bei der Diskussion sei Oberbegriff gewesen, "dass wir Konsolidierung der Finanzen und Wachstum nicht als Gegensätze sehen", sagte Merkel. Dies seien vielmehr "zwei Seiten einer Medaille".
Debatte über Eurobonds
Vor dem gemeinsamen Abendessen hatte Frankreichs Präsident Hollande nochmals gefordert, dass "alles auf den Tisch" müsse - und meinte damit auch die von Kanzlerin Merkel strikt abgelehnten Eurobonds.
Feines Essen bei harten Gesprächsthemen: Beim EU-Gipfel gab es für die 27 Staats- und Regierungschefs Filet vom Peterfisch und als Vorspeise Spargel. Ein Schokoladendessert auf Brüsseler Art versüßte ihnen anschließend die zähen Diskussionen über den richtigen Weg aus der Schuldenkrise.
Die Gemeinschaftsanleihen würden angeschlagenen Ländern mehr Spielraum geben, weil sie Kredite zu niedrigeren Zinsen aufnehmen könnten. Deutschland befürchtet aber, dass so seine Zinsen steigen könnten und der Reform- und Sparwille bei einigen Ländern nachlässt.
Merkel sagte, die Diskussion über die Eurobonds sei "ausgewogen" gewesen. Sie habe dargelegt, dass für die Gemeinschaftsanleihen eine "sehr viel stärkere wirtschaftliche Koordinierung der Eurozone" nötig sei und es rechtliche Probleme gebe.
Verschiedene Teilnehmer hätten auch deutlich gemacht, "dass die einheitlichen Zinsen bei der Euroeinführung nicht dazu geführt haben, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Länder besser geworden ist".
EU bekräftigt Solidarität mit Griechenland
Von dem Gipfel gehe ferner auch eine Botschaft an Griechenland aus, ergänzte Merkel: "Wir möchten, dass Griechenland im Euroraum bleibt - setzen aber voraus, dass die Verpflichtungen, die Griechenland eingegangen ist, eingehalten werden." Nun gehe es darum, Instrumente wie den europäischen Strukturfonds so einzusetzen, dass das südeuropäische Land bestmöglich unterstützt werden könne.
Die Sorge in der EU ist groß, dass Parteien vom rechten und linken politischen Rand, die den Reformkurs aufkündigen wollen, die Wahlen am 17. Juni in Griechenland gewinnen. Dann entfiele die Basis für weitere Finanzhilfen und es würde ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone drohen. Deshalb wurde beim Abendessen der Staats- und Regierungschefs offenbar auch diskutiert, ob Griechenland mehr Zeit zur Erfüllung seiner Auflagen aus dem zweiten Griechenland-Hilfspaket bekommen sollte. Dies stieß allerdings auch auf Skepsis.
Milliarden gegen Jugendarbeitslosigkeit
Mit einem milliardenschweren Vorschlag wartete Kommissionschef José Manuel Barroso am Abend in Brüssel auf. 7,3 Milliarden Euro will die EU-Kommission ausgeben, um Jobs für junge Leute zu schaffen. In den von der Wirtschaftskrise besonders gebeutelten Ländern Griechenland und Spanien ist mehr als jeder zweite junge Erwachsene arbeitslos.
Bei ihrem Treffen im Januar hatten die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission aufgefordert, konkrete Ideen gegen die Unterbeschäftigung zu entwickeln. Einige Vorschläge legte Barroso nun auf den Tisch. So sollen Jobs für Jugendliche im griechischen Bausektor entstehen, irische Schulabbrecher sollen weitergebildet werden. Gedacht sind die Mittel für jene acht EU-Länder, in denen die Jugendarbeitslosigkeit zum Jahreswechsel über 30 Prozent lag: Dies sind Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Portugal, die Slowakei und Spanien.
Mindestens 460.000 Jugendlichen sowie 56.000 kleinen und mittelständischen Unternehmen soll die Förderung nach Angaben der EU-Kommission zugutekommen. Das Geld dazu soll aus dem aktuellen EU-Budget für die Jahre 2007 bis 2013 kommen. Dabei geht es um Mittel, die bisher noch nicht verplant waren oder neu zugewiesen werden sollen.