EU-Sondergipfel in Brüssel Dinner mit Appetitverderber
In Brüssel sind die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem Gipfel zusammengekommen. Vor dem Dinner forderte Frankreichs Präsident Hollande nochmal, dass "alles auf den Tisch" müsse - und meinte damit auch die von Kanzlerin Merkel strikt abgelehnten Eurobonds.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Was will Francois Hollande? Diese Frage treibt wohl die meisten Regierungschefs beim abendlichen Dinner in Brüssel um. Der neue französische Präsident hat die Wahlen mit dem Versprechen gewonnen, in Europas Kampf gegen die Krise für frischen Wind zu sorgen. Kurz vor Beginn des Treffens legte er noch einmal nach: "Es wird heute Abend darauf ankommen, alle Ideen für Wachstum auf den Tisch zu legen. Und ich sage, man muss sofort etwas dafür tun."
Denn nur wenn die Staatseinnahmen sprudeln, könne man auch die Schulden abbauen. Beim Motto "Alles auf den Tisch" schließt Hollande auch die umstrittenen Eurobonds ein: Mit gemeinsamen Staatsanleihen aller Eurostaaten, so die Hoffnung, würde sich die Zinslast der Krisenstaaten verringern.
Unterstützung aus Österreich
Auch der österreichische Kanzler Werner Faymann sieht das so: "Zuerst kommt die Fiskaldisziplin, und dann muss man den nächsten Schritt tun", sagte er. "Denn es geht darum, dass wir weniger Zinsen zahlen. Und da kann man nicht sagen, wir sind zufrieden, dass Österreich und Deutschland wenig Zinsen bezahlen. Denn man soll nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt."
Der Präsident des Europäischen Parlaments, SPD-Politiker Martin Schulz, steuerte noch ein tagesaktuelles Argument bei: Deutschland habe sich heute knapp fünf Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 0,0 Prozent leihen können. "Andere Staaten in Europa müssen sechs Prozent zahlen. Dieses Ungleichgewicht zerstört die Europäische Union", sagte Schulz.
Merkel: Ähnliche Zinsen führten zu Fehlentwicklungen
Die Bundeskanzlerin lässt sich durch die zunehmende Phalanx der Eurobond-Anhänger nicht beirren: "Ich weise auf die Rechtslage hin: Die Verträge verbieten eine Übernahme gegenseitiger Haftung", sagte Angela Merkel. "Darunter fallen nach unserer Auffassung auch Eurobonds. Außerdem glaube ich, dass sie kein Beitrag sind, das Wachstum in der Eurozone anzukurbeln. Denn die sehr ähnlichen Zinssätze, die wir über lange Jahre hatten, haben im Grunde zu schweren Fehlentwicklungen geführt."
Auch die Kanzlerin ist natürlich für mehr Wachstum. Aber sie will da ganz andere Wege beschreiten: "Uns geht es um die Vertiefung des Binnenmarkts. Ich werde hier vorschlagen, dass die Mobilität auf dem Arbeitsmarkt verbessert wird, denn in einigen Ländern werden Fachkräfte gesucht und in anderen herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, gerade unter jungen Menschen." Außerdem gehören Reformen bei den Sozialsystemen und den Arbeitsmarktregeln zum Wachstumsmenü der Kanzlerin - und ein verbesserter Einsatz der Europäischen Investitionsbank.
Entschieden werden soll zunächst noch nichts, aber der Weg muss freigeräumt werden für den nächsten Gipfel Ende Juni. Dann soll der Wachstumspakt stehen. Gipfelgastgeber Hermann van Rompuy erhofft sich eine konstruktive und offene Diskussion - aber mit dem starken Willen, Kompromisse zu finden.