Banken in der Schulden- und Vertrauenskrise "Die Menschen trauen Ihnen nicht mehr"
Banken in der Vertrauenskrise: Fehlendes Vertrauen in die Banken, fehlendes Vertrauen untereinander - nicht nur Finanzstaatssekretär Asmussen redete den Bankern bei einem Branchentreffen ins Gewissen. Auch Deutsche-Bank-Chef Ackermann mahnte, der Rückhalt der Gesellschaft sei Grundlage für jeden Geschäftserfolg.
Der künftige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, hat die Banken zu einer "anständigen Grundgesinnung" aufgefordert. Asmussen äußerte im Rahmen der "Euro Finance Week" in Frankfurt am Main Verständnis für die weltweiten Demonstrationen gegen die Macht der Banken. Auch er war bei seinem Eintreffen mit Trillerpfeifen von einer kleinen Gruppe Demonstranten begrüßt worden.
"Ich glaube, was die Menschen eint, ist: Sie trauen Ihnen nicht mehr", sagte Asmussen in seiner Rede vor Bankern. "Überrascht Sie das? Mich nur teilweise. Schließlich vertrauen sich die Banken gegenseitig auch nicht mehr", sagte er weiter. Asmussen sprach in seiner Funktion als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Er soll im kommenden Jahr dem bisherigen EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark nachfolgen, der sein Amt niederlegen will.
Kritische Worte auch vom Deutsche-Bank-Chef
Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sieht die Finanzbranche vor einem "unruhigen Jahrzehnt". Vor allem bräuchten Geldinstitute mehr denn je den Rückhalt der Gesellschaft: "Banken können langfristig nur dann erfolgreich sein, wenn sie das Vertrauen der Gesellschaft besitzen", sagte Ackermann. "Für Banken ist es unerlässlich, im Hinblick auf ihre Angebotspalette auch zu prüfen, ob sie der realen Wirtschaft und den Menschen dienen." Wer immer noch glaube, die Branche könne zu ihrem Geschäftsgebaren von vor der Finanzkrise zurückkehren, "sollte sich schleunigst eines Besseren besinnen", sagte Ackermann.
Forderungen nach einer Zerschlagung von Banken erteilte Ackermann dagegen eine Absage. Er sprach sich dafür aus, an dem Modell festzuhalten, das Privatkunden- und Finanzmarktgeschäft unter einem Dach vereint. Allerdings müssten Banken ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten. Staatsanleihen hätten ihren Status als risikofreie Anlage verloren, Schwellenländer würden wichtiger. "Die Spreu wird sich stärker vom Weizen trennen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Wettbewerber aus dem Markt ausscheiden oder sich mit anderen zusammentun, ist in unserer Branche größer denn je", befand Ackermann. Die Regulatoren mahnte er, Europas Banken nicht zu viele Fesseln anzulegen: "Dabei verlieren wir die Wettbewerbsfähigkeit."
Auch Weidmann gegen Zerschlagung von Banken
Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht in der auch in Deutschland geforderten Zerschlagung von Banken keineswegs den Königsweg aus der Krise. "Wir dürfen uns hier nichts vormachen. Erstens ist eine Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, die nicht nur juristisch, sondern auch wirtschaftlich wirksam ist, schwierig umzusetzen", erläuterte Weidmann. Zudem hätte ein System von Trennbanken die aktuelle Krise auch nicht verhindern können, argumentierte er: "Brandbeschleuniger" sei der Zusammenbruch des US-Instituts Lehman Brothers im Herbst 2008 gewesen - und das war eine reine Investmentbank.
Es gebe wirkungsvollere Maßnahmen, um Banken und das Finanzsystem insgesamt krisenfester zu machen. Weidmann nannte insbesondere höhere Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für die Institute. Zudem plädierte er für zusätzliche Auflagen für systemrelevante Akteure - "egal ob es sich um eine Geschäfts- oder Investmentbank oder eine Versicherung handelt".
"Keine Zeit mehr zu verlieren"
Weidmann rief die europäischen Staaten bei der Bewältigung der Schuldenkrise zur Eile auf. Die Zuspitzung der Krise zwei Wochen nach dem letzten Gipfel zeige, "dass keine Zeit mehr zu verlieren ist", sagte Weidmann. Um der Staatsschuldenkrise Herr zu werden, müsse Europa sich drei Herausforderungen stellen: "Erstens und zuvorderst sind die einzelnen Länder gefordert, ihre hausgemachten Probleme entschlossen anzugehen", sagte Weidmann. Zweitens müsse die Vereinnahmung der Europäischen Zentralbank (EZB) für finanzpolitische Zwecke "zum Ende kommen". Drittens forderte Weidmann "einen politischen Richtungsentscheid über die Zukunft der Währungsunion".
Glaubwürdigkeit der EZB steht auf dem Spiel
Massiv wehrte er sich gegen zunehmende Forderungen einer Finanzierung der europäischen Schuldenkrise mit der Notenpresse. "Die Geldpolitik kann und darf Solvenzprobleme von Staaten und Banken nicht lösen", sagte Weidmann. Er reagierte damit auf Forderungen aus den USA, Frankreich und Großbritannien, die Währungsreserven der Euro-Notenbanken heranzuziehen, um den europäischen Rettungsschirm EFSF schlagkräftiger zu machen. Die EZB kauft bereits in großem Umfang Staatsanleihen der Schuldenstaaten - eine auch intern umstrittene Maßnahme.
Weidmann warnte: Die "zunehmende Vereinnahmung der Geldpolitik" durch die Politik sei gefährlich. "Wenn die Geldpolitik ihr Mandat, Preisstabilität zu gewährleisten, immer weiter dehnt oder schließlich sogar gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstößt, steht nicht weniger auf dem Spiel als ihre Glaubwürdigkeit, die sie sich mit ihrem Einsatz für Geldwertstabilität über Jahrzehnte und auch gegen Widerstände erarbeitet hat."