Klärschlammproben in Gläsern (links: Nereda-Verfahren, rechts: alte Anlage)

Neue Technik für Kläranlagen Sauberes Wasser dank kleiner Kügelchen

Stand: 29.06.2024 08:14 Uhr

Wie lässt sich mit Innovationen die Wasserversorgung sicherstellen und die Abwasser-Entsorgung verbessern? Ein Beispiel dafür steht in Altena in Nordrhein-Westfalen. Hier arbeitet die Kläranlage mit einem neuartigen Verfahren.

Die Kläranlage im nordrhein-westfälischen Altena ist einzigartig in Deutschland. Bei einem Umbau 2019 entschied sich der Ruhrverband auf das sogenannte Nereda-Verfahren zu setzen. Das Verfahren wurde in den Niederlanden entwickelt und patentiert. Etwa 20 kommunale Kläranlagen weltweit setzen es bereits um. Altena ist die erste Anlage in Deutschland, in der das Verfahren in der Praxis getestet wird.

Im Unterschied zu konventionellen Verfahren der biologischen Abwasserreinigung schließen sich die beteiligten Mikroorganismen beim Nereda-Verfahren in kompakten, kugelförmigen Granulen zusammen, statt die sonst übliche Flockenstruktur zu bilden. "Das Besondere an dem Verfahren ist der geringe Flächenverbrauch. Man kann also wesentlich kleinere Becken bauen, was natürlich finanziell deutliche Vorteile bringt", erklärt Abwassermeister Hans-Joachim Hölter. Dadurch könnten alle biologischen Reinigungsprozesse gleichzeitig in einem Reaktor ablaufen und es werde deutlich weniger Zeit benötigt, um den Schlamm vom gereinigten Abwasser abzutrennen.

Neues System spart Platz und Energie

Die neuartigen Bakterienkulturen schweben also nicht mehr im Abwasser, sondern sinken bei der Reinigung auf den Grund. Dadurch wird auch kein Nachklärbecken mehr benötigt. Weil die neuen Bakterien außerdem Phosphor abbauen, können 60 bis 70 Prozent der sonst üblichen Chemikalien eingespart werden, außerdem auch ein Drittel des Stroms für die Umwälzanlagen. Kurz gesagt: Das neue Verfahren spart Platz und Energie.

Neue Becken mit Nereda-Verfahren in der Kläranlage Altena

Die neue Anlage sei eine notwendige Investition gewesen, weil die alte Kläranlage schon mehr als 40 Jahre alt sei und unbedingt erneuert werden musste, sagt der Vorstandsvorsitzende des Ruhrverbands, Norbert Jardin. "Deshalb war jetzt nicht die Frage, ob das Geld investiert wird, sondern nur in welche Technologie das Geld investiert wird." Die Kosten für die neue Anlage belaufen sich laut Ruhrverband auf 14,5 Millionen Euro. Etwas mehr als 1,4 Millionen Euro gab es als Förderung aus dem Umweltinnovationsprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.

Innovationen für sauberes Wasser

"Es ist sicherlich keine Revolution, aber es ist eine bemerkenswerte Evolution, also eine Weiterentwicklung eines biologischen Abwasserreinigungsverfahren, das wir schon seit über 100 Jahren kennen und das jetzt nochmal eine andere Reifestufe erklommen hat. Und insofern eine sehr gute und auch für viele Betreiber dann nutzbare Weiterentwicklung ist", ordnet Jardin die neue Anlage ein.

Die Kläranlage in Altena ist eine von vielen Innovationen, die auf der viertätigen Weltwasserkonferenz vergangene Woche in Essen besprochen worden sind. Über 400 Gäste aus 52 Nationen aus Wissenschaft und Praxis haben dort neue Ideen und Lösungsansätze diskutiert. Dabei geht es um Themen, wie Wasserwiederverwendung, Entfernung von Spurenstoffen aus dem Abwasser, Schließung von Stoffkreisläufen, oder auch die Reduktion von Treibhausgas. Eine Exkursion führte Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nach Altena.

Problembewusstsein gestiegen

"Die Vernetzung mit Menschen aus allen Teilen der Erde ist eine unbedingte Notwendigkeit, um ein effizientes und sicheres Wassermanagement gewährleisten zu können", sagt Norbert Jardin. Das Klima verändere sich in immer rasanterem Tempo. Vermehrte Dürren, Starkregen, Überflutung und die zunehmende Verschmutzung der Weltmeere seien nur einige Auswirkungen dieser Veränderungen. Wasser spiele die zentrale Rolle, um das Überleben auf unserem Planeten zu sichern.

Auf der Konferenz habe man erreichen können, "dass das Problembewusstsein, das gerade in Zeiten des Klimawandels die Herausforderungen im Wassersektor weltweit immer größer werden, inzwischen zumindest in der Fachöffentlichkeit überall angekommen ist. Ich gehe mit einem guten Gefühl aus der Veranstaltung heraus, dass wir viele Technologien heute schon haben, um diese drängenden Probleme, die vor uns liegen, auch lösen zu können", so Jardin. Aufgabe sei es nun, diese Technologien weltweit zur Anwendung zu bringen.