Chinas Corona-Politik Leere in den Hallen der Handelsstadt
Vor zwei Jahren schloss China seine Grenzen. Seither sind Einreisen stark eingeschränkt. Händler in der Exportmetropole Yiwu gehören zu den Leidtragenden der Null-Covid-Strategie.
Die Handelsmetropole Yiwu an der chinesischen Ostküste ist eine dieser vielen schnell gewachsenen Millionenstädte im Land, die alle ähnlich aussehen mit ihren Hochhäusern, vielspurigen Straßen, Beton und Glas.
Eine Stadt nur für den Handel
Doch Yiwu hat eine große Besonderheit: Nur aus der Vogelperspektive lässt sich die Dimension des "Yiwu International Trade City" ganz erfassen - riesige Hallen, auf der Länge mehrerer Straßenzüge. Vier Millionen Quadratmeter, die Fläche von 560 Bundesliga-Fußballfeldern.
Die riesigen Hallen der <br/>"Yiwu International Trade City" bestimmen das Stadtbild.
Drinnen sind Zehntausende kleine Geschäfte, kaum größer als Garagen, in denen sich Gebrauchsgüter bis unter die Decke stapeln. Karnevalsmasken, Kochtöpfe, Thermoskannen, Kaffeebecher, Spielzeugautos, Reisekoffer, Strandtücher, Benzinkanister - rund 400.000 unterschiedliche Produkte stehen in Yiwu zum Verkauf. Kunden suchen hier nicht nach Einzelstücken, sondern ordern ganze Container-Ladungen für Warenhäuser und Supermärkte auf der ganzen Welt.
Verkäuferin ohne Kundschaft: Diese Kuscheltiere kann man nur in großer Zahl kaufen, am besten gleich einen ganzen Container voll.
Mit Glück noch etwas Online-Handel
Vor der Corona-Pandemie waren die Hallen voll mit Handelsreisenden aus -zig Ländern. Jeden Tag kamen etwa 20.000 Ausländer auf der Suche nach neuen Waren aus den Fabriken, die rund um Yiwu in der Industrieprovinz Zhejiang für den Export produzieren. Jetzt herrscht in den Hallen Leere. Die Verkäuferinnen und Verkäufer sitzen allein in ihren Shops, wer Glück hat, bei dem bestellen Kunden jetzt online die Ware.
"Wir haben nur einige Stammkunden, die Online-Bestellungen aufgeben. Sie schätzen die Qualität unserer Produkte. Menschen, die unsere Waren noch nie gekauft haben, vertrauen uns nicht", erklärt Zhu Suzhen. Sie sitzt vor einem Regal mit Campingzelten. "Neue Kunden können wir so nicht gewinnen", sagt sie. "Außerdem sind seit der Pandemie die Transportkosten stark gestiegen, das macht unsere Ware teurer." Nicht alle Kunden seien bereit, mehr Geld zu bezahlen.
Die Händlerin Jin Yuqiao ist gleich doppelt getroffen, erzählt sie. Die ausländischen Einkäufer fehlen, aber auch das Interesse an ihren Rollkoffern in vielerlei Größen und Farben sei derzeit gering. "Kofferläden wie wir hängen vom Tourismus ab, aber seit der Pandemie bleiben Menschen weltweit zuhause statt zu reisen", sagt sie. Ihr Umsatz ist um die Hälfte eingebrochen.
Rigoroses Vorgehen der kommunistischen Führung
Vor zwei Jahren, im März 2020, wurde es in der "Yiwu International Trade City" schlagartig ruhig. Zum Schutz vor Infektionen verhängte die kommunistische Führung einen Einreisestopp für China. Ausländer dürfen seitdem nur in wenigen Ausnahmefällen ins Land und müssen - so wie einreisende Chinesen auch - für drei Wochen in überwachte Hotelzimmer-Quarantäne. Die Reisebeschränkungen sind Teil des chinesischen Null-Covid-Kurses, an dem die Führung in Peking weiter festhält.
Zuletzt hatte Regierungschef Li Keqiang auf dem Volkskongress Anfang März dies noch einmal bekräftigt: "Wir werden die effektive routinemäßige Covid-19-Kontrolle fortsetzen." Es sei erforderlich, so Li Keqiang, "die Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie ständig zu verfeinern".
Den gerade steigenden Infektionszahlen in vielen Regionen und Städten Chinas begegnen die Behörden wie bislang mit Lockdowns ganzer Millionenstädte, Massentests und Quarantäne. Mit der hohen Übertragbarkeit der Omikron-Variante wird der Versuch, alle Infektionen im Land zu vermeiden und Cluster sofort einzudämmen, noch schwieriger.
Viele Geschäfte gingen pleite
In Yiwu führt uns Lou Zhenfang seine Ware vor, er verkauft Gartenpavillons zum Aufklappen. "Sehr robust", preist er seine Ware an. Der Verkäufer findet den restriktiven Corona-Kurs der Regierung richtig, auch wenn das Geschäft leidet: "Während der Pandemie ist es hart für alle auf der Welt. Aber ich schätze die Fürsorge und Unterstützung, die Präsident Xi uns entgegenbringt, sehr. Die Präventions- und Kontrollmaßnahmen sind gut gemacht."
Sätze, die sehr nach der staatlichen Propaganda klingen. Diese verbreitet seit zwei Jahren die stets gleiche Nachricht von der erfolgreichen chinesischen Pandemie-Bekämpfung und vom Versagen des Auslands, wo es Regierungen nicht schaffen, ihre Bürgerinnen und Bürger vor der Seuche zu beschützen.
In der "Trade City" in Yiwu sind viele Shops, die geschlossen haben. Auch draußen in direkter Nachbarschaft zu den Hallen sind viele der Restaurants und Hotels zu. "Seit keine Händler mehr aus dem Ausland kommen, sind hier sehr viele pleitegegangen", sagt uns ein Passant. Für diese Menschen hat die Schließung der chinesischen Grenzen vor zwei Jahren das wirtschaftliche Aus bedeutet. Ein Ende von Null-Covid in China ist weiter nicht in Sicht.