Desaster der Credit Suisse Gewinne privatisiert, Verluste übertragen
Die Schweizer Aufsichtsbehörden haben dem Absturz der Credit Suisse lange tatenlos zugesehen. Fragen nach der Verantwortung für das Desaster bleiben unbeantwortet, die breite Kritik ist gerechtfertigt.
Ein Mann und eine Frau wandern in den Bergen und wollen Rast machen. Aber die schiefe Sitzbank am Wegrand wirkt wenig einladend. "Die sieht aber wackelig aus", sagt die Frau. "Scheint eine Schweizer Bank zu sein", meint der Mann. Und beide sehen ziemlich unglücklich aus auf dieser Karikatur, die die Schweizer Zeitung "Blick" als Netzfund präsentiert - Überschrift: "So lacht das Internet über das CS-Beben".
Immer mehr Anleger suchten das Weite
CS steht für Credit Suisse - die geschichtsträchtige Schweizer Bank, die nun selbst bald Geschichte sein wird, weil sie zu wackelig geworden ist. Weil zu viel schiefgelaufen ist, und das schon seit Langem. Schlechtes Risikomanagement, Skandale, Gerichtsverfahren: Immer mehr Anleger und Kunden schauten wie die unglücklichen Wanderer im Cartoon auf die immer schiefere Schweizer Bank - und suchten das Weite.
Als dann in den vergangenen Tagen der Kollaps drohte und eine katastrophale Eskalation mit womöglich weltweiten Folgen, drängten Schweizer Regierung und Behörden zur Übernahme der CS durch die UBS - und unterstützen die Zwangsheirat der Großbanken mit einem umfangreichen Paket staatlicher Hilfen und Garantien.
Steuerzahler sind zu Recht sauer
Das Risiko tragen also zu einem großen Teil die Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und die sind nun zu recht sauer. Denn was ist mit den verantwortlichen Top-Managern der Credit Suisse? Die, so hat es der "Tagesanzeiger" aus Zürich ausgerechnet, seit 2013 32 Milliarden Franken an Boni kassierten, während die Bank im gleichen Zeitraum 3,2 Milliarden Verlust machte.
Selten ist so offensichtlich geworden, wie unter dem Deckmantel einer wirtschaftsfreundlichen und liberalen Politik Gewinne privatisiert und Verluste dem Staat übertragen werden. Die Schweizer Finanzministerin bedauerte am Sonntagabend öffentlich, dass die Credit Suisse nicht in der Lage gewesen sei, die Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern.
Bislang keine schlüssigen Antworten
Das ist insofern bemerkenswert, als sie bislang nicht bedauerte, dass die Schweizer Aufsichtsbehörden dem Absturz der Credit Suisse so lange tatenlos zugeschaut hatten. Denn wie konnte es passieren, dass eine Bank, die laut Finanzmarktaufsicht angeblich die strengen Schweizer Regeln für Eigenkapital und Liquidität erfüllte, nun auf diese enorme Rettungsaktion angewiesen ist?
Antworten auf solche Fragen gibt es bislang nicht in der Schweiz. Aber die Fragen werden immer lauter gestellt. Das Credit-Suisse-Desaster ist nicht allein die Geschichte einer wackeligen Schweizer Bank. Ihr Niedergang erschüttert auch das traditionelle Selbstbild der Schweiz als wirtschaftsliberaler Garant für Stabilität und Sicherheit.
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