Mehr Unabhängigkeit von China und USA EU gibt grünes Licht für Chip-Förderung
Europa will bei der Produktion von Mikroelektronik und Chips unabhängiger von China und den USA werden. Jetzt hat die EU ein enormes Beihilfe-Programm genehmigt - davon profitieren auch deutsche Unternehmen.
Um bei der Entwicklung von Mikroelektronik und Chips weniger abhängig von den USA und China zu werden, hat die EU-Kommission ein milliardenschweres Beihilfe-Programm genehmigt. Damit sollen nach Angaben von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Dutzende Projekte möglich werden.
Vestager bezeichnete Mikrochips als "das Rückgrat der Wirtschaft". Europa müsse hier die eigenen Fähigkeiten erhöhen. Wir müssen Pioniere werden", erklärte sie.
Damit das gelingen kann, hat die EU-Kommission im Rahmen des sogenannten "Important Projects of Common European Interest" - kurz IPCEI - Beihilfen in Höhe von 8,1 Milliarden Euro genehmigt. Zusätzlich investierten private Unternehmen noch einmal bis zu 13,7 Milliarden Euro, sodass es sich um eine Gesamtinvestition von rund 21,8 Milliarden Euro handle.
An dem Projekt beteiligen sich neben Deutschland 13 weitere EU-Staaten - darunter Frankreich, Österreich, die Niederlande und Spanien.
Deutsche Projekte und Partner profitieren
Zahlreiche der Projekte und Partner, die von dem Programm profitieren, sitzen dabei in Deutschland: Hierzulande sind 31 Halbleiterprojekte in 11 Bundesländern beteiligt.
Dabei ist die Zahl mit den europaweit 68 Projekten, von denen die EU-Kommission spricht, nicht unmittelbar vergleichbar - das Ministerium spricht von rund 100 Projekten europaweit. Das liege an unterschiedlichen Zählweisen, erläuterte das Ministerium. Während die EU-Kommission Rechtseinheiten aufliste, zähle das Wirtschaftsministerium unterschiedliche Projekte von Firmen wie Bosch oder Infineon einzeln. Nach Zählweise der EU-Kommission komme man für Deutschland auf 23 Förderprojekte.
Zur Finanzierung erläuterte das Bundeswirtschaftsministerium: "Insgesamt investieren deutsche Unternehmen mehr als zehn Milliarden Euro, unter anderem für innovative Produktionsanlagen, Fertigungsstätten und für die Entwicklung von Halbleiterchips. Dabei sollen sie mit insgesamt rund vier Milliarden Euro gefördert werden, wovon 70 Prozent durch den Bund und 30 Prozent durch die Länder bereitgestellt werden."
Viele Projekte in Bayern und Sachsen
Neben großen Unternehmen seien in Deutschland auch kleine und mittelständische Unternehmen sowie Start-ups beteiligt. Viele Projekte gibt es nach einer Übersicht des Wirtschaftsministeriums in Bayern und Sachsen.
Geförderte Unternehmen werden demnach unter anderem Infineon mit Standorten in Bayern, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sein sowie Bosch mit Standorten in Baden-Württemberg und Dresden. Die Projekte reichen von der Materialherstellung über das Chipdesign bis zur Erstellung von neuen Produkten und Anwendungen.
Habeck spricht von Meilenstein
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) dankte der EU-Kommission für die Entscheidung. Die Projekte stärkten den Mikroelektronik-Standort Deutschland und seien ein wichtiger industriepolitischer Meilenstein, erklärte er in Berlin.
Wir können so die Widerstandsfähigkeit in ganz Europa in diesem wichtigen Feld erhöhen und Wertschöpfung und Arbeitsplätze sichern.
Laut BMWK hat das Investitionsprogramm das Ziel, bei Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien vor allem dort aufzuholen, wo Europa zum Teil technologisch abhängig von Drittstaaten geworden ist. Gleichzeitig würden durch die nationalen Projekte mehr als 4000 direkte neue Arbeitsplätze geschaffen.
Die Förderung der Mikroelektronik solle dazu beitragen, dass in Deutschland moderne Chip-Fabriken entstehen und leistungsfähigere Komponenten entwickelt werden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.
Zweite große Offensive der EU in dem Bereich
Mit der staatlichen Förderung und anderen Maßnahmen will die EU ihren weltweiten Marktanteil im Halbleiterbereich auf 20 Prozent verdoppeln. Experten verweisen allerdings darauf, dass vergleichbare Förderungen in China und den USA noch aggressiver ausfallen. Auch in Taiwan, Südkorea und Japan wird die Branche stark umworben.
Es ist bereits die zweite große Mikroelektronik-Offensive der EU, die bereits 2018 ein ähnliches Programm genehmigt hatte. Damals hatten nach Angaben von EU-Kommissarin Vestager unter anderem eine Chip-Fabrik von Bosch in Dresden und Carl Zeiss in Baden-Württemberg profitiert. Die EU-Kommission muss wichtige nationale Förderprojekte genehmigen, damit es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den EU-Staaten kommt.