Handelsstreit der EU mit China Werden E-Autos aus China durch Strafzölle teurer?
China unterstützt die heimische Industrie beim Bau von E-Autos mit hohen Subventionen. Die EU wirft Peking Wettbewerbsverzerrung vor und arbeitet an Strafzöllen. Droht ein Handelskrieg? Und was bedeutet das für Autokäufer?
Was wirft die EU China im Handelsstreit vor?
Die Europäische Union vermutet, dass die chinesische Regierung ihren Autobauern übermäßige Subventionen zahlt und ihnen so einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte im September deshalb eine Untersuchung eingeleitet, die klären soll, ob China gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstößt.
Die Kommission muss ihre Ermittlungen nun bis Anfang Juni abschließen und hat bis zum 4. Juli Zeit, um über die Verhängung von Strafzöllen zu entscheiden. Die Weltmärkte würden von "billigeren chinesischen Elektroautos überschwemmt", sagte von der Leyen. Chinesische Anbieter wie BYD und Saic haben ihren Anteil auf dem europäischen Markt für Elektroautos in den vergangenen zwei Jahre mehr als vervierfacht. Er ist allerdings immer noch einstellig und liegt nach Angaben des Analyseunternehmens Jato Dynamics bei 7,8 Prozent.
Wie hoch könnten die Strafzölle der EU ausfallen?
Beobachter gehen davon aus, dass die EU-Kommission die Zölle zunächst von bislang zehn Prozent auf 15 bis 30 Prozent anhebt. Zu dieser Einschätzung kommen unter anderem Forschende der Rhodium-Gruppe, die auch den chinesischen Automarkt beobachten. Die Reaktion der EU dürfte damit deutlich weniger drastisch ausfallen als in den USA, die Mitte Mai unter anderem den Zollsatz für Elektroautos von 25 auf 100 Prozent angehoben hatten.
Kommissionspräsidentin von der Leyen stellte klar, die EU werde "viel gezielter" reagieren. "Ich kann garantieren, dass die Höhe der Zölle, die wir auferlegen würden, der Höhe des Schadens entspricht", sagte sie in einer Debatte unter den Spitzenkandidaten für die Europawahl. Anders als für Washington müsse der Konflikt in Brüssel "eine wirtschaftliche Frage bleiben, keine politische", erklärt die Forscherin für globale Handelspolitik am Brüsseler Institut Jacques Delors, Elvire Fabry. Ziel sei nicht die Abschottung des europäischen Marktes, "sondern den europäischen Herstellern eine Atempause zu geben, damit sie ihre Leistung steigern können".
Welche direkten Auswirkungen werden erwartet?
Die Zölle dürften chinesische Anbieter wie BYD nicht vom europäischen Markt verdrängen. Die Marken verkaufen ihre Autos in Europa teils doppelt so teuer wie auf dem Heimatmarkt und damit deutlich über ihren Produktionskosten, wie aus einer Rhodium-Studie hervorgeht. "Selbst mit einem Zollsatz von 30 Prozent würden viele chinesische E-Modelle immer noch einen hohen Gewinnaufschlag in der EU erzielen", schreiben die Forschenden.
Deutlich härter dürfte es demnach Firmen wie BMW oder Tesla treffen, die in China gebaute Autos nach Europa exportieren, ohne aber von chinesischen Staatshilfen zu profitieren. Ihr Geschäftsmodell könnten die Zölle nach Einschätzung der Forscher zunichte machen.
Was hält die deutsche Autoindustrie von den Plänen?
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat vor einer Eskalation des Handelskonflikts gewarnt. Diese würde insbesondere deutsche Hersteller treffen, weil sie nach Angaben des Verbands jährlich rund 300.000 Fahrzeuge nach China exportieren. "Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken", erklärte ein VDA-Sprecher.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich wiederholt gegen Strafzölle positioniert, Unterstützung bekam er zuletzt etwa aus Schweden. Insbesondere Frankreich - die Autobauer des Landes sind kaum in China vertreten - setzt sich für eine härtere Gangart gegenüber Peking ein. Um von der Kommission festgesetzte Zölle zu kippen, bräuchte es eine Mehrheit aus mindestens 15 Mitgliedsländern, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen.
Wie reagiert China?
Die chinesische Handelskammer in Brüssel warf der EU-Kommission vor, die Untersuchung der Autobauer sei "politisch motiviert". Für die Wirtschaft sei es zwar nicht wünschenswert, sich auf ein "wie du mir, so ich dir" einzulassen. China werde jedoch "gezwungen sein, eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen".
Auch der Ökonom am Berliner Mercator-Institut für Chinastudien, Jacob Gunter, rechnet mit einer "ziemlich scharfen Reaktion". Europäische Strafzölle wären ein "Angriff auf eine der zentralen Industrien, in denen China technologisch aufgeholt und sogar die Führung übernommen hat", erklärt Gunter. In den Wirtschaftsbeziehungen mit Peking habe es "etwas in dieser Größenordnung noch nicht gegeben".
Plant Peking weitere Subventionen?
China erwägt einem Medienbericht zufolge, die Entwicklung von Festkörper-Batterien zu fördern. Die Regierung in Peking könnte zu diesem Zweck sechs Milliarden Yuan (umgerechnet rund 763 Millionen Euro) bereitstellen, berichtete die staatliche chinesische Zeitung "China Daily". Zu den sechs Unternehmen, die staatliche Unterstützung erhalten könnten, gehörten der Batterie-Hersteller CATL und die Autobauer BYD, FAW, SAIC und Geely.
Festkörper-Batterien bieten im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien eine höhere Sicherheit, weil darin keine brennbaren flüssigen Elektrolyte zum Einsatz kommen. Solche Akkus haben zudem eine längere Lebensdauer und benötigen kürzere Ladezeiten. Allerdings gibt es noch Hindernisse für die Massenproduktion: Die komplexen Herstellungsprozesse verursachen hohe Kosten.