Sonderabgabe für Energiekonzerne Wie Italien Extra-Profite umverteilen will
Während die deutsche Politik über eine Sonderabgabe für "Krisengewinner" diskutiert, hat Italien schon im März reagiert: Extra-Gewinne der Energiekonzerne werden zusätzlich besteuert. Doch an der Berechnung gibt es Kritik.
Mitten in der Altstadt Roms, in der Nähe vom Pantheon, hat die Wirtschaftswissenschaftlerin Lilia Cavallari ihr Büro. Sie ist die Präsidentin vom upb, dem Parlamentarischen Amt für Haushaltsangelegenheiten. Ihr Job ist es, die Finanzen der Regierung zu analysieren und zu kontrollieren. Die Sonderabgabe auf Extra-Profite der Energiekonzerne hält sie für einen guten Kompromiss, da sie unterschiedliche Bedürfnisse erfülle.
Die Notwendigkeit, eine sofortige Einnahme zu finden, die bereits im laufenden Jahr Einnahmen schafft und eine Umverteilungsfunktion hat. Sodass die Mittel zwischen denjenigen Unternehmen, die am meisten von der Preiserhöhung profitiert haben, und denjenigen, die durch die Preiserhöhung besonders geschädigt wurden, umverteilt werden.
Seit vergangenem Jahr sind die Preise für Erdgas und Erdöl gestiegen, infolge des Ukraine-Krieges dann in dramatische Höhen. Die italienische Regierung wollte dabei nicht tatenlos zusehen. Bereits am 18. März verkündete Ministerpräsident Mario Draghi: "Wir besteuern einen Teil der außerordentlichen Gewinne, die die Hersteller aufgrund der steigenden Rohstoffkosten erzielen, und verteilen dieses Geld an Unternehmen und Haushalte, die offensichtlich in großen Schwierigkeiten sind."
Kritik an der Berechnung
Zunächst setzte die Regierung die Sonderabgabe mit zehn Prozent an, einige Wochen später waren es 25 Prozent. Mit den erzielten Milliarden werden verschiedene Erleichterungen finanziert: Die Verbrauchsteuer auf Diesel und Benzin wurde pro Liter um 25 Cent gesenkt, es gibt Steuergutschriften für energieintensive Unternehmen, Stromrechnungen können in längeren Raten bezahlt werden. Auch einen Bonus von 200 Euro gewährt Italien, wenn ein Arbeitnehmer, ein Selbstständiger oder ein Rentner sehr wenig Einkommen hat.
Bei den Energieunternehmen müssen diejenigen eine Sonderabgabe bezahlen, deren Umsatzerlöse um mehr als 10 Prozent gestiegen sind und über fünf Millionen Euro liegen. Bei der Berechnung der Abgabenhöhe sieht Professorin Cavallari ein Problem:
Beispielsweise bezieht sich die Bemessungsgrundlage auf einen bestimmten Bezugszeitraum. Entscheidend ist die Veränderung der sieben Monate von Oktober 2021 bis April 2022 im Vergleich zu den sieben Monaten der Vorjahre. Doch genau in diesem Zeitraum hat sich die Pandemie voll entfaltet, sodass die Umsätze der Unternehmen besonders niedrig waren. Denn viele Unternehmen waren geschlossen.
Rund 11.000 Firmen sind in Italien im Energiebereich tätig, aber nur rund 400 könnte die Abgabe treffen, so schätzt sie. Darunter fallen natürlich die Riesen der Branche, also Enel, Eni und Edison.
Regierung hofft auf elf Milliarden Euro
Bis Ende Juni muss der Sonderbeitrag entrichtet werden, elf Milliarden Euro sollen damit in die Staatskasse gespült werden - das ist jedenfalls die Hoffnung der Regierung. Doch möglicherweise sind die Prognosen zu optimistisch, warnen erste Stimmen.
Die Absichten der zusätzlichen Besteuerung, da sind sich viele in der Energiebranche einig, seien gerechtfertigt. Aber sie sei unausgewogen und unfair. Denn zum einen werde der Umsatz besteuert, nicht aber Sondergewinne. Dies führe zu Ungleichheiten zwischen Unternehmen derselben Branche. Zum anderen gebe es in den meisten anderen Ländern keine vergleichbare Strafmaßnahme, auch wenn dort die Energiekrise ebenso heftig ist wie in Italien.