Angebotssorgen schwinden Weizenpreis sinkt auf Stand vom Februar
Der Getreidemarkt entspannt sich weiter: Der Preis für Weizen ist auf den tiefsten Wert seit Beginn des Ukraine-Kriegs gefallen. Während die Angst vor Engpässen abnimmt, sinkt auch die Nachfrage aus großen Importländern wie Ägypten.
Der Preis für Weizen ist in der vergangenen Nacht auf den tiefsten Stand seit vier Monaten gefallen. Zeitweise wurde ein Scheffel (etwa 27 Kilogramm) an der Börse in Singapur für 9,26 Dollar gehandelt. So niedrig war der Weizenpreis zuletzt Ende Februar, als Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat.
Zur Begründung für den aktuellen Preisrückgang verwiesen Marktbeobachter auf Meldungen aus Ägypten. Das Land plant, die Weizenimporte zu senken. Nach Angaben eines ägyptischen Regierungsvertreters will das Land die Einfuhren der Getreidesorte um 500.000 Tonnen pro Jahr reduzieren. Der nordafrikanische Staat ist ein wichtiger Importeur für Weizen aus der Kriegsregion.
Weizenpreis im Mai noch auf Rekordhoch
Russland und die Ukraine zählen zu den wichtigsten Anbauländern von Weizen. Durch die Folgen des Krieges blieben allerdings Lieferungen ausgesetzt. Weltweit hatte das Ängste vor Engpässen geschürt und zu einem starken Anstieg der Preise geführt. Im Mai wurde ein Scheffel Weizen zeitweise für 12,85 Dollar gehandelt.
Auch im europäischen Handel war der Preis für das Brotgetreide im vergangenen Monat auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Im europäischen Handel an der Börse Euronext hatte eine Tonne Weizen bis zu 435 Euro gekostet. Russland und die Ukraine haben vor dem Krieg zusammen etwa ein Viertel des weltweiten Weizenhandels abgedeckt.
Im Erntejahr 2022/23 beträgt die Minderung der ukrainischen Ausfuhren jedoch nur noch knapp 50 Prozent und damit rund neun Millionen Tonnen. Der ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solskji befürchtete für mindestens drei Ernten einen weltweiten Mangel.
Schwindende Angebotssorgen drücken die Preise
Zuletzt gab es allerdings von vielen Seiten Entwarnung. Trotz des Ukraine-Kriegs und der gestiegenen Düngerpreise dürfte die Weltgetreideernte in diesem Jahr nur unwesentlich geringer ausfallen als 2021, gab die UN-Agrarorganisation FAO jüngst bekannt. Bislang rechnen die Vereinten Nationen mit 2,785 Milliarden Tonnen Weizen, Mais und Reis. Das wären rund 23 Millionen Tonnen weniger als im vorangegangenen Wirtschaftsjahr und nur ein sehr geringer Unterschied.
Damit steigen die Hoffnungen, dass die Ausfälle aus der Ukraine aufgefangen werden können. Bereits in den vergangenen Wochen war der Weizenpreis daher deutlich gesunken. Zum einen mindert die beginnende Weizenernte in den USA und Europa den Preisdruck. Die Ausfuhren der EU dürften um fünf Millionen Tonnen steigen. Zum anderen könnte auch Russland als wichtigster Weizenexporteur seine Exportmenge um sechs Millionen Tonnen nach oben schrauben. Darüber hinaus nimmt Indien seine Weizenexporte nach Indonesien teilweise wieder auf, nachdem es seine Lieferungen im Mai mit sofortiger Wirkung gestoppt hatte.
Sogar mit Blick auf die ukrainischen Getreideexporte gab es zuletzt Entspannungssignale. Womöglich schon in dieser Woche könnte UN-Generalsekretär António Guterres in der Türkei direkt mit Russen und Ukrainern verhandeln, um eine Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine über gesicherte Korridore im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Rund 25 Millionen Tonnen Getreide liegen in den Häfen fest, weil Russland den Seeweg blockiert.