Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal "Wir sind nicht aus der Krise"

Stand: 14.08.2009 07:17 Uhr

Das Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent im zweiten Quartal hat Hoffnungen auf ein Ende der Krise geweckt. Doch Kanzlerin Merkel und Finanzminister Steinbrück warnten vor verfrühter Euphorie. Steinbrück gab sich aber optimistisch, dass die Zahl der Arbeitslosen 2009 unter vier Millionen bleibe.

Die Bundesregierung hat nach dem geringen Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Wirtschaftskrise gedämpft. "Wir haben die Talsohle erreicht", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Doch die Zeit sei ungewöhnlich ernst. Die deutsche Wirtschaft werde 2009 um ungefähr sechs Prozent schrumpfen. "Das bedeutet, dass wir nicht aus der Krise sind, nur weil es das erste Mal ein bisschen hochgeht", betonte die Bundeskanzlerin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Kanzlerin Merkel wertet das Wirtschaftswachstum als "kleines Pflänzchen der Hoffnung".

Auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück warnte vor Euphorie. Wie es auf den Finanzmärkten weitergehe, sei "sehr schwer einzuschätzen", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". "Wir haben es mit der schwersten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun, deren Spuren nur langsam zu überwinden sind." Dennoch machte der SPD-Politiker deutlich, dass er keinen drastischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen erwarte. Es könne durchaus sein, dass die Arbeitslosenzahl 2009 nicht über vier Millionen steige.

Rezession
Rezession bezeichnet eine Phase stagnierenden oder negativen Wirtschaftswachstums, meist einhergehend mit anhaltenden Kursverlusten an der Börse. Eine Rezession ist gegeben, wenn die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander nicht wächst oder schrumpft. Eine ausgeprägte Form dieser Konjunktur-Abkühlung ist die Depression. Sie beschreibt den nachhaltigen konjunkturellen Niedergang, der sich in einer erheblichen Schrumpfung des Sozialprodukts, Deflation und hoher Arbeitslosigkeit äußert.

"Steiler Absturz ist gestoppt"

Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf, Gustav Adolf Horn, sieht in den neuen Zahlen zum Bruttoinlandsproddukt noch keine Trendwende. "Das leichte Wachstum von 0,3 Prozent zeigt, dass der freie Fall gestoppt ist", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Aber wir dümpeln um die Null-Linie herum. Im nächsten Quartal kann es eine schwarze oder eine rote Null sein." Der Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, betonte, "der steile Absturz der Wirtschaft ist zwar gestoppt, die weltweite Krise ist deshalb aber nicht überstanden." Es gebe keine Anzeichen für einen neuen, nachhaltigen Aufschwung, sagte er der "Bild"-Zeitung.

Container im Hamburger Hafen

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2009 wieder gewachsen.

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Wolfgang Franz, sagte der Zeitung, dass er keine stürmische Aufwärtsbewegung der deutschen Wirtschaft geben werde, weil ein Anspringen der Weltkonjunktur nicht zu erkennen sei.

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, erwartet hingegen eine stärkere Erholung der deutschen Wirtschaft als bisher angenommen. "Es könnte sein, dass wir uns schneller als befürchtet erholen und eine längere Stagnationsphase vermeiden", sagte er der "Rheinischen Post". Die Zahlen zeigten, dass "wir uns langsam auf die konjunkturelle Normalllage zubewegen".