Gesetzentwürfe zur Bankenverwaltung Nicht ohne Charme
Eine Krise wie bei der Rettung der Hypo Real Estate soll sich nicht mehr wiederholen können. Das ist das Ziel von Gesetzesentwürfen aus dem Justiz- und dem Wirtschaftsministerium. Doch was bringt die von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in einem Gesetzentwurf angedachte staatliche Zwangsverwaltung einzelner bedrohter Banken? Und was unterscheidet seinen Entwurf von dem aus dem SPD-geführten Justizministerium?
Von Thomas Kreutzmann, HR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
Für den Staat geht es um Steuer-Milliarden und um seine bisherige Unfähigkeit, angeschlagene "systemrelevante" Großbanken auf Kurs zu halten. Deshalb arbeiten Bundesjustiz- und Bundeswirtschaftsministerium an einem neuen Gesetz, das es dem Staat ermöglichen könnte, Finanzinstitute zu retten, bevor die Situation so dramatisch ist wie beim Beinahe-Desaster um die Milliarden verschlingende Hypo Real Estate Bankengruppe (HRE).
Denn das ist der Skandal im Skandal um das Milliarden-Desaster dieser Bank: Die deutsche Bankenaufsicht hatte zwar die HRE seit Anfang 2008 unter schärfster Beobachtung. Doch sie musste zusehen, wie die HRE-Tochter Depfa im irischen Dublin mit einem äußerst risikoreiches Geschäftsmodell ständig am Abgrund herumturnte und beinahe ihren Mutterkonzern und damit den gesamten deutschen Finanzmarkt hinabriss.
Bankenaufsicht kann bisher nicht rechtzeitig eingreifen
Das Depfa-Geschäftsmodell ist der Anlass der neuen gesetzgeberischen Anstrengungen der beiden Ministerien. Das Geschäftsmodell nämlich konnte nur in Zeiten funktionieren, in denen die Kreditmärkte kurzfristiges, frisches Geld reichlich und zu günstigen Bedingungen ausspuckten. Als diese Marktvoraussetzung im Herbst 2008 verschwand, drohte der Depfa und der Mutter Hypo Real der Kollaps - und die Bankenaufsicht hatte monatelang nicht intervenieren können, weil sie keine gesetzliche Grundlage besaß und besitzt, um auf das Geschäftsmodell der Bank Einfluss zu nehmen.
Nun soll laut Bundeswirtschaftsministerium die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (Bafin) in solchen Fällen frühzeitig die Notbremse ziehen können. Wichtige Großbanken - so genannte "systemrelevante Institute", - sollen eine Art Staatskommissar ins Haus bekommen, der die Geschäftspolitik vorsichtig in risikoärmere Bahnen lenkt. Dabei soll die Bank soviel unternehmerische Selbständigkeit wie möglich innerhalb dieser "Restrukturierungsverwaltung" behalten und ihren Rettungsplan weitgehend selbst erarbeiten.
Alternative zur Enteignung?
Denn dem Bundeswirtschaftsministerium geht es um ein marktwirtschaftliches Pendant zur (seit Februar 2009 prinzipiell möglichen) Enteignung. Das Guttenberg-Ministerium will so wenig staatliche Eingriffe wie möglich. Dennoch will der Staat für seine Finanzhilfe, die auch fließen soll, im Finanzinstitut mitbestimmen - etwa, in dem er Boni und Gewinnausschüttungen beschränkt.
Das macht die staatliche Aufsicht für die Banker unattraktiv - und soll sie davon abhalten, im bequemen Vertrauen auf staatliche Hilfen weiterhin Hochrisiko-Casino zu spielen. Außerdem sollen Altaktionäre nicht davon profitieren, dass ihre Aktien steigen, weil der Staat eingreift.
Beide Regelungen im Vorschlag des CSU-geführten Wirtschaftsministeriums scheinen durchdacht und geeignet, um zu erreichen, den Staat aus der Geiselhaft unverzichtbarer Finanzinstitute zu befreien, die sonst glauben könnten, sie könnten sich alles erlauben, denn der Staat müsse sie ja retten.
SPD setzt auf weniger Staat
Im Vergleich mit dem Guttenberg-Entwurf will das SPD-geführte Justizministerium, soweit bekannt ist, angeblich - ungewöhnlich für Sozialdemokraten - einen geringeren Grad an Staatsintervention. Von einem "privatautonomen Planverfahren" samt "Reorganisationsberater" ist die Rede. Allerdings meinen einflussreiche SPD-Politiker wie der Haushaltsexperte Carsten Schneider, der Staat solle lieber gleich Miteigentümer angeschlagener Banken werden, um so intensiveren Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen - und später dann seine Anteile wieder mit Gewinn in private Hände zu verkaufen.
Beide Modelle haben aus Sicht des gebeutelten Steuerzahlers ihren Charme. Der Erfolg dürfte aber nicht von der Regelung an sich abhängen, sondern von der Durchführung. So muss die Bankenaufsicht eben frühzeitig wissen, wenn eine Bank in Not gerät und wann der richtige Zeitpunkt für eine staatliche Intervention ist. Zur falschen Zeit kann der Staat nämlich viel Porzellan - sprich: Vertrauen des Marktes - in ein Institut zerschlagen und es noch weiter hinabreißen.
Gute Gesetze reichen nicht
Zum anderen braucht die Bafin mehr hochqualifizierte und entsprechend hochbezahlte Fachleute, welche die Probleme in der Geschäftspolitik eines Finanzinstituts klar erkennen und Hilfe bei einer Neuausrichtung geben können. Gefragt sind also Bankiers in Staatsdiensten - eine Forderung, die angesichts der Waffenungleichheit von Bankenaufsicht und Finanzindustrie in Deutschland schon längst renommierte Wirtschaftswissenschaftler erheben. Ohne diese Experten wird jede noch so gute Reform des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes oder des Kreditwesengesetzes suboptimal bleiben.