Larven in einer Insektenfabrik in Dänemark

Insektenzucht in Dänemark Mit Larvenmehl gegen den Klimawandel

Stand: 21.08.2024 06:30 Uhr

Im Dänemark produziert ein Unternehmen Mehl aus Larven - eine nachhaltige Alternative zu klimaschädlichem Tierfutter wie etwa Soja. Geht es nach den Betreibern, landet es irgendwann auch auf unseren Tellern.

Von Julia Wäschenbach, ARD Stockholm

Sie ist winzig, frisst quasi alles - und könnte irgendwann auf unserem Speiseplan stehen: die Larve der schwarzen Soldatenfliege. In einer riesigen Fabrik in Dänemark, nach Angaben der Betreiber der größten ihrer Art in ganz Nordeuropa, wird die Made millionenfach gezüchtet. Sie gilt als klimafreundlichere Alternative zu Soja und anderen Futtermitteln.

Für die Dänin Jane Lind Sam ist sie noch mehr als das. Früher hatte ihre Familie eine Schweinezucht. Seit Ende 2023 hält sie stattdessen Fliegen. In fast 500 Käfigen in ihrer Fabrik in der dänischen Provinz surren sie herum, legen jeden Tag Hunderttausende Eier. Kurze Zeit später schlüpfen die Larven. Ganze 500 Millionen Maden kriechen gleichzeitig in auf- und nebeneinandergestapelten Plastikkisten herum.

"Es sind faszinierende Tiere. Sie können sich praktisch von allem ernähren", sagt Jane Lind Sam. "Deshalb haben sie ein riesiges Potenzial für unsere Gesellschaft, für die Art, wie wir Lebensmittelreste wiederverwerten können." Was bei uns in der Biotonne landet, ist für die Insekten ein Festschmaus. Futter für die nimmersatten Tiere muss Jane Lind Sam nicht extra anbauen.

"Ein Pulver mit etwa 55 Prozent Protein"

Wenn es den Larven an den Kragen geht, hüpfen sie zunächst über ein ratterndes Band in Richtung eines riesigen Trockners. "Wenn wir die Larven von ihren festen Bestandteilen getrennt haben, bekommen wir das Insektenmehl raus", erklärt Maden-Züchterin Jane Lind Sam. "Es ist ein Pulver mit etwa 55 Prozent Protein."

Das Larvenmehl liefern sie und ihr Team unter anderem an Landwirte und andere Tierzüchter. Denn im Futter von Schweinen, Rindern, Geflügel und auch Fisch können die Eiweißbomben andere, klimaschädlichere Produkte - wie etwa Soja - zumindest teilweise ersetzen, wie die Forscherin Nanna Roos vom Institut für Ernährung an der Uni Kopenhagen erklärt. "So können wir eine größere Kreislaufwirtschaft in unserer Lebensmittelproduktion erreichen - und genau das macht die Insektenzucht so nachhaltig."

Allerdings stehe diese immer noch am Anfang. "Ein neues Produktionssystem von Grund auf aufzubauen ist eine sehr große Sache", sagt Roos. "Die Geflügel- oder die Rinderzucht etwa haben Tausende von Jahren auf dem Buckel und sind intensiv erforscht. Dagegen sind wir bei Insekten noch in einem sehr, sehr frühen Stadium."

Larven in einer Insektenfabrik in Dänemark

Fliegen und Maden so weit das Auge reicht: In fast 500 Käfigen surren sie herum, legen jeden Tag Hunderttausende Eier.

Larvenmehl in Europa bislang noch vergleichsweise teuer

Und der Markt, gibt auch Jane Lind Sam zu, ist bislang überschaubar. Beim Fischfutterproduzenten Aller Aqua macht das Insektenmehl aus ihrer Fabrik momentan bis zu sechs Prozent des Futters aus. "Für viele Fischarten sind Insekten ein natürlicher Teil der Ernährung, deshalb macht es Sinn, das Mehl zu verwenden", sagt Jesper Clausen, Direktor für Forschung und Entwicklung bei Aller Aqua. Die Zusammensetzung im Futter müsse aber stimmen.

"Wir brauchen einen Mix von verschiedenen Zutaten - auch, damit wir das Futter zu einem guten Preis produzieren können", erklärt Clausen. Denn auch das gehöre zur Wahrheit dazu: Das Larvenmehl sei in Europa bislang noch vergleichsweise teuer. "Um das zu ändern, müsste man die Produktion steigern und einige EU-Regeln ändern, die begrenzen, was man als Futter für die Insekten verwenden darf."

Larven auch in unserem Essen?

Jane Lind Sam träumt davon, dass ihre Larven irgendwann nicht nur als Tierfutter enden, sondern auch auf unseren Tellern landen. Doch in diesem Fall sind die Regeln dafür, was die Tiere fressen dürfen, noch strenger. Deshalb gibt es bislang nur wenige Insekten, die als Lebensmittel in der EU zugelassen sind.

Die schwarze Soldatenfliege gehöre nicht dazu, sagt Forscherin Roos. Auch wenn es entsprechende Bemühungen gibt. Für Roos spricht aber momentan noch etwas ganz Bestimmtes dagegen. "Es gibt ja inzwischen einige, die sich überwinden können, Insekten zu essen", sagt sie. "Aber es muss auch gut schmecken. Und die schwarze Soldatenfliege hat einen ziemlich kräftigen Geschmack."