Behaim-Globus

Weltdokumentenerbe Behaim-Globus könnte ausgezeichnet werden

Stand: 17.05.2023 15:13 Uhr

Der Behaim-Globus könnte die begehrte Auszeichnung erhalten. Er steht im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg und ist die älteste erhaltene Darstellung der Erde in Kugelgestalt, also der älteste Globus der Welt.

Von Annalena Sippl, BR

Rund 51 Zentimeter Durchmesser misst der wohl älteste erhaltene Globus der Welt: Er ist über und über versehen mit kleinen Piktogrammen, Wappen, Tieren, menschenähnlichen Wesen und etlichen Inschriften und geografischen Bezeichnungen. Gefertigt wurde der Erdball 1492 als Gemeinschaftswerk der Nürnberger Handwerkselite. Initiiert wurde die Herstellung durch den Seefahrer und Handelskaufmann Martin Behaim, der auch als Namensgeber diente.

Behaim-Globus

Der Behaim-Globus steht im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Er ist der wohl älteste erhaltene Globus der Welt

Vier UNESCO-Einreichungen aus Deutschland

Nun, über 500 Jahre später, hat dieser Globus gute Chancen, vom Exekutivrat der UNESCO in Paris als Weltdokumentenerbe ausgezeichnet zu werden. Insgesamt kommen in diesem Jahr vier Einreichungen aus Deutschland: Neben dem Behaim-Globus stehen außerdem der Codex Manesse der Universitätsbibliothek Heidelberg, die Dokumente zur Geschichte der Hanse und die Karolingischen Handschriften aus der Hofschule Kaiser Karls des Großen zur Wahl.

Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg hofft man natürlich, dass sich der UNESCO-Rat für die Ernennung des Globus entscheidet. "Er ist ein unglaublich spannendes Objekt, denn als er fertiggestellt war, war er quasi schon überholt", sagt Daniel Hess, Generaldirektor des Museums. Denn der Globus zeige zwar Europa und Asien weitgehend so, wie wir es heute kennen, Amerika fehle - ebenso wie Australien - jedoch komplett. Etwa zeitgleich zur Fertigung des Globus versucht Christoph Kolumbus einen Seeweg nach Asien zu finden, und es kommt zur vermeintlichen Entdeckung von Amerika.

Behaim-Globus

Er ist über und über versehen mit kleinen Piktogrammen, Wappen, Tieren, menschenähnlichen Wesen und etlichen Inschriften und geografischen Bezeichnungen. Gefertigt wurde der Erdball 1492.

3D-Modelle der Welt waren eine Neuheit

Zwar war den Menschen im 15. Jahrhundert durchaus bewusst, dass die Erde eine Kugel ist, doch alle Länder und Meere kannten sie bisher vor allem als flache Karten. Ein Globus, hergestellt aus Pergament, Papier und Leinenstreifen, war doch eine kleine Revolution: "Wir sehen hier an die 12.700 Inseln, die Marco Polo überliefert hat", sagt Hess und zeigt auf den Globus. "Die sind erst real, wenn sie uns im Bild erscheinen, das heißt, dass es auch ein Stück weit den Wunsch gab, die Welt als Kugelgestalt sehen und erleben zu können."

Behaim-Globus aus dem Jahre 1492 in Weltdokumentenerbe der Unseco aufgenommen

Annalena Sippl, BR, tagesschau, 18.05.2023 20:00 Uhr

Fundorte von Gold und Edelsteinen markiert

Doch der Handelskaufmann Martin Behaim verfolgte durch die Schaffung des Globus in erster Linie wirtschaftliche Interessen, erklärt Susanne Thürigen, die im Germanischen Nationalmuseum die Sammlung der wissenschaftlichen Instrumente leitet. Sie vermutet, dass er die Nürnberger Handelshäuser und Kaufleute dazu einladen wollte, in Expeditionen zu investieren. "Das kann man daran ablesen, dass wir auf dem Globus wirklich eine ganze Reihe an Informationen über Rohstoffe und Gewürzvorkommen haben." Die Fundorte von Gold, Edelsteinen, Moschus, aber auch von Ambra, einem Sekret des Pottwals, sind auf dem Erdapfel markiert.

Doch nicht nur wirtschaftliche Ressourcen sind auf dem Globus vermerkt. Eine Elefantenherde, eine Echse und eine Schlange zieren den Erdball ebenso wie Fabelwesen, an deren Existenz man damals tatsächlich glaubte: "Da gibt es zum Beispiel die sogenannten Skiapoden, die Schattenfüßler, im Süden von Afrika, die sich mit ihren Füßen Schatten gespendet haben", sagt die Wissenschaftlerin und zeigt auf eine kleine Zeichnung eines menschenähnlichen Wesens mit einem riesengroßen Fuß.

Behaim-Globus

Der Globus steht die meiste Zeit über in einer dunklen Ecke, um ihn vor Licht zu schützen.

Restaurierungsversuche in der Vergangenheit

Im Germanischen Nationalmuseum steht der Globus aus gutem Grund in einer eher dunklen Ecke, denn zu viel Licht würde ihm schaden. Ohnehin befindet sich der älteste Globus der Welt nicht im besten Zustand, und vermeintliche Restaurierungsversuche seit dem 17. Jahrhundert haben ihm zugesetzt. "Er wurde beispielsweise mit Leinöl bestrichen, das hat für so eine starke Nachdunklung gesorgt. Eigentlich hatten wir hier ein schönes hellblaues Meer", so Thürigen.

Damit Besucherinnen und Besucher trotz der dunklen Ausstellungsecke möglichst viel vom Erdball zu sehen bekommen, bietet das Museum seit Kurzem eine digitale Version der Kugel. Für den Nachbau wurde der Globus bereits 2011 hochauflösend fotografiert.

Sollte der Behaim-Globus nun mit dem Titel Weltdokumentenerbe ausgezeichnet werden, dann erhoffe man sich, in Zukunft noch bessere Möglichkeiten zu haben, um ihn so lange wie möglich für die Nachwelt zu bewahren. Der Globus würde dann in einer Riege mit Schätzen wie dem Nibelungenlied, der Goldenen Bulle oder der Himmelsscheibe von Nebra stehen.