Meta-Studie So lässt sich die Kreativität steigern
Ausstellungen, Auslandsreisen oder Ideen-Trainings: Forscher haben untersucht, mit welchen Maßnahmen sich unsere Kreativität besonders gut steigern lässt. Drogen wie Alkohol gehören jedoch nicht dazu.
Es gibt viele Möglichkeiten, um kreatives Denken positiv zu beeinflussen und zu fördern. Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Essex-Universität in Großbritannien sowie der Universität Potsdam haben in einer Meta-Studie untersucht, welche Maßnahmen besonders geeignet sind, um unsere Kreativität zu steigern.
Assoziationsübungen oder Reisen hilfreich
In ihrer Arbeit identifizierten die Autoren zwölf Methoden, die dabei tatsächlich helfen können. Am effektivsten sind demnach ganzheitliche Trainings, die das Konzept der Kreativität sowie eine Reihe an Maßnahmen vermitteln. Dazu zählen etwa Assoziationsübungen - bei denen etwa zu einem bestehenden Begriff passende oder ergänzende Begriffe gesucht werden - oder Brainwriting.
Dieses ähnelt dem Brainstorming, mit dem Unterschied, dass die Ideen nicht in einer Gruppensituation verbalisiert, sondern allein aufgeschrieben werden. Das verhindert laut Erstautorin Jennifer Haase, dass man durch die Äußerungen der anderen beeinflusst wird oder dominante Gruppenmitglieder die Ideen anderer abwürgen.
84 Studien ausgewertet
Es gibt aber laut der Studie auch einfachere und sehr angenehme Arten, seine Kreativität zu steigern. Dazu zählen insbesondere Meditation, der Besuch von Kunstausstellungen oder der Kontakt mit anderen Kulturen etwa durch Auslandsaufenthalte. Diese erzielten ähnliche Effekte wie ein Intensiv-Training, allerdings bei vergleichsweise wenig Aufwand. "Insgesamt waren nach diesen Methoden etwa 70 Prozent der Menschen kreativer als zuvor", fasst Haase die Ergebnisse zusammen.
Die Forscher analysierten 84 internationale Studien, vor allem aus dem Gebiet der Psychologie zwischen 2000 und 2021, die mit unterschiedlichen Methoden versuchten, Kreativität zu verbessern.
Messinstrumente für Kreativität
Doch wie misst man so etwas Abstraktes wie Kreativität? "Da ist die Forschung sehr pragmatisch", so Haase gegenüber tagesschau.de. "Es gibt einige Standardtests. Bei einem werden Menschen etwa aufgefordert, sich alternative Verwendungen für Alltagsgegenstände auszudenken." Je mehr und je außergewöhnlicher die Ideen sind, desto kreativer werden sie bewertet. "Denn freies, assoziatives Denken ist eine zentrale Dimension kreativen Denkens. Es geht darum neue, unbekannte Ideen hevorzubringen."
Jeder kann also laut Haase ein bisschen kreativer werden. Denn das habe auch mit Vorwissen zu tun. "Credo Nummer eins lautet dabei: Kenne dein Gebiet, in dem du unterwegs bist. Musiker zum Beispiel brauchen gewisse Fähigkeiten, um ihre Kreativität umzusetzen. Gleiches gilt auch für soziale Kontexte oder Prozesse in einem Unternehmen."
Daneben seien aber auch die Persönlichkeit und die Weltsicht eines Menschen eine wichtige Voraussetzung für Kreativität. "Man sollte optimistisch sein, ein offenes Mindset haben und breit assoziieren können", erklärt die Forscherin. Und ein positive Selbstbild ist von Vorteil. Menschen, die von sich überzeugt sind - ohne Narzissten zu sein - haben gute Voraussetzungen für Kreativität.
Kreativität als Grundlage für Fortschritt
Die Erkenntnisse sind den Autoren zufolge auch deshalb wichtig, da kreatives Denken - noch - eine vermehrt menschliche Kompetenz sei, der durch die Digitalisierung umso mehr Bedeutung zukomme. Es sei die Grundlage von Fortschritt, Innovation und auch für das Wohlbefinden im Alltag von größter Bedeutung. Deshalb sei es auch wichtig, Kreativität weiter zu fördern.
Drogen steigern nicht die Kreativität
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie: Die Einnahme von Drogen hat keinen positiven Einfluss auf die menschliche Kreativität. "Interessanterweise glauben allerdings Menschen, die Drogen konsumiert haben, dass sie kreativer seien, auch wenn das tatsächlich nicht der Fall ist", so Mitautor Paul Hanel vom Institut für Psychologie der Universität Essex in Großbritannien.
Der Konsum von Substanzen wie Alkohol oder dem konzentrationsfördernden Arzneimittel Adderall zeigt demnach keinerlei positiven Einfluss auf kreative Leistungen. Adderall ist ein amphetaminhaltiges Medikament, das Menschen, vor allem in den USA, auch verwenden, um effizienter arbeiten zu können. Substanzen wie THC oder Kokain wurden nicht untersucht. "Es ist besonders interessant und auch ermutigend, dass Drogen keinen Einfluss auf die Kreativität haben in Anbetracht der Nebenwirkungen", so Hanel.
Dass Drogen den Mythos haben, etwa bei Musikern oder Künstlern den Geist zu beflügeln, könnte laut Haase an einem anderen Effekt liegen: "Vielleicht nehmen die Menschen, die eh schon offener, mutiger - und damit tendenziell kreativer - sind, auch eher Drogen." Zudem würden viele Kreative, die Dinge unter Drogeneinfluss produzierten, diese in nüchternem Zustand nicht mehr als so kreativ beurteilen.