Horizontal in der Bildmitte: die Milchstraße, gelb eingezeichnet drei Arbeitsorte von Euclid
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Erster Euclid-Datensatz Neue Bilder aus den Tiefen des Universums

Stand: 19.03.2025 13:47 Uhr

Seit zwei Jahren ist das Euclid-Teleskop im All unterwegs: Jetzt veröffentlichte die ESA den ersten großen Datensatz: eine Fundgrube für Forschende - und ein Blick in eine uralte Vergangenheit.

Von Franziska Ehrenfeld, SWR

Millionen Galaxien in teils mehreren Milliarden Lichtjahren Entfernung - das zeigt der erste große Datensatz des Euclid-Teleskops. Unter Federführung der Europäischen Weltraumorganisation ESA haben tausende Menschen aus 21 Ländern die Mission Wirklichkeit werden lassen.

Einer von ihnen ist Frank Grupp, Optiker und deutscher Projektmanager von Euclid. Am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching bei München war er verantwortlich für die Infrarot-Optik des Weltraumteleskops. Dementsprechend habe er beim Start der Mission am 1. Juli 2023 "ganz schön gefiebert".

Euclid zeigt schon jetzt Millionen von Galaxien

Und das Fiebern hat sich offenbar gelohnt: Die erste große Veröffentlichung von Euclid-Daten zeigt hochauflösende Aufnahmen, auf denen 26 Millionen Galaxien zu sehen sein sollen. Von mehreren Hunderttausenden konnten die Wissenschaftler auch Form und Entfernung bestimmen, heißt es.

Viele quadratische Bildausschnitte von Himmelskörpern

Eine Collage von Galaxien in vielen verschiedenen Formen und Ausrichtungen: Die erste Spalte zeige fünf kantige Galaxien, "die dünn wie ein Bleistift erscheinen", so die ESA. Die Galaxien in der zweiten Spalte hätten ein eher unscharfes, diffuses Aussehen. In den anderen Spalten sind unter anderem sogenannte Spiralgalaxien zu sehen.

Zum Vergleich: Allein eine einzige Galaxie besteht aus unzähligen Sternen und anderen Himmelskörpern. Wenn man jedoch mit bloßem Auge in den Nachthimmel blickt, kann man lediglich ungefähr zwischen 3.000 und 5.000 Sterne sehen.

Bisher hat Euclid noch nicht einmal 0,5 Prozent der geplanten Himmelsfläche kartiert. "Also insgesamt erwarten wir am Ende anderthalb Milliarden Galaxien mit Euclid zu finden", sagt Grupp. Möglich wird das dank des enorm großen Gesichtsfelds des Teleskops.

Viele quadratische Bildausschnitte von Himmelskörpern

Eine Collage mit Beispielen von Gravitationslinsen: Jedes Beispiel besteht aus einem hellen Zentrum, das von Sternen in mindestens einem Bogen umgeben ist. Dies sei das Ergebnis des Lichts, das von weit entfernten Galaxien auf Euclid zukommt und durch normale und dunkle Materie im Vordergrund gebeugt und verzerrt werde.

Teleskop kombiniert zwei Optiken

Für seine Aufnahmen nutzt Euclid einerseits sichtbares Licht, so wie gewöhnliche Kameras. Damit kann die Form von Galaxien bestimmt werden. Außerdem nutzt Euclid ein Infrarot-Instrument für unsichtbare Lichtfrequenzen. Damit können die Forschenden die Entfernung der Galaxien messen.

Dafür nutzen sie den Doppler-Effekt. Den kennt man von schnellen Autos, die an einem vorbeifahren. Solange sie auf einen zu fahren, klingen sie höher. Fahren sie wieder von uns weg, klingen sie tiefer.

Galaxien verhielten sich ähnlich, erläutert Grupp. Wenn die sich auf uns zu bewegen, ist das Licht blau-verschoben. Dann werden die Galaxien ein bisschen blauer. Wenn sie von uns wegfliegen, ein bisschen röter", erklärt Grupp. "Über den Effekt kann man über die Ausdehnung des Universums den Abstand messen."

Himmelskörper aus dem All gesehen

Ein Meer von Galaxien in vielen verschiedenen Formen und Größen. In der unteren Bildmitte ist laut ESA eine große, nahe gelegene, frontale Spiralgalaxie zu sehen. In der Mitte und links davon seien zwei helle Sterne zu sehen, dazwischen: ein Galaxienhaufen.

Aus Rohbildern soll 3D-Karte entstehen

Damit man all diese Daten überhaupt nutzen kann, müssen sie aber erst einmal aufbereitet werden. Maximilian Fabricius ist der Leiter des deutschen Science Data Centers von Euclid, ebenfalls am MPE in Garching. Der Astronom ist für die Datenverarbeitung verantwortlich. Er sagt, das funktioniere mithilfe von sogenannten Pipelines, also Funktionen und Algorithmen: "Wir nennen das deswegen Pipelines, weil das wirklich sukzessive von sehr rohen Daten immer weiter zu höher analysierten Daten übergeht. Man bekommt Rohbilder, die für Menschen erstmal überhaupt nicht als Bilder von irgendwelchen Objekten am Himmel zu erkennen wären."

Am Ende der Datenverarbeitung soll dann eine 3D-Karte eines Teils des Universums stehen. Dafür sind mehrere große Rechenzentren nötig.

Ein Blick in die Vergangenheit vor Milliarden Jahren

Eines der Ziele von Euclid ist nämlich, zu verstehen, wie sich der Kosmos entwickelt hat und warum. Laut Projektmanager Grupp reichen die tiefsten Euclid-Aufnahmen etwa bis zu einer Entfernung von 10,5 Milliarden Lichtjahren. "Das Universum ist vermutlich um die 14 Milliarden Jahre alt. Wir sehen also mehr als zwei Drittel der Entfernung oder der Zeit ins Universum zurück."

Bei Euclid gehe es aber nicht um die am weitesten entfernten Galaxien. Für die Mission sei es wichtiger, Galaxien sehr genau zu kartographieren.

Himmelskörper aus dem All gesehen

"Der Katzenaugennebel steht im Mittelpunkt eines funkelnden Meeres von Sternen und Galaxien", so die ESA. In der Mitte des Nebels ist ein sterbender Stern zu sehen. Um ihn herum seien farbenfrohe Schichten und Schleifen aus Gas und Staub, die im Laufe der Zeit von dem Stern ausgestoßen wurden.

Dunkle Materie und Dunkle Energie

Das zweite große Ziel: Die Rolle von Dunkler Materie und Dunkler Energie verstehen. Die Existenz von Dunkler Materie wird angenommen, weil offenbar eine noch unbekannte Masse darauf wirkt, wie sich Galaxien bewegen. Woraus diese Masse besteht, ist unklar. Dunkle Energie hat dagegen mit der Ausbreitung des Universums zu tun. Es wird angenommen, dass es sich seit dem Urknall immer weiter ausdehnt.

"Aber was wir erst seit etwa 20 Jahren wissen, ist, dass das offenbar beschleunigt passiert, und da scheint es eine antreibende Kraft zu geben und die nennen wir eben die Dunkle Energie", sagt Astronom Fabricius. "Und davon verstehen wir noch wesentlich weniger. Wir wissen einfach nicht, was es mit der auf sich hat."

Datensatz ist Fundgrube für Forschende

Mit diesem ersten Datensatz könne man Dunkle Energie und Materie noch nicht untersuchen. Dafür hofft Fabricius auf deutlich mehr Daten bis November.

Von den ersten Ergebnissen ist er trotzdem überzeugt: "Nichtsdestotrotz ist es schon ein fantastischer Datensatz, um Galaxienentwicklung zu untersuchen, um die Co-Entwicklung von Galaxien und Schwarzen Löchern zu untersuchen, um im lokalen Universum sehr, sehr genau zum Beispiel die Struktur von Zwerggalaxien zu untersuchen."