Computergrafik: Eine Raumsonde fliegt vor dem Planeten Merkur.

Planetenforschung Diamantenschicht auf Merkur vermutet

Stand: 06.08.2024 05:15 Uhr

Unter der Kruste des Merkur könnte eine kilometerdicke Schicht aus Diamanten existieren. Das haben chinesische und belgische Wissenschaftler mit Modellberechnungen und Experimenten herausgefunden.

Von Jan Kerckhoff, BR

Wissenschaftler vermuten, dass im Inneren des Planeten Merkur eine bis zu 15, vielleicht sogar 18 Kilometer dicke Schicht aus Diamanten existiert. Ihre Vermutung beruht auf Daten der Merkur-Sonde "Messenger". Diese Daten hat das Team aus chinesischen und belgischen Wissenschaftlern in Temperatur-Modelle eingepflegt und daraus das Diamantvorkommen errechnet. Ihre Studie wurde jetzt im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Aufwendige Druck- und Temperatur-Experimente

Das Team konnte seine Berechnungen auch experimentell stützen: Mit Hilfe technisch sehr aufwendiger Drucktests kamen sie zu dem selben Ergebnis. Dabei erzeugten die Wissenschaftler Drücke bis zu sieben Giga-Pascal Stärke. Das entspricht einem Gewicht von mehr als 70 Tonnen auf einem Quadratzentimeter. "Man muss die Geräte an ihre Grenzen bringen. Um diese Bedingungen zu simulieren, müssen die Versuchsaufbauten hochpräzise sein", zitiert der online-Dienst "phys.org" einen der Autoren, Yanhao Lin vom Zentrum für Hochdruck-Wissenschaft in Peking.

Schwefel als entscheidende Hilfe

Bei der Entstehung von Diamanten, so die Autoren, spielte vor allem das Element Schwefel eine wichtige Rolle. In den Daten der Sonde Messenger sahen sie, dass auf Merkur Schwefel in ausreichendem Maß vorkommt. Schon elf Prozent Schwefelanteil sorgen dafür, dass sich Kristalle schneller bilden.

Die Autoren gehen davon aus, dass Merkur einst von einem Ozean aus Magma bedeckt war. In diesem Ozean bildete sich aus Kohlenstoff Graphit, stieg an dessen Oberfläche und erkaltete dort zu einer Kruste. Der schwarz-graue Graphit gibt dem Merkur auch seine dunkle Oberfläche. Am Boden des Magma-Ozeans bildete sich aufgrund des dort herrschenden Drucks und der Temperatur sowie des Elements Schwefel eine erste Schicht Diamanten.

Eine bis zu 18 Kilometer dichte Schicht aus Diamanten

Nach und nach erkaltete der Magma-Ozean und bildete einen soliden Mantel, auf dessen Grund sich die Diamanten ansammelten. Aus dem tieferen Kern sind weitere Diamanten aufgestiegen und haben sich weiter an dieser Schicht angesammelt, bis diese etwa 15 bis 18 Kilometer dick wurde. Die Autoren betonen allerdings, dass es sich nur um Annahmen auf Basis ihrer Berechnungen und Experimente handelt.

Diamanten unerreichbar

Der Planetenforscher Philip Reiß von der TU München hält die Entstehung einer Diamant-Schicht unter den geschilderten Bedingungen für tatsächlich möglich. Letztlich sei das auch gar nicht überraschend, da die Entstehung von Diamanten von hohen Drücken und Temperaturen abhängig ist und diese auf dem Merkur möglich sind. Ein Ausbeutung des Vorkommens hält Reiß, der sich mit der Gewinnung von Weltraumressourcen beschäftigt, aber für technisch nicht möglich.

Denn diese Diamantschicht liegt in einer Tiefe von 485 Kilometern. Zum Vergleich: Die tiefste Bohrung auf der Erde beträgt gerade mal etwas mehr als zwölf Kilometer. Zudem ist Merkur der Planet, der der Sonne am nächsten und daher bis zu 480 Grad heiß ist. Eine Raumsonde wird zudem starker Strahlung und der stärkeren Gravitation der Sonne ausgesetzt. Wegen dieser extremen Bedingungen konnten erst zwei Sonden zum Merkur geschickt werden. Eine dritte - BepiColombo fliegt seit 2018 dorthin. Erst nach sieben Jahren, also 2025 soll sie in eine Umlaufbahn des Merkur einschwenken und weitere Daten gewinnen. Diese könnten dann die These von der Diamantschicht bestätigen.