Ein Bison steht in seinem Gehege unweit vom geschlossenen Eingang des Tierparks Berlin.
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Ausbruch in Brandenburg Wie gefährlich ist die Maul- und Klauenseuche?

Stand: 13.01.2025 18:02 Uhr

Die Maul- und Klauenseuche ist nach Jahrzehnten zurück in Deutschland. Noch ist das genaue Ausmaß unklar, aber die Besorgnis in der Agrarbranche ist groß. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist die Maul- und Klauenseuche?

Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochansteckende Viruserkrankung bei Klauentieren, also Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Auch viele Zoo- und Wildtiere können an MKS erkranken.

Deutschland und die EU gelten laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) eigentlich als amtlich anerkannt frei von MKS. In der EU trat MKS zuletzt 2011 in Bulgarien auf, in Deutschland im Jahr 1988 in Niedersachsen. 

Wo genau ist die Seuche nun ausgebrochen?

Das MKW-Virus wurde vergangene Woche bei einer kleinen Wasserbüffel-Herde im brandenburgischen Hönow am Berliner Stadtrand nachgewisen. Drei Wasserbüffel verendeten, elf infizierte Büffel wurden vorsorglich getötet. Eine Taskforce aus Tierärzten und Spezialisten des FLI will nun klären, auf welchem Weg es zur Ansteckung kam. 

Welche Symptome haben erkrankte Tiere?

Neben hohem Fieber, Appetitlosigkeit und Apathie entwickeln sich typische Blasen am Maul und auf der Zunge sowie an den Klauen und den Zitzen. Viele Tiere zeigen Lahmheitserscheinungen oder können vor Schmerzen gar nicht mehr gehen, wie das FLI erläutert. Bei Schafen und Ziegen verläuft die Infektion hingegen meist unauffällig.

Kommt der Nachweis überraschend?

Nicht wirklich. Wie bereits erwähnt, galten Deutschland und die EU seit Längerem als frei von Maul- und Klauenseuche - die Gefahr der Einschleppung aus Ländern, in denen die Krankheit regelmäßig auftritt, ist aber groß. In der Türkei, im Nahen Osten, in Afrika, in vielen Ländern Asiens sowie in Teilen Südamerikas gibt es laut FLI nach wie vor regelmäßig MKS-Fälle. "Illegal eingeführte tierische Produkte aus diesen Ländern stellen eine ständige Bedrohung für die europäische Landwirtschaft dar." Auch Futtermittel und Einstreumaterialien aus Ländern mit MKS-Ausbrüchen können Grundlage einer Einschleppung sein.

"Die MKS gehört wegen ihrer potenziell katastrophalen Auswirkungen zu den weltweit wirtschaftlich bedeutsamsten Tierseuchen", so das Institut. "Durch die Zunahme des globalen Handels- und Reiseverkehrs besteht ständig die Gefahr einer Wiedereinschleppung und explosiven Ausbreitung der MKS in Europa."

2001 zum Beispiel hatte es einen verheerenden Seuchenzug in Großbritannien mit Folgeausbrüchen in anderen europäischen Ländern gegeben, Millionen Tiere wurden getötet.

Wie gelangte das Virus in die Herde nach Brandenburg?

Das ist noch unklar, die Auswertung der Proben läuft. Experten des FLI gehen aufgrund von Wundmerkmalen an den Wasserbüffeln davon aus, dass die Infektion und damit die Einschleppung in den Bestand schon länger zurückliegt, wie eine Sprecherin des Landkreises Märkisch-Oderland sagte.

Klarheit gibt es laut FLI aber bereits über die Variante des Erregers. Nah verwandte Viren kommen demnach im Nahen Osten und in Asien vor. Amtstierarzt Ralph Bötticher aus dem Kreis Märkisch-Oderland sagte, der betroffene Landwirt habe keine Futtermittel von außerhalb gekauft, sondern selbst Heu geerntet. Eine Einschleppung des MKS-Virus sei etwa über Urlauber und mitgebrachte Nahrungsmittel möglich, wenn Lebensmittelreste einfach in den Wald oder auf Wiesen geworfen würden.

Entscheidend sei nun, alle Klauentiere in der Umgebung der betroffenen Tierhaltung zu untersuchen, um die tatsächliche Ausbreitung zu kennen, erklärte das FLI. Davon hänge ab, ob und wie ein Impfstoff, der innerhalb weniger Tage hergestellt werden könne, zum Einsatz komme.  

Welche Maßnahmen wurden ergriffen?

Der Landkreis Märkisch-Oderland hatte am Freitag eine Schutzzone im Radius von drei Kilometern rund um den betroffenen Betrieb in Hoppegarten eingerichtet. Brandenburgs Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt erließ eine Eilverordnung, um eine weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Dadurch wurde unter anderem der Transport von für die Krankheit empfänglichen Tieren - darunter Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen - vorübergehen verboten. 

In Berlin schlossen vorsorglich der Zoo und der Tierpark, auch hier wurde der Transport von Klauentieren vorerst verboten. Die am Freitag startende Agrarmesse Grüne Woche verzichtet darauf, Rinder, Schafe, Ziegen und Alpakas zu zeigen. Tierbestände in ganz Berlin werden vorsorglich getestet, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz sagte. 

Warum so strenge Regelungen?

Die Maul- und Klauenseuche kann nicht nur über direkten Kontakt von Tier zu Tier, sondern auch über die Luft übertragen werden. Erkrankte Tiere streuen das Virus mit der Flüssigkeit aufgeplatzter Blasen, Speichel, Ausatmungsluft und Milch.

Alles, was einmal mit einem infizierten Tier in Berührung gekommen ist, kann dem FLI zufolge zur Verschleppung der Seuche beitragen: Menschen ebenso wie Katzen, Hunde, Geflügel oder andere Tiere sowie Fahrzeuge, Geräte, Schuhe und Kleidung. Das Virus gänzlich zu beseitigen, ist zudem nicht einfach: Es ist sehr widerstandsfähig und kann zudem im Boden oder eingetrocknet in Kleidung Monate bis Jahre überdauern.

Gibt es ein Risiko für Menschen?

Nein. Menschen sind dem FLI zufolge für das MKS-Virus praktisch nicht empfänglich. Auch von pasteurisierter Milch, daraus hergestellten Milchprodukten oder von Fleisch gehe unter den in Deutschland üblichen hygienischen Bedingungen zufolge keine Gefahr aus. Hunde, Katzen und andere Haustiere können in der Regel ebenfalls nicht erkranken.

Welche Auswirkungen gibt es auf die Landwirtschaft?

In der Landwirtschaft ist die Sorge vor der Maul- und Klauenseuche groß, zumal viele Betriebe bereits durch andere kursierende Krankheiten wie Blauzungenkrankheit, Afrikanische Schweinepest oder Vogelgrippe belastet sind.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium geht angesichts des aktuellen Ausbruchs davon aus, dass Ausfuhren von Milch, Milchprodukten sowie Fleisch und Fleischprodukten in Länder außerhalb der EU kaum mehr möglich sind. Und erste Länder haben bereits Konsequenzen aus dem deutschen Seuchenfall gezogen: Südkorea stoppte Schweinefleischimporte aus Deutschland. Die Niederlande verhängten ein landesweites Transportverbot für Kälber.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, forderte Bund und Länder auf, die Seuche schnellstmöglich zu bekämpfen. "Obwohl das Virus für den Menschen völlig ungefährlich ist, ist der wirtschaftliche Schaden für die Tierhalter erheblich, weil Exportmärkte wegfallen werden", sagte er der Rheinischen Post. "Jetzt zählen Schnelligkeit und Entschlossenheit. Es muss alles darangesetzt werden, um diesen Ausbruch einzudämmen." 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 13. Januar 2025 um 16:17 Uhr.