Ein Mitarbeiter vor einem mobilen Testlabor im indischen Bundesstaat Kerala
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Erneuter Ausbruch in Indien Was über das Nipahvirus bekannt ist

Stand: 15.09.2023 21:01 Uhr

Binnen fünf Jahren ist das Nipahvirus im indischen Bundesstaat Kerala zum vierten Mal ausgebrochen. Der Erreger gilt als potenzieller Auslöser von Epidemien - mit einer hohen Sterblichkeitsrate. Was über das Virus bekannt ist.

Was ist das Nipahvirus?

Bei Nipah handelt es sich um ein Virus, das von Flughunden, Fledermäusen oder Schweinen auf Menschen übertragen wird. Auch über kontaminierte Lebensmittel oder im direkten Kontakt von Mensch zu Mensch kann das Virus weitergegeben werden. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann es auch bei Tieren wie Schweinen schwere Krankheiten verursachen. Flughunde sind die natürlichen Überträger des Virus. Sie gelten als die wahrscheinlichste Ursache von späteren Ausbrüchen.

Obwohl Nipah-Ausbrüche selten sind, führt die WHO das Virus als gefährlichen Krankheitserreger, der ebenso wie etwa das Ebola- oder Zikavirus oder auch Covid-19 als Auslöser großer Epidemien oder Pandemien infrage kommen könnte. Er sollte deshalb vorrangig erforscht werden, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation.

Welche Symptome haben Erkrankte?

Eine Infektion kann laut WHO symptomlos bleiben, aber auch zu akuten Atemwegsbeschwerden und zu lebensgefährlichen Entzündungen des Gehirns führen. Zu den Symptomen zählen außerdem hohes Fieber und Erbrechen. Arzneimittel oder einen Impfstoff gegen das Virus gibt es bislang nicht. WHO-Angaben zufolge sterben schätzungsweise 40 bis 75 Prozent der Erkrankten.

Seit wann ist das Nipahvirus bekannt?

Laut Robert Koch-Institut (RKI) und WHO wurde das Nipahvirus 1999 als Auslöser eines großen Krankheitsausbruches bei Schweinen und Menschen in Malaysia entdeckt. Damals hatte sich das Virus unter Schweinezüchtern verbreitet. Das Dorf, in dem die Erkrankungen damals entdeckt wurden, ist auch sein Namensgeber.

Ausbrüche wurden in der Folge auch in Bangladesch und Indien registriert. Bei den beobachteten Ausbrüchen starb mehr als jeder zweite Betroffene.

Wie haben sich frühere Ausbrüche entwickelt?

Beim ersten Nipah-Ausbruch 1999 starben mehr als 100 Menschen in Malaysia. Um das Virus einzudämmen, wurden eine Million Schweine gekeult. Das Virus breitete sich auch in Singapur aus, dort waren Schlachthofarbeiter in Kontakt mit aus Malaysia eingeführten Schweinen gekommen. Elf von ihnen erkrankten, einer starb. Seit 2001 gab es dann Ausbrüche in Bangladesch und Indien.

Seitdem starben allein in Bangladesch mehr als 100 Menschen an Nipah, doppelt so viele wie in Indien. Dort gelang es den Behörden in der Regel, die Ausbrüche durch strikte Maßnahmen binnen weniger Wochen unter Kontrolle zu bringen.

Welche Folgen hat der jetzige Nipah-Ausbruch in Indien?

Nach dem Tod zweier Menschen durch das Nipahvirus sind im südindischen Bundesstaat Kerala Schulen und Büros geschlossen worden. Wie die Behörden mitteilten, wurde bei vier weiteren Menschen eine Infektion mit dem Erreger bestätigt. Mehrere hundert Kontaktpersonen seien ebenfalls auf das Virus getestet worden, die Resultate würden noch ausstehen, hieß es weiter.

Karte: Kozhikode im Bundesstaat Kerala, Indien

Man wolle aktiv Fälle suchen, sagte Keralas Gesundheitsministerin Veena George laut dem örtlichen Fernsehsender NDTV. Der Regierungschef von Kerala, Pinarayi Vijayan, wies die Bevölkerung an, öffentliche Versammlungen in dem betroffenen Distrikt Kozhikode vorerst zu meiden. In dem Distrikt gab es unter anderem 2018 einen größeren Nipah-Ausbruch, bei dem 21 Menschen starben. Für den Bundesstaat Kerala ist es bereits der vierte Nipah-Ausbruch binnen fünf Jahren. 

Finden mehr Übertragungen von Tier zu Mensch statt?

Zoonosen - Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können - sind bereits vor Tausenden von Jahren aufgetreten. Doch in den vergangenen 20 bis 30 Jahren haben sie sich vervielfacht. Dass sie sich rascher rund um den Globus verbreiten, liegt auch an der Zunahme des internationalen Reiseverkehrs. Dass die Menschen zunehmend mehr Platz auf dem Planeten benötigen, im industriellen Maßstab Landwirtschaft betreiben und immer mehr Wälder und damit den Lebensraum vieler Tiere zerstören, erhöht die Gefahr von Zoonosen.

Auch der Klimawandel zwingt immer mehr Tiere zur Flucht aus ihren gewohnten Lebensräumen. Laut einer im Jahr 2018 in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichten Schätzung gibt es 1,7 Millionen unbekannte Viren in Säugetieren und Vögeln. 540.000 bis 850.000 von ihnen haben demnach das Potenzial, Menschen zu infizieren.