Nervenerkrankung Was hilft bei Parkinson?
Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung, die viele Menschen weltweit betrifft. Neue Technologien sollen dabei helfen, Parkinson früher zu diagnostizieren und gezieltere Therapien zu entwickeln.
Parkinson entsteht durch einen Mangel an Dopamin im Gehirn - immer mehr Nervenzellen, die den wichtigen Botenstoff produzieren, sterben ab. Das führt dann zu Muskelzittern und hemmt die Beweglichkeit. Mit rund 400.000 Betroffenen ist Parkinson in Deutschland nach Alzheimer die zweithäufigste neurologische Erkrankung.
Am 16. Und 17. März tauschen Fachleute sich auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen DPG über neue Forschungsergebnisse aus. Zum Kongress-Start hat die DPG schon zentrale Ergebnisse präsentiert.
Gleiche Symptome, unterschiedliche Ursachen
Die Diagnose Parkinson lässt sich immer verlässlicher und auch immer früher stellen. Das ist für die optimale Behandlung entscheidend: Denn in den letzten Jahren hat sich immer deutlicher gezeigt, dass Parkinson zwar oft sehr ähnliche Beschwerden hervorruft - dass dahinter aber unterschiedliche Prozesse im Gehirn stehen.
"Wir haben es mit einer häufigen Erkrankung zu tun - es sind 400.000 Patienten in Deutschland, die Parkinson-Symptome haben. Aber nicht alles, was ähnlich aussieht, hat auch die gleiche Ursache." So erklärt es Joseph Claßen, Direktor der neurologischen Uniklinik Leipzig.
Ursachen manchmal genetisch
Das Grundproblem ist gleich: Die Nervenzellen, die den wichtigen Botenstoff Dopamin produzieren, sterben ab. Bei vielen Kranken wird dieser Tod der Dopamin-Neuronen ausgelöst durch falsch gefaltetes alpha-Synuklein. Bei den Betroffenen nimmt das Protein nicht die richtige dreidimensionale Form an: Es kommt zu Verklumpungen, die im Gehirn genau die Nervenzellen schädigen, die für Bewegungen relevant sind.
Bei anderen dagegen ist vor allem ein anderes Protein, nämlich Tau, krankhaft verändert. Verbindungen zwischen Nervenzellen dienen als Ausbreitungsroute für diese krankhaften Tau-Proteine. Sie spielen auch bei Alzheimer eine Rolle.
Wenn neue Wirkstoffe getestet werden, muss man gezielt die richtigen Probanden auswählen - das geht nur, wenn man weiß, was genau jeweils falsch läuft im Gehirn. Warum bestimmte Eiweiße im Gehirn verklumpen, bleibt oft unklar. Manchmal sind die Ursachen genetisch; auch Umweltgifte können Parkinson auslösen.
Vielversprechende Ansätze, aber noch kein Heilmittel
Wenn man mit Fachleuten für Parkinson spricht, ist viel Hoffnung zu spüren - aber ein Heilmittel ist leider immer noch nicht konkret in Sicht. "Wir gehen lange Wege", so der DPG-Vorsitzende Claßen im Vorfeld des Kongresses. Seit einiger Zeit konzentriert sich die Therapieforschung vor allem darauf, das falsch gefaltete Protein alpha-Synuklein im Gehirn von Parkinson-Patienten zu bekämpfen.
Zwei experimentelle Antikörper waren in Studien zwar verträglich, blieben aber wirkungslos. Dagegen gilt eine erstmals getestete therapeutische Impfung gegen alpha-Synuklein immer noch als vielversprechend - man hofft, dass der Effekt stärker ist, wenn der Körper die Antikörper durch die Impfung selbst produziert und nicht wie bei den anderen Versuchen von außen zugeführt bekommt. Das ist allerdings im Moment noch sehr frühe Forschung.
Kommt bald ein Bluttest für Parkinson?
Bei der sogenannten molekularen Diagnostik gibt es Fortschritte. Bisher braucht man zwar immer noch Nervenwasser aus dem Rückenmark, um alpha-Synuklein verlässlich aufzuspüren. Aber das könnte bald auch über eine einfache Blutprobe gelingen, so Mediziner Claßen: "Es ist sicherlich auch ein ganz besonderer Fortschritt, dass man diese fehlgefalteten Proteine nun gemäß einer Arbeit vom vergangenen Jahr auch im Blut schon nachweisen kann, dass man also gar kein Nervenwasser dafür einsetzen muss. Und wenn sich diese Befunde bestätigen, dann handelt es sich - zumindest auf der diagnostischen Ebene - schon um einen Durchbruch."
Auch die Nuklearmedizin hat sich bei der Diagnose von Parkinson deutlich weiterentwickelt: Mit bestimmten Verfahren lassen sich inzwischen auch die verklumpten Tau-Proteine und andere Warnzeichen entdecken. Außerdem können spezielle Messungen der Hirnströme im EEG krankhafte Schwingungen nachweisen.
Riechstörungen gelten als frühes Warnzeichen
All das führt dazu, dass Parkinson-Ambulanzen die Diagnose deutlich schneller stellen können als früher. Allerdings dauert es oft immer noch sehr lange, bis Betroffene bei den richtigen Spezialistinnen und Spezialisten landen.
Riechstörungen sowie Schreien und Um-Sich-Schlagen im Schlaf sind mögliche frühe Warnzeichen für Parkinson. Wenn beides gemeinsam auftritt, sollten Betroffene sich neurologisch untersuchen lassen.
Ausdauersport kann die Krankheit bremsen
Wenn die Krankheit früh entdeckt wird, lassen sich beginnende Symptome mit Medikamenten in der Regel gut behandeln - so kann man den Patienten einiges an Leid ersparen. Außerdem können Betroffene den Krankheitsverlauf auch mit Bewegung und Ernährung positiv beeinflussen.
Kathrin Brockmann, Leiterin der Parkinson-Ambulanz am Uniklinikum Tübingen, rät allen Patientinnen und Patienten zu viel Bewegung: "Sport, vor allem Ausdauersport - Joggen, Schwimmen, Nordic Walking - zeigt in allen Studien, dass wir damit einen positiven Verlauf, auch für den Langzeitverlauf der Erkrankung, generieren können."
Offenbar kann Ausdauersport dem Abbau von körperlichen und geistigen Fähigkeiten bei Menschen mit Parkinson entgegenwirken. Auch eine mediterrane Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten gilt als günstig.
Erhebliche Versorgungslücken
Ein wichtiger Schwerpunkt des Online-Parkinson-Kongresses in diesem Jahr sind virtuelle Workshops für Pflegekräfte in der sogenannten Multidisziplinären Akademie. Logopäden, Neurologinnen, Musik- und Ergotherapeuten tauschen sich mit Physiotherapeutinnen über neue Ansätze aus.
Es geht zum Beispiel darum, wie sich die Schluckstörungen bei Parkinson durch ein gezieltes Ausatem-Training deutlich bessern lassen. Wer an Parkinson leidet, könnte auch von spezieller Physiotherapie und kognitiven Übungen profitieren - es gibt Konzepte, bisher allerdings erreichen solche maßgeschneiderten Programme viel zu wenige Betroffene.
"Sowohl das kognitive Training als auch die Physiotherapie bei funktionellen Bewegungsstörungen sind innovative Therapieansätze, für die ein großer Bedarf besteht. Aber sie sind in den gegenwärtigen Versorgungsstrukturen leider stark unterrepräsentiert", sagt Georg Ebersbach, Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen/Parkinson der Beelitz-Heilstätten in Brandenburg.