Studie zu Nord-Süd-Gefälle Geringere Lebenserwartung durch Rauchen im Norden
Die Menschen in Süddeutschland leben statistisch gesehen länger als im Norden und Westen. Das ist bekannt - nur warum ist das so? Eine Studie zeigt nun, dass das Rauchverhalten der Hauptgrund sein dürfte.
Das Nord-Süd-Gefälle in Deutschland bei der allgemeinem Lebenserwartung dürfte sich maßgeblich durch unterschiedliche Rauchgewohnheiten erklären. Das geht aus einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) hervor.
Demnach ist der regionale rauchbedingte Lebenszeitverlust etwa in Nordrhein-Westfalen bei Männern beinahe doppelt so hoch wie in Bayern und Baden-Württemberg: Im Westen liegt er bei 1,7 Jahren, im Süden lediglich bei einem Jahr. Nach BiB-Angaben weisen die Ergebnisse darauf hin, dass dieser Faktor die regional unterschiedliche Lebenserwartung in Deutschland "zu einem erheblichen Teil" erklärt.
Sozial Benachteiligte rauchen mehr
Laut der Untersuchung handelt es sich dabei um Langzeitfolgen unterschiedlichen Konsumverhaltens, das sich während der massenhaften Verbreitung des Rauchens im vorigen Jahrhundert ausprägte. Im Norden und vor allem Westen wurde mehr geraucht. Den Grund dafür sehen die Forscher wiederum in sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden.
Die Ergebnisse mögen auf den ersten Blick überraschen, da häufig sozioökonomische Unterschiede zwischen den Regionen als Erklärung für regionale Unterschiede in der Lebenserwartung herangezogen werden. "Diese Erklärungen schließen sich aber nicht aus", sagt Sebastian Klüsener, Forschungsdirektor am BiB. "Das Rauchen konzentriert sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend in sozial benachteiligten Bevölkerungsteilen. Dabei weisen wirtschaftlich schwächere Regionen tendenziell höhere Anteile an Rauchenden auf."
Probleme bei Frauen verschärfen sich
Ein ebenfalls aus den Statistiken abzulesendes generelles West-Ost-Gefälle bei der Lebenserwartung wird nach Angaben des Bundesinstituts dagegen nur zu einem "kleineren Teil" durch regional unterschiedliches Rauchverhalten erklärt. "Hier spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle, die sich unter anderem aus dem schwierigen Transformationsprozess mit hoher Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung erklären", so Forschungsgruppenleiter Pavel Grigoriev. In der Zukunft allerdings könnte sich dies laut BiB noch ändern, weil gerade in Ostdeutschland nach 1990 mehr geraucht werde.
Sorgen bereitet den Experten nach eigenen Angaben darüber hinaus die Entwicklung des Rauchens bei Frauen. Unter ihnen verbreitete sich die Angewohnheit später als unter Männern. Zwar wird die Lebenserwartung von Frauen deshalb bislang noch etwas weniger von den negativen Folgen des Rauchens beeinträchtigt, als dies bei Männern der Fall ist. Allerdings sind die gesundheitlichen Auswirkungen bei Männern im Zuge sich verändernder Rauchgewohnheiten inzwischen bereits rückläufig, während sich die Folgen bei Frauen weiterhin verschärfen. Dies gilt wiederum vor allem im Osten.
Fast ein Jahr weniger durch Rauchen
Ohne die rauchbedingte Sterblichkeit läge die Lebenserwartung in Deutschland insgesamt um 0,9 Jahre höher. Die regionalen Werte schwanken dabei zwischen 0,6 und 1,3 Jahren. Der rauchbedingte Lebenszeitverlust von Männern liegt im bundesweiten Schnitt bei 1,4 Jahren. Bei Frauen sind es rund 0,9 Jahre. Die Analyse basiert auf Auswertungen der offiziellen sogenannten Mortalitätsraten in Verbindung mit wissenschaftlich etablierten Schätzmethoden.