Resilienzforschung Besser mit schlechten Nachrichten umgehen
An belastenden Nachrichten hat es zuletzt nicht gemangelt. Aber das sei kein Grund zum Verzweifeln, sagt ein Mainzer Resilienzforscher. Er gibt Tipps, wie man den Umgang mit Krisen neu lernen kann.
Die Ampelregierung ist gescheitert, Donald Trump zieht wieder ins Weiße Haus ein, und in der Ukraine und im Nahen Osten herrscht weiterhin Krieg. Die Weltlage macht derzeit vielen Menschen in Deutschland Angst, beobachtet auch der Psychiater Klaus Lieb, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung in Mainz: "Wir haben schon in der Pandemie gesehen, dass die psychische Belastung, die Unsicherheiten und Ängste zunehmen."
Dieser Trend bedeute aber nicht, dass alle Menschen an den negativen Gefühlen verzweifeln. Laut dem Mainzer Institut schafft die Mehrheit der Bevölkerung es, auch in einer Krisenzeit mental stabil zu bleiben. Herausgefunden haben die Forschenden das bei der Auswertung von 28 Studien aus der Zeit der Corona-Pandemie. Dabei stellten sie fest, dass die Krise mehr als zwei Drittel der Befragten psychisch kaum belastet hat. "Ohne Psychotherapie, einfach weil sie diese eigene Kraft haben", sagt Klaus Lieb.
Resilienz hilft, Gefühle zu kontrollieren
Diese psychische Widerstandskraft nennen Fachleute Resilienz. Das ist die Fähigkeit, mit Stress und Belastungen umgehen beziehungsweise sich von diesen erholen zu können. Welche Prozesse im Gehirn für die Resilienz verantwortlich sind, ist noch unklar.
Forschende beobachten aber, dass bei resilienteren Menschen der Frontallappen aktiver ist. Dieser ist für die Planung und für das Einschätzen von Situationen verantwortlich. "Diese Menschen bewahren einen kühlen Kopf", sagt Klaus Lieb: "Und somit die Kontrolle über die eigenen Gefühle, die in anderen Regionen des Gehirns entstehen." Dabei sei Resilienz keine angeborene Kraft, betont Lieb. Sie lasse sich trainieren. Dafür hat der Psychiater mehrere Tipps.
Sport, Schlaf und soziale Kontakte
Menschen können aus Krisen lernen. Auch aus der Pandemie haben manche ihre Lehren gezogen, wie Lieb sagt: "Es kann zum Beispiel helfen, einfach mal das Radio oder den Fernseher auszumachen, wenn wir drohen, in der Flut von schlechten Nachrichten unterzugehen." So können Menschen zur Ruhe kommen und sich selbst schützen.
Auch ein gesunder Lebensstil kann helfen, so der Forscher. Er empfiehlt Sport, einen guten Schlaf und eine gesunde Ernährung. Das alles sei wichtig für die Resilienz. Beim Sport zum Beispiel werden stimmungssteigernde Botenstoffe wie Serotonin und Endorphine ausgeschüttet, das legt eine Studie aus Japan nah. Nach dem Sport fällt der Blutdruck. Das könne zu "einem Zustand der Entspannung im Gehirn" führen.
Was Menschen laut Klaus Lieb außerdem resilienter macht, ist die Unterstützung von Freunden und Familie: "Menschen, die einsam sind, verlieren häufiger ihre Resilienz." Darauf deuten Studien der Mainzer Forschenden ebenfalls hin.
Experte: Gesundheitssystem muss sich ändern
Doch insgesamt hätten viele Menschen verlernt, für sich selbst zu sorgen. Vorbeugung spiele auch in unserem Gesundheitssystem keine tragende Rolle, kritisiert Lieb. "Wir sind stark darauf fokussiert, Krankheiten zu behandeln. Und wir tun zu wenig dafür, dass Menschen gar nicht erst psychisch krank werden. Das muss sich wirklich sehr deutlich ändern."