Alternative Regenwaldnutzung in Brasilien Raubbau wirft mehr ab als Öko-Forstwirschaft
In einigen Fällen funktioniert sie schon: die "sanfte Abholzung", die dem Wald genug Zeit gibt, sich wieder zu regenerieren. Wesentlich häufiger wird aber rücksichtloser Kahlschlag betrieben, denn noch rechnet sich für die Bevölkerung eine nachhaltige Bewirtschaftung nicht.
Von Gottfried Stein, ARD-Hörfunkstudio Südamerika
Das Gelände der Holzfirma Precious Woods liegt inmitten des Amazonas-Urwalds. Ein riesiger Schaufelbagger hebt meterlange Baumstämme wie Strohhalme hoch und stapelt sie fein säuberlich auf. Precious Woods ist eine Schweizer Firma, die sich auf "sanfte Holznutzung" spezialisiert hat.
Die Bäume würden sorgfältig geschlagen, ohne die Umwelt in Mitleidenschaft zu ziehen, erklärt Manager Tim van Eldik: „Der geringe Schaden kommt durch eine detaillierte Planung zustande, die Anwendung professioneller Schlagmethoden." Außerdem würden beim Abtransport der Bäume durch den Wald möglichst wenig Maschinen eingesetzt, so van Eldik.
"Sanfte Abholzung" steigert den Wert des Waldes
Normalerweise läuft der Kahlschlag im Regenwald rücksichtslos und unkontrolliert. Precious Woods hat seine riesigen Waldflächen nahe der Amazonasstadt Itacoatiara in unzählige Planquadrate geteilt. Pro Hektar werden 17 Kubikmeter Holz geschlagen, anschließend gibt man dem Gebiet 25 Jahre Zeit, wieder nachzuwachsen. Die Firma exportiert gezielt für den europäischen Edelholzmarkt. Die Nachfrage sei groß, sagt van Eldik. Deshalb werde auch der teurere Preis für zertifiziertes Holz gezahlt wird. Der Mehrpreis schwanke je nach Holzart zwischen 30 und 50 Prozent.
Precious Woods ist ein Modell, das der Bundesstaat weiter ausbauen will, sagt Eduardo Braga, Gouverneur von Amazonien. Denn die weitere Entwicklung der Industrie müsse mit Umweltschutz vereint werden. "Installiert man hier eine Industrie, die mit illegalem Holz arbeitet, zerstört man die Umwelt. Installiert man eine Industrie die mit legalem, zertifiziertem, kontrolliertem Holz arbeitet, gewinnt der Wald an Wert."
Für die Bevölkerung rechnet sich Nachhaltigkeit noch nicht
Maguary ist ein kleines Dorf inmitten eines staatlich geschützten Waldes bei Santarem. Hier leben einige Dutzend Familien in kleinen, primitiven Holz- oder Backsteinhäuschen. Sie versuchen, eine alternative Einnahmequelle aufzubauen: Mit Kautschuk, den sie aus den Bäumen zapfen, produzieren sie Latex und verarbeiten es zu Handtaschen, Schuhen und Assesoires.
Aber der Absatz sei begrenzt, erzählt eine Frau: „Man kann davon leben, aber richtig viel Geld wirft es nicht ab. Wir bräuchten für unsere Produkte einen Absatzmarkt, den wir noch nicht gefunden haben." Beispielsweise eine Boutique, die eine feste Anzahl Taschen abnehmen würde, sagt sie. Bis jetzt werden die Produkte hauptsächlich an Touristen verkauft, die in das Dorf kommen.
Oft muss der Wald Plantagen für Palmöl, oder wie hier, Soja, weichen.
Dank einer Entwicklungsorganisation haben sie seit kurzem Internetanschluss und versuchen ihre Produkte im Netz anzubieten. Angeblich gibt es schon Anfragen aus brasilianischen Metropolen, sogar aus Europa - aber es fehlt die nötige Infrastruktur.
Ein kaum zu lösendes Problem, meint Paulo Adario, Amazonaskoordinator von Greenpeace: „Es ist traurig das zu sagen, aber es gibt Studien der Weltbank und des Instituts IMAZON, die belegen, dass der Raubbau am Regenwald mehr Geld für die ortsansässige Bevölkerung abwirft als die nachhaltige Bewirtschaftung."