Corporate Climate Responsibility Monitor Unternehmen tun zu wenig fürs Klima
Weltweit führende Unternehmen, die sich selbst als Klimavorreiter präsentieren, tun zu wenig für den Klimaschutz. Und sie verschleiern, wie wenig. Das ist das Fazit einer heute erschienenen Studie von Klimaexperten.
Das NewClimate Institute und Carbon Market Watch haben die Klimaschutz-Versprechen 24 weltweit agierender Unternehmen überprüft und auf ihre Transparenz und Glaubwürdigkeit hin untersucht. Ziel der Studie ist, echtes Engagement für Klimaschutz von reinem Greenwashing abzugrenzen. Das ernüchternde Ergebnis erschien jetzt im Corporate Climate Responsibility Monitor 2023 (CCRM 2023).
Versprechen werden nicht eingelöst
Dem Bericht zufolge klafft bei der Mehrzahl der untersuchten Unternehmen eine große Lücke zwischen den präsentierten Klimaschutzzielen und dem damit erreichbaren Klimaschutz. Im CCRM wird das als geringe oder sehr geringe Integrität bezeichnet. Gemeint ist, dass Unternehmen zwar "wohlklingende" Ziele zur Klimaneutralität bewerben, ihren Ausstoß an Treibhausgasen tatsächlich aber viel zu wenig mindern. Statt der nötigen 43 Prozent würden sich die CO2-Emissionen nur um durchschnittlich 15 bis 21 Prozent verringern, erläutert Thomas Day, der Hauptautor des Berichts.
Die gesamte tatsächliche CO2-Einsparung der 24 Unternehmen sei völlig unzulänglich zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels. Um mehr soll sich das globale Klima möglichst nicht erwärmen, darauf hat sich die Staatengemeinschaft im Paris-Protokoll von 2015 geeinigt.
Bestimmte Bereiche ausgeklammert
Die Kritik geht noch weiter: Gerade die Unternehmen, denen im Bericht nur eine geringe oder sehr geringe Integrität zugesprochen wird, verschleierten in starkem Maße, wie wenig sie tatsächlich fürs Klima tun.
So würden teilweise bei der Berechnung der Emissionen ganze Bereiche der Wertschöpfungskette schlicht ausgeklammert. Beispielsweise werde nicht die gesamte Lieferkette bei den Klimazielen des Unternehmens berücksichtigt und der Verbraucher damit getäuscht.
CO2-Kompensation statt CO2-Reduktion
Oder aber die Klimapläne der Unternehmen zielen auf Klimaneutralität ab, eine Netto-Null-Emission. Die wird erreicht, indem weiterhin ausgestoßene Treibhausgase mit Emissionskompensationen ausgeglichen werden sollen. Einfachstes Beispiel: Ein Unternehmen pflanzt für jede Gigatonne Kohlendioxid entsprechend viele Bäume, die diese Menge an CO2 aufnehmen, emittiert aber weiter so viel CO2 wie zuvor.
Das Beispiel Aufforstung zeigt zugleich die Problematik: Zum einen halten Experten Wälder längst nicht mehr für sichere CO2-Senken, weil gerade durch den Klimawandel Waldbrände immer häufiger werden. Zum anderen "würde es einen Ressourcenbedarf von zwei bis vier Planeten erfordern, wenn alle Unternehmen Kompensationsstrategien in ähnlichen Umfang planen würden," heißt es in der Pressemitteilung zum CCRM 2023.
Kohlenstoff-Speicherung als Klimaziel
Auch die Klimaziele, die mittels Kohlenstoffspeicherung (CCS) erfolgen sollen, werden vom Bericht als Verschleierung gewertet, weil damit keine Verminderung der Treibhausgas-Emissionen einhergeht, die aber dringend nötig wäre.
Was die Autoren dagegen von den Unternehmen fordern, ist eine "grundlegende Neuausrichtung". Sie müssten tun, "was nötig ist, um die schwersten Folgen der Klimakrise abzuwenden".
Vier deutsche Unternehmen bewertet
Nur das Logistik-Unternehmen Maersk hat nach Aussage des CCRM-Reports eine zumindest angemessene Integrität bei seinen Klimazielen, da die Containerschiff-Reederei durch Investitionen in alternative Kraftstoffe versucht, tatsächlich ihre Geschäftstätigkeit zu verändern.
Von den vier deutschen Unternehmen im Monitoring bescheinigt der Bericht nur ThyssenKrupp eine immerhin mäßige Integrität, weil die Stahlproduktion bis 2045 mit grünem Wasserstoff erfolgen soll. Mercedes-Benz, Volkswagen und der Deutschen Post DHL wurde nur eine geringe Integrität zugesprochen.
Der Corporate Climate Responsibility Monitor erschien erstmals 2022 und soll jährlich Unternehmen bewerten. Das deutsche NewClimate Institute ist ein gemeinnütziger Thinktank und unterstützt Forschung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Es veröffentlicht auch den Climate Action Tracker. Die gemeinnützige Organisation Carbon Market Watch ist spezialisiert auf Durchsetzung und Überwachung von CO2-Minderungsmaßnahmen.