Erste Hitzebeauftragte in Athen "Der stille Killer"
Athen kämpft jeden Sommer mit extremen Temperaturen. Der Klimawandel wird die griechische Hauptstadt weiter aufheizen. Seit 2021 sucht die erste Hitzebeauftragte Europas nach Lösungen - und will dabei auf antike Erfindungen zurückgreifen.
Es ist nicht einfach, ein persönliches Treffen mit Eleni Myrivili zu vereinbaren. Denn als Europas erste Hitzebeauftragte ist sie eine viel gefragte Frau: Mal hält sie einen Vortrag auf der berühmten Ted-Konferenz in Vancouver, mal trifft sie sich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Barcelona oder Lissabon.
Am Ende klappt es doch mit einem persönlichen Interview. Als Treffpunkt schlägt sie einen kleinen Park vor, am Fuße des Lycabettus-Hügels in Athen. Auf einer Bank im Schatten großer Laubbäume sitzend, einen Café Fredo in der Hand, erzählt sie von ihrem Kampf gegen die Hitze in der griechischen Hauptstadt, die in den Sommermonaten regelmäßig die heißeste des gesamten Kontinents sei.
Mehr Grünflächen und gesunde Ökosysteme
"Wir haben es geschafft eine Stadt zu bauen, die zu 80 Prozent aus Asphalt und Zement besteht" erzählt sie. "Also Materialien, die Hitze erst absorbieren und sie nachts wieder abgeben. Das sollten wir ändern, indem wir viel mehr Grünflächen schaffen, mit Bäumen, die viel Schatten spenden und allgemein gesunden Ökosystemen, die die Stadt abkühlen können."
Der Klimawandel und seine Folgen ist schon lange ihr Thema. Die 60-Jährige war Professorin für Anthropologie, Grünenvorsitzende und bis 2019 Vizebürgermeisterin von Athen. Seit Juli 2021 ist sie die offizielle Hitzebeauftragte der Stadt - ein Job, der nicht immer einfach ist.
Hinzu kommt die Trockenheit
Weil man den Autos den öffentlichen Raum überlassen habe, so Myrivili weiter, werde es einen großen Kampf darum geben, wie in vielen Städte auf der Welt. Aber man müsse mehr Fußgängerzonen und Naturlandschaften in der Stadt schaffen.
Doch da gibt es noch ein anderes Problem: In Athen wird es im Sommer nicht nur sehr heiß, es fällt auch sehr lange kein Regen, sodass Grünanlagen bewässert werden müssten. Doch auch dafür hat sie einen Plan: Myrivili will eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte der Antike in Athen reaktivieren - das Aquädukt des römischen Kaisers Hadrian aus dem Zweiten Jahrhundert nach Christus.
Durch die mehr als 25 Kilometer lange Wasserleitung fließen jährlich 800.000 Kubikmeter Süßwasser aus den Bergen nördlich von Athen ungenutzt ins Meer. Ein Mammutprojekt - aber notwendig, "denn wenn man die Stadt nicht runterkühlt, werden jedes Jahr immer mehr Menschen sterben", sagt Myrivili.
Die Sterblichkeit nimmt zu
Die Hitzewellen und den extremen Anstieg der Temperaturen vor allem in städtischen Umgebungen, würden hier auch als stiller Killer bezeichnet, erzählt Myrivili, weil man statistisch nachweisen könne, dass die Sterblichkeit mit steigender Hitze sehr stark zunähme.
Die meisten Todesfälle würden aber bislang von keiner Statistik erfasst, offiziell würden Herzinfarkte oder Schlaganfälle als Todesursache genannt. Besonders anfällig seien Menschen über 65 Jahre, Schwangere, Babys und Kleinkinder sowie Leute, die im Freien arbeiten müssen.
Es wird noch schwieriger werden
"Wir erwarten, dass die Bedingungen in Griechenland, in Athen und generell in städtischen Umgebungen bis 2050 viel schwieriger sein werden, so Myrivili weiter. "Allgemein gehört das östliche Mittelmeer zu den am stärksten gefährdeten Gebieten im Zusammenhang mit der Hitze."
Myrivili muss zurück ins Rathaus - dort hat sie ein Büro, aber bis auf eine Sekretärin keine weiteren Mitarbeitenden. Dass konkrete Projekte tatsächlich umgesetzt werden, liegt nicht in ihrer Hand. Ihre Aufgabe ist es zu erklären, zu mahnen und wenn es sein muss zu nerven, damit Athen auch in 30 Jahren bewohnbar bleibt.